Wer darf wählen, wie kann gewählt werden und was bedeuten eigentlich Überhangmandate und Ausgleichsmandate? Wir haben die wichtigsten Informationen und Fakten zur 20. Bundestagswahl in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland für Sie zusammengefasst.
Besser nicht wählen als AfD wählen– mit dieser Aussage hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vor der Bundestagswahl 2017 für großes Aufsehen gesorgt. Mit dieser Aussage plädierte der ehemalige Kanzleramtsminister zwar keinesfalls für das Nicht-Wählen. Aber der Nicht-Wähler, so Altmeier, bringe auch eine Meinung zum Ausdruck. Wieso Nicht-Wählen nur wenig Sinn macht, was es bei der Wahl des 20. Bundestages der Bundesrepublik Deutschland zu beachten gilt, welche bedeutenden Stationen es in der Ära Merkel gab und was die Regensburger Stadtoberhäupter von der ersten deutschen Kanzlerin halten – all das lesen Sie in unserem Überblick zur anstehenden Bundestagswahl 2021.
Am 26. September finden die 20. Bundestagswahlen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt. Mit der Bundestagswahl wird entschieden, wer die Bürger in den kommenden vier Jahren als Abgeordneter im Bundestag vertreten wird. Ebenso entscheidet sich dadurch indirekt, wer der nächste Bundeskanzler oder die nächste Bundeskanzlerin Deutschlands wird. Laut Schätzungen des Statistischen Bundesamtes sind zum Wahltag am 26. September 2021 rund 60,4 Millionen Deutsche für die Bundestagswahl wahlberechtigt. Um jeden Bundesbürger der 11.000 Gemeinden in Deutschland eine Wahl zu ermöglichen, rechnet die Bundesregierung erstmals mit Kosten von über 100 Millionen Euro für die Bundestagswahl. Lagen die Kosten für die Bundestagswahl 2017 noch bei 92 Millionen Euro, dürften die Corona-Krise und die damit deutlich höhere Anzahl an Briefwählern die Kosten auf 107 Millionen Euro anheben.
Wer darf bei der Bundestagswahl wählen?
Wählen darf,• wer mindestens 18 Jahre alt ist,
• eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt
• und seinen Wohnsitz in Deutschland hat (Ausnahmen sind möglich).
Die Zahl der Wahlberechtigten ist in Deutschland seit 2009 aufgrund des demografischen Wandels rückläufig. Waren 2009 noch 62,2 Mio. Deutsche wahlberechtigt, sank die Zahl 2013 auf 61,9 Mio. und 2017 auf 61,7. Mit 60,4 Millionen liegt die Zahl der Wahlberechtigten zur kommenden Bundestagswahl sogar um etwa 1,3 Millionen niedriger als bei der letzten Bundestagswahl 2017. Die Altersverteilung gestaltet sich 2021 wie folgt: 18 bis 29 Jahre: 14,4 Prozent | 30 bis 59 Jahre: 47,4 Prozent| über 60 Jahre: 38,2 Prozent. 4,6 Prozent aller Wähler sind übrigens Erstwähler.
Wie kann ich wählen?
Jeder Wahlberechtigte erhält per Post eine Wahlbenachrichtigung. Sollten Sie drei Wochen vor der Wahl keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, fragen Sie unbedingt bei der Stadt, der Gemeinde oder dem Landkreis nach. Neben dem Wahltag und der Wahlzeit befindet sich auf der Wahlbenachrichtigung zum einen die Adresse des zuständigen Wahllokals, also der Ort, an dem der Wählende seinen eigentlichen Stimmzettel ausgehändigt bekommt und ausgefüllt abgeben kann. Zum anderen befindet sich auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung ein Vordruck zur Beantragung einer Briefwahl. Diese kann jeder Wahlberechtigte ohne Angaben von Gründen beantragen. Die Wahlunterlagen werden dann per Post an die Wohnanschrift oder auch an eine andere Adresse wie beispielsweise der Urlaubsanschrift versendet – bestehend aus einem Wahlschein, einem roten Briefumschlag mit Adresse, einem leeren blauen Briefumschlag, dem Stimmzettel und einer Anleitung, die erklärt, wie mit der Briefwahl gewählt werden kann. Der Wahlbrief sollte spätestens drei Tage vor dem Wahltag abgeschickt werden.Wer aus dem Ausland per Briefwahl wählen möchte, kann dies unter der Voraussetzung einer ausreichenden Frankierung machen – innerhalb Deutschlands werden die Portokosten vom Bund übernommen. Eine Briefwahl ist im Übrigen nichts Außergewöhnliches: Bei der letzten Bundestagswahl lag der Anteil der Briefwähler bei 28,6 Prozent.
Erststimme, Zweitstimme und Überhangsmandate
Laut Bundeswahlgesetz werden bei der anstehenden Bundestagswahl 598 Sitze vergeben. Das entspricht rechnerisch zwei Sitze für jeden der 299 bestehenden Wahlkreise in Deutschland. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat des jeweiligen Wahlkreises gewählt. Die Person, mit den meisten Stimmen zieht dann als direkt gewählter Vertreter seines Wahlkreises in den Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2017 holte beispielsweise der CSU-Politiker Peter Aumer im Wahlkreis Regensburg mit 40,1 Prozent die meisten Erststimmen und zog direkt in den Bundestag ein.Die restlichen 299 Abgeordneten werden über die Zweitstimme gewählt. Mit der Zweitstimme werden kein Direktkandidat, sondern eine Partei und die damit zusammenhängende Landesliste des jeweiligen Bundeslands gewählt. Zusätzlich wird mit der Zweitstimme über die eigentliche Sitzverteilung der Parteien im Bundestag entschieden. Erhält eine Partei bei der Bundestagswahl insgesamt 33 Prozent der Zweitstimmen, erhält sie auch 33 Prozent der Sitze im Bundestag.
