Geistergeschichten, prominente Gäste aus dem wilden Westen und alte Traditionen, die auch von den jungen Einwohnern voller Herzblut gelebt und bewahrt werden – der Schwandorfer Ortsteil Fronberg ist weit mehr als ein kleines Dorf mit ein paar Einfamilienhäusern. Und einmal im Jahr herrscht für ein Wochenende absoluter Ausnahmezustand.
Das Stadtviertel mit seinen circa 1.600 Einwohnern hat immerhin ein eigenes Schloss, ein altes Eisenwerk sowie Kunst und Kultur zu bieten. Entlang der Naab nehmen wir Sie mit auf einen Spaziergang durch den Vorort, der eine lange Geschichte, alte Brauchtümer und moderne Kunst in sich vereint.
Geschichte, die heute noch spürbar ist
Fronberg liegt zwei Kilometer nordöstlich vom Schwandorfer Stadtzentrum. Die frühere Gemeinde mit den Ortsteilen Fronberg, Irlaching, Irrenlohe und Münchshöf ist seit der Gemeindegebietsreform im Jahre 1972 kein eigenständiger Ort mehr, sondern Teil der Stadt Schwandorf. Direkt an der Naab liegt auch heute noch die alte Fabrik – die Fronberger Eisengießerei. Das Unternehmen wurde 1449 zur Herstellung von Blech, Draht und Waffen gegründet, heute werden dort große Motoren für Eisenbahnen und Schiffe gegossen. Damals war das Werk Arbeitsplatz für den halben Ort. Und wer nicht im Eisenwerk beschäftigt war, arbeitete oben auf dem Hügel – dort liegt auch heute noch das Schloss Fronberg.
© Stadtarchiv Schwandorf
Das Schloss Fronberg - ein Geisterschloss?
Die Geschichte des Anwesens reicht weit in die Vergangenheit zurück, in seiner heutigen Form steht es etwa seit dem 16. Jahrhundert. Baron Hubertus von Breidbach-Bürresheim ist heute Hausherr des Schlosses, welches 1305 zum ersten Mal in den Geschichtsbüchern auftaucht. Er wohnt dort mit seiner Frau Eva Maria und seinen beiden Kindern, Teile des Schlosses sind vermietet. Langweilig wird ihm diese Aufgabe nicht, denn in den alten Gemäuern gibt es immer etwas, das saniert oder restauriert werden muss. 1992 ließ die Adelsfamilie das Dach komplett erneuern, 2005 wurden sowohl die Außenfassade als auch Räume im Inneren renoviert. Der Schlosshof wurde in den letzten Jahren für verschiedene kulturelle Veranstaltungen, wie Live-Konzerte, Theater oder auch Mittelalterfeste genutzt.
Hubertus von Breidbach ist auf dem Anwesen aufgewachsen und wohnt hier schon sein ganzes Leben. Dabei sind ihm im Laufe der Jahre immer mal wieder ziemlich unheimliche Dinge passiert: Türen, die sich ohne jeglichen Wind oder menschliches Zutun schließen, Schlüssel, die verschwinden und Zimmer, die ohne eine erklärbare Ursache plötzlich von innen verschlossen sind. Als sich zum ersten Mal das Badezimmer nicht mehr öffnen ließ, vermutete der Baron einen Einbrecher und rief die Polizei. Diese verschaffte sich Zugang, von einem Dieb fehlte allerdings jede Spur. Eine Flucht durchs Fenster – unmöglich. Diese sind nämlich durch Eisengitter gesichert. Dem Hausherrn war damals schnell klar: Das muss Adrian gewesen sein – das Fronberger Schlossgespenst. Unter Geisterforschern zählt Fronberg zu den 15 unheimlichsten Schlössern in Bayern. Der Sage nach spukt der Geist von Adrian von Spiering durch die alten Gemäuer, dessen Familie um 1620 nach Fronberg kam. Adrian war Landrichter in Burglengenfeld und lebte damals mit seiner Frau auf dem Schloss. Als sein Bruder einmal zu Besuch war, soll er diesen verdächtigt haben, seiner Gemahlin zu nahe gekommen zu sein. Der Legende nach habe er seinen Bruder aus Eifersucht im Schlaf ermordet und soll anschließend in ein Kloster in Italien geflohen sein. Als Adrian dort verstarb, war sein Grab ein paar Tage später angeblich leer. Und so wurden damals – als es noch kein Fernsehen gab – diverse Gruselgeschichten rund um das Schloss Fronberg und Hausgeist Adrian erzählt und weitergegeben. Angeblich haben in der Vergangenheit immer wieder Schloss-Angestellte aus Angst gekündigt – so sagt man. Hubertus von Breidbach und seine Familie nehmen es gelassen und haben sich mit ihrem luftigen Mitbewohner arrangiert.
