„An apple a day keeps the doctor away“ – dieser Satz ist uns sicher allen schonmal begegnet und ja: Äpfel sind gesund, daran besteht auch aus wissenschaftlicher Sicht kein Zweifel. Die Bäume hängen gerade wieder voll mit den leckeren Früchten, allein in Deutschland gibt es rund 2.000 verschiedene Sorten. Der Apfel strotzt nur so vor guten Inhaltsstoffen wie Vitamin A, B, C, E, Kalium, Phosphor, Eisen oder Zink. Am gesündesten sind übrigens die roten Exemplare, die deutlich mehr Vitamin C enthalten als ihre grünen Verwandten.
Doch nicht nur dem Apfel selbst wird eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt, sondern auch einem Produkt, das aus dem hei - mischen Obst gewonnen wird: der Apfelessig. Seit ein paar Jahren schon wird er als absolutes Heil- und Wundermittel angepriesen, er soll Entzündungen lindern, den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen, Haut und Haar strahlen lassen und laut einer neuen Studie auch beim Abnehmen helfen. Was ist dran an diesem Hype und wie wird das angebliche Superfood eigentlich hergestellt? Wir klären, was Apfelessig wirklich kann.
Herstellung braucht Geduld
Im Grunde lässt sich Apfelessig ganz einfach selbst herstellen, es braucht nur ein bisschen Zeit. Äpfel (auch gerne Apfelreste) samt Schale klein schneiden, in ein großes Glas füllen, mit Wasser bedecken, mit einem Tuch verschließen und für circa zwei Wochen in den Kühlschrank stellen. Einmal täglich mit einem sterilen Löffel umrühren, um Schimmelbildung zu vermeiden. Dann die Äpfel entnehmen und das Glas für weitere 6-8 Wochen – wieder bedeckt mit dem Tuch – an einen warmen Ort stellen. Die Früchte vergären unter Sauerstoffzufuhr zu Apfelwein, der durch die Fermentation zu Essigsäure wird.
Guter Apfelessig braucht eine Mutter
Im besten Fall entsteht beim Herstellungsprozess eine sogenannte Apfelessig-Mutter – ein absolutes Qualitätsmerkmal. Die gelartigen, schleimigen Brocken bilden sich während der Fermentation und bestehen aus Essigsäurebakterien und Hefe.
Die Apfelessig-Mutter finden wir auch bei ungefilterten, naturtrüben Produkten aus dem Supermarkt. Beim Kauf von Apfelessig empfehlen Ernährungsexperten die BIO-Variante weil nur dieser durch die Fermentation frischer Äpfel gewonnen wird und Nährstoffe erhalten bleiben. Bei anderen Sorten besteht die Gefahr, dass Apfelreste einfach mit Brantweinessig und Zucker gestreckt werden.
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Apfelessig – ein echter Fatburner?
Stars, Sternchen, Influencer und Co. schwören schon lange auf das Wasser mit dem Schluck Apfelessig am Morgen als wahres Beauty-Geheimnis und Abnehm-Wunder. Der Hype auf Social Media wurde vor einigen Wochen noch durch eine neue Studie aus dem Libanon bekräftigt, bei der die beteiligten Jugendlichen sechs bis acht Kilo in nur drei Monaten abgenommen haben – angeblich durch Apfelessig.
Das Ergebnis sei aus wissenschaftlicher Sicht jedoch nicht aussagekräftig, sagen unter anderem Forscher und Ernährungsexperten der Stiftung Warentest, die auf zahlreiche methodische Schwächen der Studie aufmerksam machen. Unter anderem sei die Teilnehmerzahl zu gering und die Beobachtungszeit zu kurz gewesen, um stichhaltige Aussagen zu treffen. Weitere Ansätze und Studien zum positiven Effekt von Essigsäure auf die Gewichtsreduktion gäbe es bisher nur durch Tierversuche aus dem Labor, die nicht so ohne Weiteres auf den Menschen übertragbar seien.
Gesundheitliche Vorteile
Apfelessig als alleiniges Wundermittel bei Übergewicht? Wohl eher nicht. Dazu gehört eine ausgewogene Ernährung, Sport und vieles mehr. Dennoch hat Apfelessig durchaus auch Vorzüge, die sich positiv auf unseren Körper auswirken können. Essig wird seit mehr als 5.000 Jahren nicht nur um Würzen und Kon - servieren, sondern auch als Hausmittel zum Gurgeln bei Halsschmerzen oder gegen Mundgeruch genutzt. Er hat desinfizierende, antibakterielle Eigenschaften, regt die Magensäfte an, kann die Verdauung unterstützen und das Völlegefühl nach dem Essen mildern. Einige Stu - dien haben auch gezeigt, dass Apfelessig den Blutzuckerspiegel regulieren kann, jedoch ist in diesem Bereich noch mehr Forschung nötig.
Darüber hinaus kann er auch äußerlich angewendet werden. Die Essigsäure kann als Peeling einen positiven Effekt auf die Haut haben oder kann als Haarspülung für weiches, glänzendes Haar zum Einsatz kommen.
Das Wundermittel in Kapselform
Der Hype um den Apfelessig ist ungebrochen. Obwohl er in seiner reinsten Form sehr erschwinglich ist, gibt es ihn mittlerweile auch als Nahrungsergänzungsmittel in Pulverform. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat allerdings festgestellt, dass es für die Wirkung von Apfelessig-Pulver auf die Fettverbrennung, Verdauung oder Hausgesundheit keine ausreichenden Belege gibt.
Fazit: Die Geheimwaffe gegen zu viele Pfunde ist Apfelessig nicht. Wer ihn zur Unterstützung seiner Gesundheit testen möchte, kann dies in Maßen, verdünnt in Wasser, unbedenklich tun. Pur sollte man den Essig auf Dauer nicht zu sich nehmen, da die Säure den Zahnschmelz angreifen und die Speiseröhre reizen kann.
Jennifer Schaller | filterVERLAG