Dieses System aus Erst- und Zweitstimmen kann allerdings zu Problemen bei der Sitzverteilung führen. Angenommen, in Bayern gäbe es 100 Sitze für den Bundestag zu verteilen und eine Partei erhält in diesem Bundesland elf Prozent der Zweitstimmen. Dann würden ihr gemäß dem Wahlrecht auch elf Sitze im Bundestag zustehen. Falls in Bayern aber nun 20 Direktkandidaten derselben Partei für den Bundestag gewählt werden, weil diese vor Ort beliebter sind als ihre Partei im gesamten Bundesland, ergibt sich ein rechnerisches Problem. Denn die Partei besitzt somit mehr Direktmandate (hier 20) als ihr auf Basis der Zweitstimmen Sitze im Bundestag zustehen würden (hier elf). Das Wahlrecht sieht in diesem Fall vor, dass die Direktkandidaten dennoch in den Bundestag einziehen können. Die dadurch entstehenden neun zusätzlichen Mandate nennt man Überhangmandate. Durch den gesicherten Einzug der Direktkandidaten in den Bundestag verschiebt sich aber auch das Gewicht in Richtung jener Parteien, die in den unterschiedlichen Bundesländern besonders viele Direktmandate holen konnten.
Damit die Sitzverteilung im Bundestag dem Ergebnis der Zweitstimmen entspricht, müssen die Überhangsmandate durch sogenannte Ausgleichsmandate bei den anderen Parteien ausgeglichen werden. Das aktuelle Wahlrecht führt dazu, dass der Bundestag heute mit 708 Sitzen (2013: 631 Sitze) deutlich größer ist als vorgesehen. Damit der Bundestag nach den kommenden Wahlen nicht weiter anwächst und noch teurer oder unter Umständen sogar arbeitsunfähig wird, soll das Wahlrecht einer Reform unterzogen werden. Für die Bundestagswahl 2021 ist deshalb vorgesehen, dass Überhangmandate mit den Listenplätzen der Partei aus einem anderen Bundesland verrechnet werden. Zugleich sollen bis zu drei Überhangmandate nicht mehr durch Ausgleichsmandate ausgeglichen werden. Für die Bundestagswahl 2025 wurde bereits angedacht, die Wahlkreise zusätzlich von 299 auf 280 zu reduzieren.
Nicht-Wählen, ungültige Wahl und gültig, aber ohne Einfluss
Wer sein demokratisches Recht auf Wählen nicht wahrnimmt, entscheidet sich gegen die Möglichkeit, aktiv mitentscheiden zu können und verzichtet auf seine Stimme. Die Gründe hierfür können tatsächlich vielfältig sein: als Ausdruck einer aktiven Wahlverweigerung, als Ausdruck einer empfundenen Zwecklosigkeit oder als Ausdruck, dass es eigentlich gar nichts zu wählen gäbe, was einen Unterschied machen würde. Aber auch Zeitmangel oder Bequemlichkeit können Gründe für ein Nicht-Wählen sein. Zwar ist eine niedrige Wahlbeteiligung immer schlecht für die politische Legitimation einer Regierung, aber juristisch gesehen stellt sie kein Problem dar. Ein Blick auf die Wahlbeteiligung der letzten drei Bundestagswahlen zeigt dabei, dass sich die Wahlbeteiligung in Deutschland mit 70,8 Prozent (2009), 71,5 Prozent (2013) und 76,2 Prozent (2017) auf einem historischen Tief bewegt – die niedrigsten Ergebnisse seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.Nicht-Wählen wirkt sich aber auch aktiv auf die Wahl aus. Damit eine Partei in den Bundestag einziehen kann, muss sie mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten. Ist die Wahlbeteiligung niedrig, benötigen kleine Parteien weniger Stimmen, um die Marke zu knacken. Ähnlich verhält es sich mit ungültigen Stimmen. Denn obwohl die ungültigen Stimmen zur Wahlbeteiligung zählen, sind sie für die anschließende Berechnung der Sitzverteilung irrelevant. Hier werden nur die gültigen Stimmen miteinander verrechnet.
Ungültig ist eine Wahl dann, wenn
• kein amtlichen Stimmzettel verwendet wurde• der Stimmzettel für einen anderen Wahlkreis gültig ist
• wenn er mehr oder weniger Kreuze als gefordert sind, enthält
• auf den Stimmzettel geschrieben wurden
• Wahlvorschläge durchgestrichen wurden
Bei der Briefwahl gilt es zusätzlich zu beachten, den Stimmzettel im amtlichen Stimmzettelumschlag zu versenden. Dieser sollte so verschlossen werden, dass er vor den Blicken Dritter geschützt ist. Zudem darf er keine fühlbaren Gegenstände enthalten. Bei der Bundestagswahl 2017 waren 1,2 Prozent der Erststimmen (586.726) und 1,0 Prozent der Zweitstimmen (460.849) ungültig.
Wer im Übrigen trotz einer gültigen Wahl eine Partei gewählt hat, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, hat Pech: Da die jeweilige Partei nicht im Bundestag vertreten ist, ist auch die Stimme für die Sitzverteilung im Bundestag verloren. Hiervon profitieren jene Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde meistern konnten. Je größer eine Partei ist, umso mehr profitiert die Partei davon. Zwischen 1990 und 2017 gingen so in der Regel drei bis sechs Prozent der Stimmen verloren. Eine herausragende Ausnahme bildete dabei die Bundestagswahl 2013. Nachdem die FDP mit 4,8 Prozent und die AfD mit 4,7 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, gaben über sieben Millionen Wähler ihre Stimme an Parteien, die im Anschluss nicht im Bundestag vertreten waren.