Wenn die Hausarztpraxis geschlossen ist, rufen viele Menschen bei Fieber oder einem verstauchten Knöchel den Krankenwagen, damit sie schnell in einer Notfallaufnahme aufgenommen werden. Jedoch führt dieses Verhalten zu einer Überlastung der Kliniken. Damit diese entlastet werden, gibt es den hausärztlichen Bereitschaftsdienst.
Kliniken in ganz Deutschland sind überlastet. Extrem lange Wartezeiten stellen nicht nur die Angestellten vor große Herausforderungen, sondern sind auch eine Gefahr für echte Notfallpatienten. Ärzte beklagen, dass Menschen, die die Notaufnahme aufsuchen, die Situation häufig falsch einschätzen. Was würden Sie etwa machen, wenn Sie sich am Wochenende den Fuß verstauchen oder plötzlich Fieber bekommen? Für viele Menschen ist in dieser Situation klar: Wenn mein Hausarzt nicht geöffnet hat, bleibt mir nichts anderes übrig, als in die Notaufnahme zu fahren. Doch genau das ist an dieser Stelle falsch und stellt einen der Gründe dafür dar, dass die Notaufnahmen mit ständigen Überlastungen zu kämpfen haben. Diese sollte man in erster Linie aufsuchen, wenn es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Situation handelt. In den oben beschriebenen Fällen wäre deshalb der (haus)ärztliche Bereitschaftsdienst die richtige Anlaufstelle. In einer Umfrage haben wir jedoch festgestellt, dass viele Menschen diesen überhaupt nicht kennen.
Wir klären daher auf, was der hausärztliche Bereitschaftsdienst überhaupt ist und wo man ihn findet. Außerdem zeigen wir auf, in welchen Situationen man tatsächlich die Notaufnahme aufsuchen sollte und wann der ärztliche Bereitschaftsdienst die bessere Wahl ist.
Was macht der ärztliche Bereitschaftsdienst und wie erreicht man diesen am besten?
In Deutschland wird der hausärztliche Bereitschaftsdienst beziehungsweise Notdienst durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) organisiert. Er soll sicherstellen, dass in Deutschland außerhalb der regulären Sprechzeiten – also während der Woche abends und nachts als auch während des gesamten Wochenendes sowie an Feiertagen – eine ärztliche Versorgung gewährleistet ist.
Wer den Notdienst übernimmt, wird von den KVen festgelegt. Es handelt sich dabei um ein rotierendes System, das heißt, dass nicht immer der gleiche Arzt den hausärztlichen Notdienst übernimmt. Ärzte einer bestimmten Region wechseln sich laufend ab. Wenn Sie die 116 117 wählen, wird Ihnen mitgeteilt, welcher Arzt Bereitschaftsdienst hat. Diese Information können Sie auch auf der Webseite der Kassenärztlichen Vereinigungen oder über die 116 117-Webseite einholen.
Wichtig!
Der (haus)ärztliche Bereitschaftsdienst wird kontaktiert, wenn medizinische Hilfe durch einen Arzt benötigt wird, jedoch keine unmittelbare Lebensgefahr besteht. Erreicht werden kann dieser unter der Rufnummer 116 117, eine Vorwahl benötigen Sie nicht!
Noch vor einiger Zeit haben die Behandlungen zumeist in den Praxen der Ärzte stattgefunden, die den Notdienst übernahmen. Obwohl das heute zum Teil auch noch der Fall ist, wird nun in erster Linie in zentralisierten Notdienstpraxen behandelt. Diese sind häufig direkt an Krankenhäuser angeschlossen.
In diesen Situationen kontaktieren Sie den hausärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117)
Die folgenden Beispiele zeigen Situationen auf, in denen der (haus)ärztliche Bereitschaftsdienst aufgesucht werden sollte, anstatt in die Notaufnahme zu fahren:
Grippe mit hohem Fieber
Wenn Sie an Grippe leiden und hohes Fieber, Gliederschmerzen oder starke Schwäche verspüren, aber keine lebensbedrohlichen Symptome – wie Atemnot oder Bewusstlosigkeit – auftreten, können Sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen. Ein Arzt wird Sie entweder zu Hause besuchen oder Sie in eine Bereitschaftspraxis weiterleiten.
Magen-Darm-Erkrankungen
Bei Durchfall und Erbrechen, die sich über mehrere Tage hinziehen und zu starker Dehydrierung führen können, jedoch keine akuten Alarmzeichen – wie Blut im Stuhl, Bewusstlosigkeit oder starkes Fieber – vorliegen, kann der Bereitschaftsdienst helfen.