© Charlotte von Breidbach-Bürresheim
Auf den Spuren von Winnetou
Der Häuptling der Apachen aus dem Roman-Klassiker von Karl May war ein gern gesehener Gast in der Oberpfalz? Dass der französische Winnetou-Schauspieler Pierre Brice zu Lebzeiten häufiger in Schwandorf zu Besuch war, ist kein Zufall. Seine heute 73-jährige Ehefrau und Witwe Hella Brice ist nämlich eine von drei Drillingsschwestern, die 1949 auf Schloss Fronberg geboren wurde. 1951 zog die Arztfamilie aber aus beruflichen Gründen nach Amberg um. Später gingen die Geschwister nach München, wo sich Hella und der französische Schauspieler kennenlernten und verliebten. Nach ihrer Hochzeit in den 80er Jahren besuchten Pierre und Hella immer mal wieder ihre alte Heimat, allerdings meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um nicht zu viel Medienrummel auszulösen. Deshalb gibt es auch kaum Bilder, die den Winnetou-Darsteller bei Besuchen auf Schloss Fronberg zeigen.
Fronberger Kirwa
Hubertus von Breidbach-Bürresheim ist neben seiner Aufgabe als Schlossherr auch Vorsitzender des wohl wichtigsten örtlichen Vereins, dem Fronberger Kirwaverein. Wie das alles genau begann mit dem Verein und der Kirwa, so ganz genau weiß man das nicht. Aufzeichnungen und Dokumente sind nur in Bruchteilen vorhanden. Was aber als einigermaßen sicher gilt: Schon im 19. Jahrhundert gab es in Fronberg einen Zusammenschluss der Burschen, den „Burschenverein Gemütlichkeit“, der sich – so zumindest ist es anzunehmen – schon in den Jahren seines Bestehens um die Abhaltung der traditionellen Kirwa gekümmert haben soll. Offiziell gegründet wurde der Fronberger Burschenverein im Jahre 1875 und ist quasi der Vorreiter des heutigen Kirwavereins. Das Vereinsleben dürfte sich schon damals überwiegend in der Brauereigaststätte abgespielt haben. Sinn und Zweck sollte sein, die Geselligkeit und Kameradschaft unter den Jungen zu fördern. Dazu trugen Faschingsbelustigungen, ein Ausflug nach Holzhaus am Ostermontag begleitet von einer Blechmusik, die Kirwa, ein Kathreintanz und sonst noch manches bei, heißt es auf der Homepage des Vereins.
In den folgenden Jahren schlief dieses Brauchtum etwas ein, bis dann im Jahre 1979 der heutige Fronberger Kirwaverein gegründet wurde. Das einstige Ziel der ursprünglich 18 Mitglieder: Die alt hergebrachte Kirwa wieder abhalten und für ihren Bestand in der Zukunft sorgen. Nach nun mittlerweile mehr als 40 Jahren Vereinsgeschichte und mit über 800 Mitgliedern auf der ganzen Welt ist der Kirwaverein Fronberg weit mehr als nur ein Verein, der sich mit der Organisation der Kirwa beschäftigt. Für viele Fronberger, egal ob jung oder alt, gebürtig oder zugereist, ist er der wichtigste Dreh- und Angelpunkt für das Dorfleben und die Dorfgemeinschaft.
