Lohn-Prellerei aufgedeckt: Das Hauptzollamt Regensburg hat 2021 70 Verfahren gegen Unternehmen in der Region eingeleitet, weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden. Dabei verhängten die Beamten:innen Strafen in Höhe von rund 572.000 Euro, so die IG Bauen-Agrar-Umwelt.
Mehrere Unternehmen im Bearbeitungsgebiet des Hauptzollamts Regensburg sollen den Mindestlohn unterschritten, verspätet oder gar nicht gezahlt haben und so Löhne geprellt haben, teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit. Es sollen Strafen in Höhe von rund 572.000 Euro verhängt worden sein, so die Gewerkschaft. Sie beruft sich dabei auf eine Erhebung des Bundesfinanzministeriums für den Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD), der auch Mitglied im Finanzausschuss des Parlaments ist. Demnach entfielen zwanzig Ordnungswidrigkeitsverfahren auf Baufirmen in der Region, gegen die Geldbußen von 256.000 Euro verhängt wurden.
„Risiko für schwarze Schafe zu gering“
„Die Zahlen zeigen, dass es viele Arbeitgeber mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Der Zoll sollte daher auch in Regensburg noch mehr Präsenz zeigen. Das Risiko für schwarze Schafe, bei einer Kontrolle erwischt zu werden, ist noch immer zu gering“, sagt Manfred Götz. Der stellvertretende IG BAU-Bezirksvorsitzende verweist darauf, dass die Arbeit, die auf die Zolleinheit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zukommt, mehr werde.
Mindestlohnerhöhung müsste weitergegeben werden
Denn mit der geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde stiegen ab Oktober auch die Einkommen Tausender Menschen allein in Regensburg. „Der Staat muss dann sicherstellen, dass die Beschäftigten den höheren Mindestlohn auch wirklich bekommen. Die wichtige und überfällige Erhöhung des unteren Lohnsockels darf nicht nur auf dem Papier gelten“, so der stellvertretende Vorsitzende der IG BAU Oberpfalz.
Zusätzliches Personal gegen „Placebo-Kontrollen“
Der Gewerkschafter warnt vor bloßen „Placebo-Kontrollen“, sollte das Hauptzollamt Regensburg die Arbeitgeber-Prüfungen nicht deutlich ausweiten. „Entscheidend ist, dass die FKS zusätzliches Personal bekommt. Das Bundesfinanzministerium als oberster Dienstherr der Zollverwaltung muss sich mit Hochdruck um neue Kontrolleure kümmern.“
Funktioniert die Zuständigkeitsverteilung?
Kritik übt die IG BAU zudem an einem „staatlichen Zuständigkeits-Wirrwarr“. So hätten die Arbeitsschutzbehörden beispielsweise die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter im Blick. Allerdings fehle es in den Ämtern ebenfalls an Personal – obwohl sie in der Pandemie zusätzliche Aufgaben wie die Kontrolle der Corona-Vorschriften am Arbeitsplatz bekommen hätten.
Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. „In der Praxis wäre eine staatliche Arbeitsinspektion aus einer Hand sinnvoller. Als übergeordnete Behörde könnte sie für die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und Sozialvorschriften Sorge tragen“, so Götz.
Mehr als tausend Strafverfahren nach Kontrollen
Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums kontrollierte das Hauptzollamt Regensburg im vergangenen Jahr insgesamt 1.124 Unternehmen in der Region – 277 davon aus der Baubranche. Im Fokus der Fahnderinnen und Fahnder standen neben Lohn-Tricksereien insbesondere auch Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Steuerbetrug: Insgesamt leiteten die Regensburger Zöllner hier 1.772 Strafverfahren ein.
IG BAU/RNRed