„Leinen los!“ – und langsam legten die MS Renate und die MS Kelheim am Samstag, den 06. Juli, kurz vor 10:00 Uhr vom Regensburger Dultplatz in Richtung Westen ab. Das Ziel: Weltenburg. An Bord waren die „Sonnenzügler“, rund 300 Seniorinnen und Senioren sowie behinderte Menschen, begleitet von 80 Helferinnen und Helfern der Malteser und der Caritas. Der 53. Caritas Sonnenzug pflegt die lange Tradition, alten und behinderten Menschen einen außergewöhnlichen Urlaubstag zu ermöglichen.
Zum Start des Ausflugstages hatten Domkapitular Michael Dreßel, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Regensburg, Domkapitular emeritus Prälat Hermann Hierold und Caritasdirektor Michael Weißmann die Teilnehmenden und die Helferteams zur gemeinsamen Heiligen Messe in die Pfarrkirche St. Andreas nach Stadtamhof eingeladen. Zur Verabschiedung der beiden Schiffe waren dann Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Landrätin Tanja Schweiger zur Ablegestelle gekommen.
380 Sonnenzügler erforschen Weltenburg auf dem Wasserweg
Wochenlang hatte das bewährte Organisationsteam der Caritas um Brigitte Weißmann, Ilona Fink, Theresa Hilz, Claudia Schiller und Arthur Lingelbach am Programm für den diesjährigen Sonnenzug gefeilt und sich mit der Malteser-Mannschaft um Urgestein Herbert Scheuerer und Dieter Berndt abgestimmt. Dafür gab es mehrfach Applaus von den Teilnehmenden und Lob vom Caritas Vorsitzenden, der sich besonders freute, dass der traditionelle Gottesdienst diesmal an den Anfang des Ausflugstags gelegt wurde, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: In der Klosterkirche der Benediktinerabtei Weltenburg hätten nicht alle Platz gehabt. In seiner Predigt erzählte Domkapitular Michael Dreßel die Geschichte der „Anonyma Heselberger“, die während des Bombenangriffes im Oktober 1944 auf Regensburg in einem Luftschutzbunker am Gries, also in Stadtamhof nahe von St. Andreas, auf die Welt gekommen und zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern – ohne auf einen Vornamen getauft worden zu sein – im Bombenhagel gestorben war. Eine Gedenktafel im Seiteneingang der spätbarocken Kirche erinnert an dieses Schicksal. „Die Helfenden der Caritas und der Malteser, die hier sitzen, haben an sich den Anspruch, dass die Menschen, die zu uns kommen, keine anonymen Nummern sind“, holte Dreßel die Zeitgeschichte in die Gegenwart, „sondern dass sie einen Wert haben, eine Würde und einen Namen.“ Denn bei Gott hätten alle einen Wert und einen Namen, unterstrich der Caritas Vorsitzende.
Das Schiff ist das Erlebnis
„Unser Abfahrtsort ist die Anlegestelle Dultplatz, der Lokführer ein Kapitän und die Donau unser Gleis“, hatte Caritasdirektor Michael Weißmann in seinem Grußwort zum diesjährigen Sonnenzug geschrieben. So bewegten sich zwei Schiffe mit je rund 1.600 Pferdestärken und acht Knoten, also rund 15 Kilometern pro Stunde, die Donau hinauf von Regensburg weg. Zum Vergleich: Jeder der im letzten Jahr eingesetzten Agilis-Züge hat fast 4.000 PS und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern. „Das Schiff ist das Erlebnis“, erzählte Renate Schweiger, Chefin der gleichnamigen Kelheimer Schifffahrtsgesellschaft, die zusammen mit den Kollegen der Personenschifffahrt Stadler den Transfer und die Verpflegung der bunt gemischten Reisegruppe übernommen hatte. Dabei sei es nicht nur die Naturkulisse zwischen Regensburg und Weltenburg mit der weltbekannten Weltenburger Enge, die die Menschen fasziniere, es sei auch die Gleichmäßigkeit und die Langsamkeit der Fortbewegung. Die erfahrene Kapitänin Schweiger verwies auf den 1983 erschienen Bestseller-Roman des deutschen Schriftstellers Sten Nadolny „Die Entdeckung der Langsamkeit“. Sein Protagonist ist der englische Kapitän und Polarforsche John Franklin, der wegen seiner Langsamkeit immer wieder Schwierigkeiten hat, mit der Schnelllebigkeit seiner Zeit Schritt zu halten, aber schließlich doch aufgrund seiner Beharrlichkeit zu einem großen Entdecker wird.
Sonnenzügler als große Entdecker
So verwunderte es kaum, dass die Mitreisenden die Zeit an Bord für Gespräche, für den Austausch und schließlich auch zum Tanzen zu den Klängen der bewährten Sonnenzug-Musiker nutzten. Vorsorglich eingepackte Gesellschafts- und Brettspiele, um die insgesamt sieben Stunden auf dem Wasser zu überbrücken, blieben unberührt in den Schachteln. Am eigentlichen Ziel, des um das Jahr 600 von den iroschottischen-columbianischen Wandermönchen Eustasius und Agilus von Luxeuil gegründeten und somit ältesten Klosters in Bayern, der Benediktinerabtei Weltenburg erwartete die Gäste nicht nur hausgemachter Apfelstrudel mit Vanilleeis und Sahne aus der Konditorei der Klosterschenke. Die „Sonnenzügler“ nutzen die Zeit vor Ort zu einem Besuch der von den Gebrüdern Asam kunstvoll gestalteten Klosterkirche, zu einem kurzen Marsch auf den Frauenberg, einen Blick ins Begegnungszentrum im Felsenkeller, einen kleinen Einkauf im Klosterladen oder einfach nur für eine Rast am Kiesstrand der Donau. Dass besondere Reisen auch unter dem Schutz des Herrn stehen, durfte die Reisegesellschaft kurz vor dem Wiederablegen in Weltenburg erleben. Kaum waren alle an Bord, öffnete der Himmel seine Schleusen für einen Wolkenbruch, der neben den zahlreichen Ausflugserlebnissen, sicher noch beim nächsten Sonnenzug am ersten Samstag im Juli nächsten Jahres für Gesprächsstoff sorgen wird. Eine „personelle“ Besonderheit konnte am Samstag auch an Bord gefeiert werden: der 75. Geburtstag von Erna Kazmierzak, einer ehemaligen Caritas-Mitarbeiterin, die seit Jahren als Helferin beim Sonnenzug „an Bord“ ist. Ein Ständchen, Blumen und ein Geschenk gab´s für sie als kleine Anerkennung – auch stellvertretend für alle Unterstützerinnen und Unterstützer.
Caritas Regensburg / RNRed