In der Arbeitsgruppe „Zerebrale Pathophysiologie“ der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie haben der Physiker Dr. Rupert Faltermeier und Professor Dr. Martin Proescholdt, Leiter des neurochirurgischen Forschungslabors, einen innovativen biophysikalischen Ansatz entwickelt, der es ermöglicht, frühzeitig gefährliche Muster in den Hirndruck-Messwerten neurochirurgischer Patienten zu erkennen.
Diese Analytik liefert neue Einblicke in den akuten Zustand des Gehirns schwer-verletzter Patienten und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung neurochirurgischer Intensivpatienten dar.
Neurointensivmedizin stößt an ihre Grenzen
Das intensivmedizinische Personal überwacht in der Regel eine Vielzahl von einzelnen Vitalparametern und Messwerten, um bei kritischen Zuständen schnell reagieren zu können. In der Neurointensivmedizin stößt diese Methode jedoch oft an ihre Grenzen. Patienten mit Schädel – Hirnverletzungen oder mit spontanen Blutungen innerhalb des Schädels sind vor allem durch einen Mechanismus bedroht: Der begrenzte Raum im Schädel führt dazu, dass nachdem die Reserveräume ausgeschöpft sind, der Hirndruck plötzlich und lebensbedrohlich ansteigen kann. Dieser kritische Moment der Dekompensation kann aber anhand einzelner Messwerte nicht vorhergesagt werden. Zum anderen ist bei diesen Patienten unklar, ob die Autoregulation, das heißt die Fähigkeit des Gehirns, eine konstante Durchblutung trotz Schwankungen des Blutdrucks konstant zu halten, noch funktioniert. Diese Ungewissheit stellt eine weitere Herausforderung dar, da ärztlicherseits der Blutdruck reguliert werden muss und bestimmte Krankheitsbilder eine sogar Erhöhung des Blutdrucks erfordern können. Bei einer gestörten Autoregulation kann eine zu hohe Blutdruckeinstellung zu Hirnschwellung und ultimativ Hirndruckkrisen führen. Andererseits kann eine Autoregulationsstörung wiederum an einzelnen Werten nicht erkannt werden.
„Nahezu unmöglich, eine optimale Behandlung zu bieten“
„Diese fehlende Informationen machen es in der Neurointensivmedizin nahezu unmöglich, eine optimale, individualisierte Behandlung zu bieten. Genau das hat uns dazu motiviert, nach Lösungen zu suchen“, erklärt Professor Proescholdt, der seit vielen Jahren in der Arbeitsgruppe, die noch unter der damaligen Leitung von Professor Dr. Alexander Brawanski etabliert wurde, arbeitet.
Neuer biophysikalischer Ansatz
Ihre Arbeit hat sich nun ausgezahlt. Dr. Faltermeier und Professor Proescholdt haben einen biophysikalischen Ansatz entwickelt, der Licht ins Dunkel bringt: „Wir können mit unserem Modell spezifische Muster in den gemessenen Daten erkennen, die uns zeigen, wann der Schädelraum erschöpft ist und der Hirndruck kritisch steigen könnte, und ob die Autoregulation gestört ist.“
Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines Softwareprogramms und Monitors, die zukünftig in Echtzeit die Werte der Patienten auswerten und Ärzte auf einen Blick warnen können.
Professor Dr. Nils Ole Schmidt, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des UKR, betont: „Die Neurochirurgie am Universitätsklinikum Regensburg hat mit dieser Entwicklung einen wichtigen Meilenstein in der Neurointensivmedizin erreicht. Dieser Durchbruch wird hoffentlich das Überleben unserer Patienten verbessern, und möglicherweise auch den Standard der Neurointensivmedizin neu definieren.“
Universitätsklinikum Regensburg / RNRed