Die Crew der SEA-EYE 4 hat in zwei Tagen bei vier Einsätzen 492 Menschen aus der Seenot geborgen. Nachdem zuletzt ein sinkendes Schlauchboot gerettet werden konnte, befindet sich die SEA-EYE 4 nun auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Einige der Geretteten litten unter anderem an Verätzungen.
In den vergangenen Tagen kam es im Mittelmehr zu mehreren Rettungseinsätzen, bei denen die Crew an Board der SEA-EYE 4 492 Menschen aus der Seenot rettete. Zunächst wurden am Montagnachmittag, dem 13. Juni, mehrere Menschen von einem Schlauchboot geborgen. Danach kam es am Mittwochmorgen und -nachmittag, dem 15. Juni, zu drei weiteren Einsätzen, von denen einer in Kooperation mit einer spanischen Rettungsgruppe geschah und von der sogenannten lybischen Küstenwache gestört wurde. Viele der Geretteten leiden an Verätzungen, Unterkühlung, Dehydrierung und schwerer Erschöpfung.
290 Menschen von Holzboot gerettet
Am vergangenen Montagnachmittag, dem 13. Juni, kam das Rettungsschiff 63 Menschen, darunter 30 Minderjährige und ein Baby, zur Hilfe, als diese mit ihrem Schlauchboot auf der Flucht über das Mittelmeer in Seenot geraten waren. Am heutigen Mittwochmorgen, dem 15 Juni, erreichte die Crew ein großes, stark überfülltes Holzboot. Viele der Insassen waren unter Deck zusammengedrängt. Die Crew evakuierte das Holzboot und brachte alle 290 Menschen, darunter 19 Minderjährige, sicher an Bord der SEA-EYE 4. Am Mittwochnachmittag fand die Crew ein weiteres Schlauchboot und rettete 63 Menschen, darunter 13 Minderjährige.
Über 100 Menschen in Seenot – Großteil unfreiwillig zurückgeführt
Am Mittwochmorgen, dem 15. Juni, erreichte das spanische Rettungsschiff AITA MARI unweit der Position der SEA-EYE 4 einen Seenotfall mit über 100 Menschen, die sich in einem überfüllten Schlauchboot auf der Flucht befanden. Der Einsatz wurde jedoch von der sogenannten libyschen Küstenwache gestört. 17 Menschen, die ins Wasser gesprungen waren, konnten von der Crew der AITA MARI gerettet werden. Die auf dem Schlauchboot verbliebenen Menschen wurden von der sogenannten libyschen Küstenwache auf deren Schiff gezwungen und gegen ihren Willen zurück nach Libyen entführt.
Während der Rettung am Mittwochmorgen war die sogenannte libysche Küstenwache zugegen und beobachtete den Rettungseinsatz. Als dieser abgeschlossen war, näherte sich die sogenannte libysche Küstenwache und schleppte das Holzboot ab.
Verbindungen zwischen lybischer Küstenwache und Schleppern?
„Heute mussten wir erneut beobachten, wie gefährlich die sogenannte libysche Küstenwache agiert. Von den EU-Staaten finanziert, verschleppt die sogenannte libysche Küstenwache flüchtende Menschen in ein Bürgerkriegsland, wo sie schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.“, kritisiert Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V., das Vorgehen der EU und der Küstenwache. Es sei hinlänglich bekannt, dass es Verbindungen zwischen der sogenannten libyschen Küstenwache und den Schleppern gebe.
Vor dem Hintergrund allen Wissens über die sogenannte libysche Küstenwache sei es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, mit so gefährlichen Akteuren zu kooperieren. „Deshalb hat die EU den Friedensnobelpreis genauso wenig verdient wie diese Milizen die Bezeichnung Küstenwache. Jede Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache muss von europäischer Seite endlich eingestellt werden“, argumentiert Isler.
Sea-Eye Crew verhindert schweres Bootsunglück in der Nacht
Nachdem die SEA-EYE 4 bereits in drei Rettungseinsätzen 416 Menschen gerettet hatte, wurde dem Rettungsschiff am Mittwochabend, dem 15. Juni, erneut ein Seenotfall gemeldet. Die Organisation „Alarm Phone“ berichtete den Behörden bereits im ersten Notruf, dass das Schlauchboot beschädigt sei, Wasser eindränge und die Menschen um Hilfe riefen. Als die SEA-EYE 4 den Unglücksort erreichte, war in den Schläuchen kaum noch Luft. Mit Lichtern versuchten die Menschen bei Nacht auf sich aufmerksam zu machen.
„Die Menschen hatten großes Glück, dass die SEA-EYE 4 zum Zeitpunkt des Notrufs weniger als drei Stunden entfernt war und dass sie bei Nacht noch rechtzeitig gefunden worden sind“, sagt Gorden Isler. Der schwierige Rettungseinsatz zog sich bis Mitternacht hin. Die Einsatzboote brachten 76 Menschen auf die SEA-EYE 4.
Verätzungen durch Bootskraftstoff
Sehr viele der in der Nacht geretteten Menschen, haben Verätzungen und müssen deshalb im Bordhospital der SEA-EYE 4 behandelt werden. Denn wenn in den Schlauchbooten Kraftstoff ausläuft und sich mit Meerwasser mischt, entsteht ein chemisches Gemisch, das die Haut sehr stark verätzt. Die Geretteten leiden außerdem an Unterkühlung, Dehydrierung und schwerer Erschöpfung.
SEA-EYE 4 auf Suche nach sicherem Hafen
Die SEA-EYE 4 ist nun mit 492 geretteten Menschen auf der Suche nach einem sicheren Hafen: „Die zivilen Hilfsorganisationen Sea-Eye und Alarm Phone haben heute Nacht ein schweres Unglück verhindert. Von staatlichen Akteuren gab es erneut keine Reaktionen. Die sogenannte libysche Küstenwache reagierte überhaupt nicht und das ist kein Einzelfall. Genau deshalb sind nun erneut so viele Überlebende auf der SEA-EYE 4, für die wir nun ganz dringend einen sicheren Ort zur Ausschiffung benötigen“, so Isler. Dieser Ort könne nach internationalem Recht nur in Europa liegen.
SEA-EYE e.V./RNRed