Der Dachverband der Bayerischen Träger für Kindertagesstätten und der Deutsche Kitaverband beziehen gemeinsam Position: Der „eklatante“ Fachkräftemangel in den bayerischen Kitas müsse wirksam bekämpft werden, fordern die beiden Verbände und setzen sich für nötige Maßnahmen ein.
In einem gemeinsamen Statement beziehen der Dachverband der Bayerischen Träger für Kindertagesstätten (DBTK) und der Deutsche Kitaverband gemeinsam Position zum akuten Fachkräftemangel innerhalb ihrer Branche. Die derzeitige Situation würde Kita-Teams an die Belastungsgrenze bringen, sodass auch die Qualität der Betreuung darunter leiden könne. Zur Bekämpfung nehmen der Dachverband der Bayerischen Träger für Kindertagesstätten und der Deutsche Kitaverband mehrere Gebiete ins Visier, in denen man Maßnahmen durchsetzen müsste: Von der Verbesserung des Personal- und Fachkraftschlüssels bis hin zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.
1.000 Fachkräfte fehlen – Tendenz steigend?
Derzeit würden im Freistaat etwa 6.000 Fachkräfte in Vollzeit fehlen, so die Einschätzung des Dachverbandes der Bayerischen Träger für Kindertagesstätten und des Deutschen Kitaverbands. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) geht derzeit davon aus, dass bis zum Jahr 2025 rund 19.400 Fachkräfte fehlen werden. Die Arbeitskräftelücke könnte laut Bertelsmann Stiftung bis 2030 – dem Jahr, in dem die „Babyboomer“ in Rente gehen – auf bis zu 45.600 fehlende Fachkräfte anwachsen, führen die beiden Verbände weiter an.
„Jede zehnte Stelle ist nicht besetzt“
„Die Lage hat sich durch Corona und aktuell durch den Zuzug geflüchteter Kinder aus der Ukraine weiter verschärft und die Zeit drängt. Allein in München sind derzeit mindestens 200 Kitas von Gruppenschließungen betroffen. Dort fehlen in den 450 städtischen Kindertageseinrichtungen über 350 pädagogische Fachkräfte. Anders ausgedrückt: Jede zehnte Stelle ist nicht besetzt.“, argumentieren die Verbände in ihrem Statement zur aktuellen Situation. Sobald eine Kita schließe, seien die Auswirkungen für alle Beteiligten deutlich spürbar: Träger könnten den Familien nicht ausreichend Kitaplätze zur Verfügung stellen, beschreiben die Verbände die akute Lage. Die Kita-Teams würden an der Belastungsgrenze arbeiten und es würden Beeinträchtigungen der Kita-Qualität drohen.
Für mehr Vielfalt in den Kita-Teams
Der Deutsche Kitaverband und der DBTK fordern für die Träger mehr Flexibilität bei der Stellenbesetzung: „Kita-Teams müssen vielfältiger werden – zum Beispiel verstärkt durch pädagogisch weitergebildete Direkteinsteiger*innen aus anderen Berufsfeldern, ähnlich wie die Fachkräfte mit besonderer Qualifikation.“ Das habe den pädagogischen Vorteil, dass sie die Themenvielfalt der Gesellschaft in die Kitas tragen würden und den Kindern zusätzliche Wissensgebiete erschließen könnten.
Gleichzeitig erweitere es die Möglichkeiten bei der Personalsuche. „Vorstellbar ist, zehn bis 20 Prozent der Stellen in einer Kita auf diese Weise zu besetzen – bei Anrechnung auf den Fachkraftschlüssel. Zu einem multidisziplinären Team gehören für uns darüber hinaus kaufmännische Kräfte. Heute erledigen Erzieher*innen auch die Verwaltungsaufgaben mit. Davon sollten wir sie entlasten.“, so der DBTK und der Deutsche Kitaverband weiter.
Forderung nach Einbindung von „Ungelernten“
Um bei der aktuellen Situation des Fachkräftemangels die Ausstattung der Kitas zu bewältigen, benötigen die Träger laut den beiden Verbänden Spielräume für den Einsatz von aus ihrer Sicht geeignetem Personal. „Der seit der Corona-Pandemie erlaubte Einsatz von Nichtfachkräften beispielsweise in Baden-Württemberg führte zu Erkenntnissen im Einsatz dieser Personen, die als ‚helfende Hände‘ zur Unterstützung der Fachkräfte oder zur Begleitung von Inklusionsprozessen eingesetzt wurden“, erklären der DBTK und der Deutsche Kitaverband.
Ein erfreulicher Begleitaspekt sei hierbei gewesen, dass sich ein hoher Prozentsatz dieser zunächst als Aushilfen gewonnenen Menschen zu einer Ausbildung entschlossen habe. „Wenn die Fortführung der Arbeitsverhältnisse mit den ‚Ungelernten‘ langfristig möglich sein wird, kann sie ein fester Aspekt für die Gewinnung einer ausreichenden Zahl von Mitarbeiter*innen in den Kitas werden. Dafür sind entsprechende Qualifizierungsbausteine zu entwickeln“, so die Forderung im Statement.
Wie kommt man an mehr Arbeitskräfte?
Ein weiterer Vorschlag des Deutschen Kitaverbands und des DBTK zur Lösung des Fachkräftemangels bezieht sich auf eine schnellere und unbürokratischere Anerkennung von inländischen sowie ausländischen Fachkräften. Dazu müssten die Voraussetzungen bundesweit vereinheitlicht werden. „Fachkräfte, die in einem Bundesland anerkannt sind, müssen in Zukunft ohne Nachprüfung auch in allen anderen Bundesländern anerkannt sein. Eine ähnliche Vereinfachung können wir uns auch für pädagogische Kräfte vorstellen, die im EU-Ausland eine Berechtigung zur Arbeit als Fachkraft in der Kindertagesbetreuung erwarben. Für Nicht-EU-Abschlüsse fordern wir: Ein Antrag auf Anerkennung muss innerhalb von vier Wochen bearbeitet sein“, argumentieren die Verbände in ihren Forderungen.
Gleichzeitig fordern der DBTK und der Deutsche Kitaverband mehr Akademikerinnen in der Kindertagesbetreuung. „Bislang können sie nicht entsprechend ihrer Qualifikation bezahlt werden, dadurch wandern studierte Kindheitspädagoginnen in andere Tätigkeitsfelder ab. Das sollte künftig unbedingt verhindert werden“, erläutern die Verbände ihre Position.
Kinderbetreuung: Mehr als rein pädagogische Arbeit
Eine gute Kinderbetreuung zeichnet sich nicht nur durch die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern aus, erklären die Verbände. Genauso wichtig sei die konzeptionelle Arbeit von Kita-Träger und -Leitung, Vor- und Nachbereitungszeiten für die Erzieher*innen sowie der professionelle Austausch und Beratung der Fachkräfte. Die Kita-Leitungen würden daher im Personalschlüssel berücksichtigte Zeitkontingente nicht nur für die pädagogische Arbeit brauchen, sondern zusätzlich auch für Leitungsaufgaben wie Personalführung, konzeptionelle Arbeit, Elternarbeit und allgemeine Managementaufgaben. „Der Anspruch auf pädagogische Fachberatung für die Kita-Teams muss in allen Kitagesetzen verankert und mit konkreten Zeitkontingenten definiert werden“, lautet die abschließende Forderung des DBTK und des Deutschen Kitaverbands.
Dachverband Bayerischer Träger für Kindertageseinrichtungen e.V., Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V./RNRed