Die geplante Stadtbahn spaltet nach wie vor die Gemüter. Vor kurzem legte die Stadt Regensburg einen Kostenvergleich für den Regensburger ÖPNV mit Stadtbahn und ohne Stadtbahn vor. Die CSU bezeichnet diesen jedoch als Milchmädchenrechnung. Für die Freien Wähler bleiben in der Debatte zu viele Fragen unbeantwortet.
Die CSU-Stadtratsfraktion kritisiert den kürzlich veröffentlichten Kostenvergleich für den Regensburger ÖPNV mit Stadtbahn (Mitfall) und ohne Stadtbahn (Ohnefall). Die Fraktion bemängelt, dass die Berechnungen weder nachvollziehbar sind noch technische und gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen.
Ein wesentlicher Kritikpunkt betrifft die Kosten für den Umbau von barrierefreien Haltestellen. Im vorgelegten Vergleich wird dieser Umbau nur beim E-Bus-System ohne Stadtbahn eingepreist. Tatsächlich betrifft der barrierefreie Ausbau jedoch alle 631 Haltestellen in Regensburg. Bisher sind nur 20 Prozent der Haltestellen barrierefrei, während andere Großstädte in Bayern diesen Umbau erledigt oder fast abgeschlossen haben. Zudem sind nur knapp 40 Prozent der Bushaltestellen mit Wartehallen ausgestattet und weniger als 10 Prozent verfügen über digitale Fahrgastinformationen. Hier besteht erheblicher, zeitnaher Handlungsbedarf, unabhängig davon, ob die Stadtbahn gebaut wird oder nicht. Es handelt sich nämlichem barrierefreien Ausbau um gesetzliche Vorgaben.
Bürgermeisterin bemängelt mangelnde Barrierefreiheit von Haltestellen
Bürgermeisterin Astrid Freudenstein betont: „Der barrierefreie Ausbau unserer Haltestellen muss schneller gehen - für Menschen mit Behinderung, für Ältere und für alle, die eine Verletzung haben oder mit Kinderwagen unterwegs sind. Sie alle sind auf den Bus angewiesen. Auch die Ausstattung mit Wartehäuschen ist kein Luxus, sondern wichtig für die Akzeptanz und die Qualität des ÖPNV.“
Berechnungsdaten laut CSU völlig veraltet
Die CSU-Fraktion kritisiert, dass die Zahlen der Kostenschätzung auf nicht verifizierbaren Annahmen beruhen, denen aus unserer Sicht keine nachvollziehbare Daten- und Faktenlage zu Grunde liegt. Eine solche wäre aber essenziell, um für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Entscheidungsträger eine faktenbasierte Entscheidungsrundlage zu haben.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die vorgelegte Studie auf Zahlen aus dem Jahr 2016 basiert und keinerlei technische Fortschritte berücksichtigt. Kathrin Fuchshuber, Sprecherin der CSU im Ausschuss für den Neubau einer Stadtbahn, äußerte sich dazu: „Da wir keine aktuellen Daten und Zahlen haben und immer noch Zahlen aus 2011 und 2016 nach 2035 hochextrapolieren, ist es ein planerischer und rechnerischer Blindflug.“
CSU setzt auf Innovation
Bereits jetzt fahren in Deutschland autonome Kleinbusse, wie in Kelheim und Hamburg um eine Quartiersanbindung zu gewährleisten. Innovationen wie autonomes Fahren oder Bus-Platooning, bei dem mehrere Busse autonom dem ersten Bus folgen, sind in den aufgeführten Betrachtungen und Kosten nicht berücksichtigt. Dadurch könnten z.B. insbesondere die Personalkosten reduziert werden.
Fuchshuber äußert sich zudem verwundert: „Kurz vor dem Bürgerentscheid wird dieser Bus-versus-Stadtbahn-Vergleich aus dem Hut gezaubert. Stattdessen hätten wir schon lange einen Schritt zurücktreten müssen, um die Sicht auf ein zukunftsfähiges, flexibles Mobilitätskonzept für Regensburg und seine Einpendler frei zu machen. Und zwar unter Berücksichtigung aller Verkehrsteilnehmer und auf Basis von aktuellen Daten von Quell- und Zielverkehren.“Eine zentrale und unbeantwortete Frage bleibt, wie das Verkehrsproblem der über 90.000 Einpendler aus den umliegenden Landkreisen gelöst werden soll. Hier ist ein hohes Maß an Innovation und Flexibilität erforderlich. Die Stadtbahn ist lediglich innerstädtisch ausgelegt und bietet für dieses primäre Problem keine Lösung.
Kann sich Regensburg eine Stadtbahn leisten?
Auch in puncto Finanzierbarkeit besticht eine Lösung mit Bussen, da dieses System eine flexiblere und an die Finanzlage der Stadt angepasste Investitionsplanung ermöglicht. Der Ausbau des Busnetzes könnte sofort beginnen, ohne Zeitverzögerungen und ohne dabei Straßen aufzureißen. Die für die Stadt anfallenden Kapitalkosten bei dem Mitfall sind dagegen in dem vorgelegten Kostenvergleich in keiner Weise berücksichtigt.