Leichte Verletzungen
Wenn Sie sich eine leichte Schnittwunde zugezogen haben, die nicht stark blutet und keine sofortige chirurgische Versorgung benötigt, können Sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren.
Mittelohrentzündung
Kinder und Erwachsene leiden im Falle einer Mittelohrentzündung häufig unter starken Schmerzen, bei einigen kommt Fieber hinzu. Sollten Sie in diesem Fall ärztliche Hilfe benötigen, können Sie auch hier den ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren.
Rückenschmerzen
Ähnlich ist es im Falle von Schmerzen, wie etwa Rückenschmerzen. Auch wenn es sich dabei nicht um eine akute Gefahr handelt, sind die Beschwerden häufig so stark, dass Sie einen Arzt benötigen.
Migräneanfälle
Bei starken Kopfschmerzen, die auf eine Migräne zurückzuführen sind, jedoch ohne neurologische Symptome wie Lähmungen oder Sehstörungen auftreten, kann der Bereitschaftsdienst Medikamente verschreiben, die Sie nicht frei verkäuflich in der Apotheke erhalten. Diese können zu einer Schmerzlinderung beitragen.
Das sind nur einige Beispiele, in denen der hausärztliche Bereitschaftsdienst Abhilfe schaffen kann. Da dieser zusätzlich eine große Entlastung für die Notaufnahmen darstellt, sollte diesen Dienst jeder kennen. Tragen Sie also gerne dazu bei, dass mehr Menschen ihn kennenlernen – sprechen Sie mit Freunden, Familie oder Bekannten darü¬ber oder teilen Sie diese Info gerne auch auf Social Media.
Wann müssen Sie in die Notaufnahme? (112)
Es gibt aber auch klare Fälle, in denen die Notaufnahme aufgesucht werden sollte – nämlich dann, wenn es sich um eine lebensbedrohliche Situation handelt. Gleiches gilt für schwere Verletzungen und Erkrankungen, die eine sofortige Behandlung erfordern. In vielen Situationen ist es notwendig, möglichst schnell eine medizinische Versorgung zu erhalten. An der Stelle sollte in jedem Fall ein Krankenwagen (112) gerufen werden, anstatt selbst oder unterstützt von Freunden oder Familienangehörigen in die Notaufnahme zu fahren. Beispiele für typische Notfälle:
Herzinfarkt
Plötzliche, starke Brustschmerzen, Atemnot, Schweißausbrüche, aber auch Schmerzen, die in den Arm, den Kiefer oder den Rücken ausstrahlen, können auf einen Herzinfarkt hindeuten. In diesem Fall zählt jede Minute, deshalb sollte hier der Notruf 112 gewählt werden.
Schlaganfall
Symptome wie plötzlich auftretende Lähmungen auf einer Körperseite, Sprachstörungen, Sehstörungen oder starker Schwindel sind Anzeichen eines Schlaganfalls. Auch hier muss schnellstmöglich der Rettungsdienst alarmiert werden.
Schwere Unfälle
Bei Autounfällen, Stürzen aus großer Höhe oder anderen Unfällen mit schweren Verletzungen, starken Blutungen oder Kopfverletzungen ist eine sofortige Hilfe notwendig. Besteht akute Lebensgefahr, sollte wieder der Rettungsdienst alarmiert werden.
Starke Atemnot
Bei plötzlich auftretenden Atembeschwerden, zum Beispiel infolge eines allergischen Schocks (Anaphylaxie) oder einer schweren Lungenentzündung, ist eine sofortige Behandlung notwendig. Hier sollte dringend die Notaufnahme aufgesucht werden.
Auch das sind nur einige Beispiele für akute Notfälle. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass in allen Fällen, in denen eine lebensbedrohliche Situation besteht oder der Zustand einer Person sich sehr schnell verschlechtern könnte, die Notaufnahme die richtige Anlaufstelle ist – in ganz akuten Fällen sollte der Rettungsdienst 112 verständigt werden.
Obwohl es für die Entlastung der Notaufnahmen von zentraler Bedeutung ist, dass mehr Menschen die 116 117 kennen und nutzen, gilt ganz allgemein: Sollten Sie sich unsicher sein, ob eine Situation potenziell lebensbedrohlich ist, sollte im Zweifel IMMER die 112 gewählt werden!
Marina Triebswetter | filterMagazin