Aus der Albertstraße in Regensburg und dem Bahnhofsareal sollte ein Verkehrsknotenpunkt mit einem zentralen Busbahnhof und Grünflächen zum Verweilen werden. Das Ergebnis spaltet aufgrund der aktuell chaotischen Verkehrslage allerdings die Gemüter.
Eine ewige Leidfrage der Stadt Regensburg und ihrer Bewohner: Das Bahnhofsareal und seine Gestaltung. Lange Zeit stand dort der Wirsing-Turm, dann folgte ein Streit um die Errichtung eines Kultur- und Kongresszentrums, wogegen sich die Bürger in einem Entscheid wehrten. Letztlich kam es zur finalen Entscheidung, aus der Albertstraße und dem Bahnhofsareal sollte ein Verkehrsknotenpunkt mit einem zentralen Busbahnhof und Grünflächen zum Verweilen werden. Ist das also das Ende der Geschichte? Nach den ersten Weichenstellungen für das Großprojekt zeigt sich: Man kann es nun mal nicht allen recht machen und ein Ende des Streits ist vorerst nicht in Sicht.
Vom ungeliebten Transitraum zur grünen Insel
„Erst Baustelle, dann Verbesserung“, das sei die Absicht des kepler+ Projektteams, das für die Neugestaltung des Bahnhofsareals zuständig ist. Eigentlich eine eindeutige Zusammenfassung für eine Großbaustelle, die momentan äußerst polarisiert. Bislang diente das Bahnhofsareal einem eher utilitaristischen Zweck, primär dem Hin- und wieder Wegkommen. Die Umgestaltung des Bereichs zwischen dem Regensburger Hauptbahnhof bis hin zur Maximiliansstraße steht nicht erst seit kurzem im Raum: Diverse Überlegungen und Initiativen wurden Jahre zuvor bekannt gemacht, einen besonderen Knackpunkt stellt die Bürgerbeteiligung „Stadtraum gemeinsam gestalten“ aus dem Jahr 2017 dar. Das Ergebnis: Der Traum von einem grünen Bahnhofsareal, das sich in den Alleengürtel einfügt, Parkmöglichkeiten für Autos und Fahrräder bietet und optimalerweise als Umschlagsort für den ÖPNV dienen soll.
Quo vadis, kepler+?
Nun, einige Zeit nach der Fertigstellung des Interims-Busbahnhofs, stehen viele Anwohner am Ernst-Reuter-Platz und wissen nicht so recht, wie die neue Verkehrsführung zwischen Bahnhof und Maximiliansstraße verlaufen soll. Kann man jetzt nicht mehr einfach nach dem Kreisverkehr rechts in Richtung Galgenbergbrücke abbiegen? Wie soll man stattdessen fahren? Die Stadt Regensburg hat zur Erklärung ein Fahrtdiagramm veröffentlicht, das Fahrtwege für Auto, Busse und Radfahrer aufzeigt, auch die neue Fußgängerzone ist eingezeichnet. Bei der Eröffnung des neuen Interims-Busbahnhofes wurde sogar eine abgetrennte Bushälfte als Info-Point für Fahrgäste des RVV platziert, damit jegliche Verwirrung gelöst werden sollte. Dennoch bleiben einige Fragen offen – Antworten darauf bietet Anette Menke aus der Presseabteilung der Stadt Regensburg.
Welches Feedback kam bislang zum neuen Interims-ZOB? Gibt es wiederkehrende Anmerkungen zur neuen Verkehrsführung am Ernst-Reuter-Platz – sowohl von Seiten der ÖPNV-Nutzenden als auch von Teilnehmenden des regulären Personenverkehrs?
Die mit der Inbetriebnahme des Interimsbusbahnhofs (IZOB) geänderte Verkehrsführung bedeutet für viele Bürgerinnen und Bürger eine Umstellung hinsichtlich ihrer Fahrgewohnheiten. Nach ersten Einschätzungen hat sich der ÖPNV-Betrieb im Bereich des Ernst-Reuter-Platzes gut eingespielt.
Die Rückfragen und Anmerkungen zur veränderten Verkehrsführungen für Autofahrer sind sehr individuell. Aber auch hier stellt sich eine Umgewöhnung der Gewohnheiten ein.
Welche konkreten Umfahrungsmöglichkeiten sind für den Ausweg vom Ernst-Reuter-Platz in Richtung Süden/Universität angedacht? Gab es unvorhergesehene Verkehrsfolgen wie Stauungen an bestimmten Stellen – oder läuft die Verkehrsführung wie vorhergesehen?
Prinzipiell können Autofahrer, die aus dem Petersweg kommen, über den Ernst-Reuter Platz in die Luitpoldstraße und von dort Richtung Süden fahren. Nutzer des Petersweg-Parkhauses können jedoch – je nach Fahrtziel – überlegen, ob das Parken in anderen Parkhäusern langfristig die bessere Alternative ist, wenn ein Umstieg auf den ÖPNV nicht möglich ist. Das Parkhaus Castra-Regina-Center, das Arcaden Parkhaus oder auch das Dallmeier Parkhaus bieten gute Möglichkeiten bereits im südlichen Bereich zu parken – der Fußweg ist nur unwesentlich länger von diesen Parkhäusern aus.
Durch den Entfall bisheriger Fahrbeziehungen kam es zu einer erwarteten Verlagerung der Verkehre. Die Auswirkungen werden fortlaufend beobachtet und gegebenenfalls Ampelschaltungen optimiert. Um ein abschließendes Urteil zu fällen, ist es aber noch zu früh.
