Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Menschen mehr als verdreifacht, die wegen Kokainmissbrauchs in ärztlicher Behandlung sind. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des BARMER-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach gab es im Jahr 2013 bundesweit 19.700 behandelte Patientinnen und Patienten und im Jahr 2023 bereits 65.000.
Das entspricht einem Plus um 230 Prozent. „Die enorme Zunahme an Behandlungen wegen Kokainmissbrauchs ist alarmierend. Das wahre Ausmaß wird noch viel größer sein, da wir nur den Bruchteil der Betroffenen in ärztlicher Behandlung sehen. Auch die aktuelle Kriminalstatistik zeigt, dass die Zahl der Kokaindelikte seit dem Jahr 2023 um gut 27 Prozent gestiegen ist und damit einen neuen Höchststand erreicht hat“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER.
Männer zwischen 20 und 39 Jahren besonders stark betroffen
Wie aus dem BARMER-Atlas weiter hervorgeht, waren im vergangenen Jahr 50.600 Patienten und 14.400 Patientinnen wegen Kokainkonsums in Behandlung. Besonders häufig waren Männer zwischen 20 und 39 Jahren sowie 40 und 59 Jahren betroffen. Hier gab es 29.700 beziehungsweise 18.100 Patienten. „Kokain hat einen stimulierenden und aufputschenden Effekt. Deshalb wird es häufig als Leistungsdroge bezeichnet. Der vergleichsweise starke Kokainkonsum bei jungen Männern könnte auf einen massiven Leistungsdruck hindeuten, dem sie sich offenbar ausgesetzt sehen. Sei es im Beruf oder im Privatleben“, so Marschall. In ganz jungen Jahren oder im Alter spiele Kokain als Suchtmittel hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Jüngere Menschen hätten häufig nicht die finanziellen Mittel, um sich die teure Droge zu beschaffen. Hier sei der Konsum von Cannabis eher verbreitet. Bei älteren Menschen stünden der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch im Vordergrund.
Behandlungen vor allem in Nordrhein-Westfalen
Laut der BARMER-Analyse gibt es massive regionale Unterschiede bei der Anzahl der Patienten, die aufgrund übermäßigen Kokainkonsums behandelt werden müssen. An erster Stelle stand im vergangenen Jahr demnach Nordrhein-Westfalen mit 15.280 Betroffenen, gefolgt von Niedersachsen mit 7.760 und Berlin mit 7.230 Patienten. Die wenigsten Betroffenen gab es im Saarland mit 490, in Thüringen mit 810 und in Mecklenburg-Vorpommern mit 960 Frauen und Männern. Dabei hat es in allen Bundesländern im Zehnjahresvergleich teils enorme Zuwächse gegeben. In Sachsen haben sich die Patientenzahlen beinahe verzehnfacht, von 100 auf 980 Betroffene. Die geringste Steigerung lag in Hamburg mit einer Verdoppelung der Fallzahlen vor, 2.680 auf 5.500 Betroffene.
BARMER / RNRed