© Charlotte von Breidbach-Bürresheim
Kirwaverein rettet sein Wirtshaus
Und wie damals beim Burschenverein ist es auch heute noch das Brauereiwirtshaus, wo sich nicht nur die Fronberger Vereine, sondern auch die Einheimischen regelmäßig zum Stammtisch treffen und dort auch einmal im Jahr gemeinsam ihre Kirwa feiern. Nach 14 Jahren mit der gleichen Wirtin kam 2022 die Hiobsbotschaft: der Pachtvertrag wurde aus privaten Gründen aufgelöst. Da kein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte, blieb das Wirtshaus erst einmal bis auf Weiteres geschlossen. Wo sollte nun die Kirwa stattfinden? Ein Käufer für das Objekt war nicht in Sicht und so wurde nach einigen Verhandlungen, viel Schweiß und Herzblut aus dem Wirtshaus schließlich ein Vereinsheim – mit dem Kirwaverein als Pächter. Die Gaststätte wird nun an bestimmten Tagen in der Woche und natürlich auch während der Kirwa dank vieler Helfer bewirtet. Der Wunsch für die Zukunft ist aber natürlich, einen neuen Pächter zu finden, um wieder einen regulären Wirtshausbetrieb zu ermöglichen. Bis dahin ist der Verein auf Spenden angewiesen und hat auch Benefizveranstaltungen organisiert, um die traditionelle Brauereiwirtschaft und das Vereinsleben zu erhalten.
© Charlotte von Breidbach-Bürresheim
Ein rauschendes Fest
Dank dem erstaunlichen Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft und dem Einsatz des Vereins konnte die Fronberger Kirwa so auch im letzten Jahr stattfinden. Und es war alles so, wie es das Brauchtum vorgibt: Die Dorfjugend übte im Vorfeld fleißig ihre Tänze ein, die Gäste wurden persönlich eingeladen, die „Liesl“ – Name des großen gemeinschaftlichen Bierkrugs – geschmückt, Kränze gebunden und Kiachl gebacken. Von 14. bis 16. Oktober 2023 herrschte dann wieder Ausnahmezustand im kleinen Schwandorfer Ortsteil. Der Kirwabaum wurde traditionell gefällt und auf dem Dorfplatz aufgestellt, es wurde um den Baum getanzt und sowohl auf der Straße als auch im Wirtshaus ausgelassen dem Brauchtum gefrönt, bevor die fünfte Jahreszeit in Fronberg mit dem traditionellen Männerfrühschoppen zu Ende ging.
Das Oberpfälzer Künstlerhaus
Das Stadtviertel bietet seinen Besuchern neben dem alten Schloss und der historischen Kirwa aber auch moderne Sehenswürdigkeiten. Fronberg ist bekannt für sein breites Angebot in Sachen Kunst und Kultur: Neben dem Sportverein ist hier auch das Oberpfälzer Künstlerhaus ansässig. Seit 1988 finden Besucher in der „Kebbel-Villa“, einem Gebäude aus der Gründerzeit, ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst mit wechselnden Ausstellungen. Die Kebbel-Villa wurde im Jahr 1884 von Josef Eigner, dem damaligen Direktor des benachbarten Eisenwerks in Auftrag gegeben. Eigner verstarb ein Jahr vor der Fertigstellung, weshalb stattdessen der Gutsbesitzer Andreas Kebbel das Wohnhaus bezog. Am 01. Juni 1972, als der Ortsteil Fronberg eingemeindet wurde, erwarb die Stadt Schwandorf das Anwesen. Nach verschiedenen, teils vorübergehenden Nutzungen entschied sich die Stadt, ein Künstlerhaus zu errichten. Seit 1974 steht die Villa unter Denkmalschutz.
© Clemens Mayer
Mit der Kunstsammlung des Bezirks Oberpfalz, den Sammlungen der Stadt Schwandorf und des Fördervereins Oberpfälzer Künstlerhaus e.V. bewahrt die Kebbel-Villa ein breites Spektrum an regionaler und internationaler Kunst. Darüber hinaus finden dort neben Museumsführungen auch Lesungen, Konzerte oder Kreativ-Workshops statt. Das Schwandorfer Marionettentheater ist seit 30 Jahren ebenfalls im Künstlerhaus beheimatet. Mit circa 10.000 Besuchern jährlich ist das Oberpfälzer Künstlerhaus damit eine echte Größe im Kulturleben der Region.
© Thomas Kujat / Stadt Schwandorf
filterVerlag / Jennifer Schaller