In der kalten Jahreszeit achten viele Menschen auf ihr Immunsystem, um sich vor Erkältungs- und Grippeviren zu schützen. Daher greifen einige zu Nahrungsergänzungsmitteln. Allerdings setzen sich Verbraucher damit kaum auseinander und wissen oft gar nicht so genau, wie diese einzunehmen sind und welche Risiken sie bergen.
Immer mehr Menschen greifen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Besonders in den kalten Monaten erhoffen sich viele, damit ihr Immunsystem zu stärken und ihre Gesundheit langfristig zu verbessern. Auf Social Media kursieren zahlreiche Tipps von selbsternannten Gesundheitsexperten, die einem nur mit Hilfe von Supplements ein langes, gesundes Leben prophezeien. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn diese Menschen arbeiten häufig mit Firmen zusammen, die bestimmte Präparate vermarkten. Ein Nahrungsergänzungsmittel soll, wie der Name bereits sagt, ergänzend zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung funktionieren.
In einem exklusiven Interview haben wir gemeinsam mit Dr. Melanie Kandulski, Dr. Clara Nusser und PD Dr. Karsten Gülow vom Universitätsklinikum Regensburg über den Nutzen, aber auch mögliche Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln gesprochen. Ist eine Einnahme für die breite Bevölkerung überhaupt sinnvoll?
Was halten Sie grundsätzlich von Nahrungsergänzungsmitteln?
Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, kann seinen Tagesbedarf an notwendigen Nährstoffen in der Regel problemlos decken. Liegt durch bestimmte Erkrankungen eine eingeschränkte Aufnahmefähigkeit unseres Darmes vor, sollten einzelne Supplemente gezielt zugeführt werden. Dies sollte man allerdings unter ärztlicher Aufsicht tun.
Gibt es Supplemente, die Sie unter bestimmten Umständen empfehlen würden?
Da wir in den Wintermonaten hierzulande mit wenig Sonnenschein gesegnet sind, kann eine Supplementation von Vitamin D von Oktober bis Ostern zur Förderung der Knochengesundheit nicht schaden. Da wir in Deutschland in einem Jodmangelgebiet leben, empfehlen wir außerdem, jodiertes Speisesalz zu konsumieren, um einer Kropfbildung vorzubeugen. Frauen, die infolge ihrer Menstruationsblutung eine Blutarmut entwickeln, benötigen eine Supplementation mit Eisen. Wenn wir ausreichend Obst und Vitamin C-haltige Gemüsesorten essen, ist keine zusätzliche Zufuhr von Vitamin C nötig.
© bigstock / dolgachov
Die Wirkung welcher Supplemente ist wissenschaftlich am besten belegt?
Jod, Eisen und Vitamin D.
Können pflanzliche Ergänzungen wie Echinacea oder Holunder tatsächlich helfen, das Immunsystem zu unterstützen oder handelt es sich hierbei in den meisten Fällen um einen Placebo-Effekt?
Die wichtigsten Inhaltsstoffe von Echinacea haben nur eine sehr schwache antibakterielle und antivirale Wirkung und kommen in Pflanzenextrakten in sehr geringen Mengen vor. Keine klinische Studie konnte eine signifikante vorbeugende Wirkung nachweisen. Holunder enthält sogenannte Polyphenole, die antivirale, immunstärkende und entzündungshemmende Eigenschaften haben. Allerdings sind sie in Pflanzenextrakten nur in relativ niedrigen Konzentrationen enthalten, weshalb auch hier nur eine geringe Wirksamkeit zu erwarten ist.
Gibt es Risiken bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere wenn man sie in hohen Dosen verwendet?
Ja, es gibt einige Risiken bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, besonders wenn sie in großen Mengen eingenommen werden. Bestimmte Vitamine und Mineralstoffe, wie zum Beispiel die fettlöslichen Vitamine A, D, E sowie Eisen, können in hohen Dosen toxisch sein und gesundheitliche Probleme verursachen. Kurkuma oder Zimt können in höheren Dosierungen beispielsweise zu einem lebensbedrohlichen Leberversagen führen.
Einige Nahrungsergänzungsmittel können die Wirkung von verschreibungspflichtigen Medikamenten beeinträchtigen oder verstärken. Zum Beispiel kann Johanniskraut die Wirksamkeit von Antidepressiva oder oralen Verhütungsmitteln verringern. Zudem reagieren manche Menschen allergisch auf bestimmte Inhaltsstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln.
Generell sollte man die Einnahme von Supplementen kritisch hinterfragen und sich nicht durch Werbeversprechen oder Werbeaussagen in die Irre führen lassen.
Ein Interview von Marina Triebswetter | filterMagazin