Freie Wähler bemängeln hohe Kosten und Intransparenz in der Finanzierung
Obwohl bereits Ende März die Vorlagen für die Kosten- Nutzen- Untersuchung, Förderungshöhe und Gesamtkosten der Stadtbahn im Stadtrat eingebracht worden sind, fehlt nach wie vor ein Finanzierungskonzept für den Eigenanteil in Höhe von 464 Millionen € (+/- 30 %) Stand 2030, erfahrungsgemäß wohl eher 500-600 Millionen €, obwohl ein solches von der Fraktion der Freien Wähler seither mehrfach angefordert worden ist.Damit fehle den Bürgerinnen und Bürgern aber für ihre Entscheidung am 9. Juni eine schlüssige Antwort auf die Frage, ob sich Regensburg diese Stadtbahn überhaupt leisten kann, ohne die Erfüllung der zahlreichen sonstigen Pflicht-oder auch freiwilligen Aufgaben, wie Schulsanierungen, Schulneubauten, Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung, Velodrom, Gebäudesanierungen und Netzausbau (Stichwort: Green Deal!), vernachlässigen zu müssen.
Weil es aber für die Fraktion der Freien Wähler in Anbetracht des immens hohen Eigenanteils nicht vorstellbar ist, wie dieser solide und nachhaltig finanziert werden soll, mache es auch keinen Sinn, weitere Planungsmittel in geschätzt niedriger zweistelliger Millionenhöhe auszugeben, unabhängig davon, über welchen Zeitraum und in welcher Form eine solche Finanzierung erfolgen soll.Die Finanzierbarkeit einer Stadtbahn wird auch nicht durch den leider erst vor kurzem der Öffentlichkeit präsentierten Kostenvergleich “Mitfall vs Ohnefall über 30 Jahre“ belegt, weil die öffentlich mitgeteilten Zahlen und Rechenposten nicht ohne Weiteres nachvollzogen werden können und er deshalb mehr Fragen aufwirft als beantwortet, so Dr. Christoph Schießl, Vertreter im Ausschuss für den Neubau einer Stadtbahn.
Laut Freie Wähler bleiben zahlreichen Fragen unbeantwortet
- Warum etwa werden in eine solche Vergleichsberechnung nicht die Finanzierungskosten für die Stadtbahn, also Zinsen, eingerechnet, wäre doch in einem solchen Fall die Investitionssumme-anders als im Ohnefall- relativ kurzfristig und im Gesamten zu finanzieren?
- Warum beträgt der Eigenanteil an Investitionskosten im Mitfall nur 30 Millionen mehr als für die Stadtbahn alleine, sollen doch damit die gesamten Busanschaffungen (immerhin muss ja die E-Busflotte mit 130 Fahrzeugen erst aufgebaut werden), wie auch die Batterie-Ersatzbeschaffungen finanziert werden?
- Müssen im Mitfall nicht auch Haltestellen barrierefrei umgebaut werden und gibt es für einen solchen Umbau nicht auch Förderungen und wenn ja, in welcher Höhe?
- Warum muss ein zusätzlicher Bus-Betriebshof für 70 Busse mehr gebaut werden, ist doch ein Neubau des Bus-Betriebshofes gerade in Planung?
- Warum werden nach acht Jahren noch Ersatzbeschaffungen für Batterien der E Busse vorgenommen, wenn die Laufzeit der Busse selbst ohnehin nur zwei Jahre länger ist?Warum wird völlig vernachlässigt, dass in dem Betrachtungszeitraum autonomes Fahren ein Thema sein wird (siehe das Modellprojekt etwa in Hamburg, mit dem ein Beitrag zur Mobilitätswende geleistet werden soll)?
- Im Mitfall verbleibt es für die nächsten mehr als 30 Jahre bei einem Rumpf-Netz von ca. 17 km, das nur einen Bruchteil der Stadt versorgt! Die angedachte Erweiterung des Netzes, oder gar die vollständige Erschließung der Stadt für den Stadtbahnbetrieb, von einer Erweiterung in den Landkreis ganz zu schweigen, bleibt außen vor, weil damit sicherlich Kosten in Höhe von mehreren weiteren Milliarden verbunden wären und damit der Kostenvergleich ganz anders ausfiele. Die Hauptlast der ÖPNV Versorgung Regensburgs würde also auch im Mitfall von E-Bussen getragen!Im Ohnefall bekäme man dagegen zu leicht geringeren Kosten, mit rund 200 Elektro-Gelenkbussen ein deutlich verdichtetes und um Tangentiallinien ergänztes Busnetz mit erhöhter Taktung.
- Bei Einführung der Stadtbahn sind die Kosten hierfür unumkehrbar, die Stadt ist auf Jahrzehnte gebunden und in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt; es gibt praktisch „kein Zurück mehr“.Den Ausbau des E-Gelenkbussystems kann man dagegen nach und nach, immer im Lichte der aktuellen städtischen Finanzen, vornehmen und entscheiden, was sich die Stadt gerade leisten kann und auch will!
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