Kann insbesondere der Feierabendverkehr aus der Innenstadt in Richtung Universität ordentlich durchlaufen?
Mittelfristig strebt die Stadt Regensburg an, mehr attraktive Alternativen zum Auto anzubieten, um in die Altstadt zu gelangen. Damit dies auch während der anstehenden Bauarbeiten vor dem Bahnhof möglich ist, wurden für die nächsten Jahre die Haltestellen in den Bereich des Interims-ZOB verlegt. Dies hat wiederum zur Folge, dass zwischen dem denkmalgeschützten Alleengürtel, dem Bahnhof und der Altstadt die vorhandene Verkehrsfläche für die Verkehrsarten des Umweltverbundes (ÖPNV, Radverkehr, Fußgängerverkehr) zur Verfügung gestellt werden müssen.
Durch die Bestandsstruktur der Altstadt kann der PKW-Verkehr in seinem jetzigen Ausmaß und mit gleichbleibender Qualität nicht bei gleichzeitiger Stärkung des ÖPNVs sowie des Fuß- und Radverkehrs beibehalten werden. Durch weitere Maßnahmen, zum Beispiel im aktuell laufenden Prozess „Verkehrsberuhigung Altstadt“, soll evaluiert werden, wie der nicht notwendige PKW-Verkehr aus dem Bereich der Altstadt verlagert werden kann und somit der verbleibende Verkehr wieder flüssiger gestaltet werden kann.
Uns erreichen immer mehr Berichte über Stauungen, insbesondere am „Nadelöhr“ Ägidienplatz bis hin zum Justizgebäude, sobald die Autos von Richtung Bismarckplatz/Altstadt kommen.
Eine Überstauung im Bereich des Ägidienplatzes resultiert in den Spitzenstunden aus dem erhöhten Stellplatzbedarf und Verkehrsaufkommen naheliegender Arbeitgeber. Zusätzlich nutzt derzeitig noch ein erheblicher Anteil innerstädtischer Pendler, die „vermeintliche Abkürzung und Ausweichroute“ über den Petersweg, Emmerams- und Ägidienplatz in Richtung Justizgebäude. Die Realität zeigt hierbei aber keine Zeitersparnis durch die bauliche Beschaffenheit der Verkehrswege für die Pendler.
In der Regel erkennen die Pendler dies meist schnell und ändern ihren Fahrweg. Dennoch prüft die Stadt Regensburg derzeitig im Bereich des Wiesmeierweges (Ägidienplatzes) und der Schottenstraße verkehrliche Verbesserungen und Maßnahmen.
Wird mit der Umleitung des Personenverkehrs beispielsweise auf die Sternbergstraße eine höhere Umweltbelastung durch längere Fahrtzeiten zu Gunsten des verkehrsberuhigten Bahnhofsareals in Kauf genommen?
In der Gesamtsicht verfolgt die Stadt Regensburg das Ziel einer Reduzierung der umweltschädlichen Einflüsse im Stadtgebiet, was nur durch eine Optimierung des ÖPNV- und Fahrradverkehrs möglich ist. Für den motorisierten Individualverkehr können dabei Umwege entstehen.
Man vergleicht hier einzelne Fahrbeziehungen, die durch die neuen Verkehrsbeziehungen etwas länger werden, mit einem grundsätzlich attraktiven ÖPNV. Um im Bild zu bleiben: Sollte durch die Verbesserungen der Bus- und Fahrradsituation im Bahnhofsumfeld eine Regensburgerin oder ein Regensburger auf eine Autofahrt verzichten und auf die umweltfreundlicheren Alternativen umsteigen, wiegt allein der Entfall dieser einen Fahrtstrecke mehrere der oben angesprochenen Umwege auf. Die Stadt Regensburg ist überzeugt, dass mittelfristig dieses Verhältnis deutlich zu Gunsten einer umweltfreundlichen Innenstadt umschlagen wird.
Gibt es Lösungsansätze für eine Entzerrung der entstandenen Verkehrsprobleme, beispielsweise im Hinblick auf Zufahrtsprobleme auf die Galgenbergstraße vom Ernst-Reuter-Platz aus? Ist eine Anpassung der Verkehrskonzepte in Hinblick auf neu entstandene Problemlagen absehbar?
Wie zuvor erörtert, muss aufgrund der Flächenverfügbarkeit der in den letzten Jahrzehnten priorisierte PKW-Verkehr im Rahmen der Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes etwas von seinen Räumen abgeben. Diese Umverteilung führt zu der gewollten Stärkung der umweltfreundlichen Alternativen. Wir können verstehen, dass die Umgewöhnung und die entstandenen Umwege und Verzögerungen für Unmut sorgen. Die Altstadt ist aber nach wie vor aus allen Himmelsrichtungen gut erreichbar.
Lediglich eine Momentaufnahme?
Letzen Endes stellt der Interims-ZOB und zum Teil auch die damit einhergehenden Schwierigkeiten eben das dar, was sich bereits im Namen versteckt: Einen Zwischenstand, der auf lange Sicht einer neuen, optimierten Stadtanlage weichen soll. Dass dabei nicht alle Seiten glücklich gemacht werden können, war für die Stadt Regensburg absehbar – was durchaus seine Berechtigung findet, solange sie die Wünsche nach einer Qualitätserhöhung des öffentlichen Raumes auch erfüllen will. Wie schnell eine Umgewöhnung der Gewohnheiten von Seiten der Autofahrer und Pendler eintritt, bleibt dabei allerdings genauso abzuwarten, wie ein möglicher Umstieg der betroffenen Verkehrsteilnehmer auf den ÖPNV.
RNRed