Immer mehr Leiter und Sprecher bayerischer Betriebe und Unternehmen melden sich zu Wort und warnen vor einer Insolvenzwelle in den kommenden Monaten. Die Inflationswelle in Verbindung mit den bereits jetzt stark gestiegenen Energiekosten und den unter Druck stehenden Lieferketten könnte viele härter treffen als bisher angenommen.
Die Energiekrise erfasst die niederbayerische Wirtschaft in ihrer Gesamtheit und stürzt die Unternehmen laut einer Mitteilung der Industrie- und Handelskammer Niederbayern bereits aktuell in teils existenzielle Probleme. Die Industrie- und Handelskammer Niederbayern führt konkrete Problemfelder an und fordert die Politik auf entschlossen und schnell zu handeln.
Wohlstand der Region steht auf dem Spiel
„Die Energiekrise ist in der Breite der Wirtschaft angekommen. Unternehmerexistenzen werden zerstört, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, wirtschaftliche Wertschöpfung und Wohlstand in unserer Region gehen verloren“, sagt Niederbayerns IHK-Präsident Thomas Leebmann. Er kritisiert: „Diese Realität wird von der Politik ausgeblendet.“ Niederbayerns Unternehmen kritisieren die Bundespolitik deutlich: „Als Unternehmen der energieintensiven Industrie ist für uns die Frage der Energieversorgung ein existenzielles Thema. Wenn man direkt erfahren muss, wie aufwändig, zeit- und kostenintensiv es ist, im eigenen Betrieb auf selbst erzeugte, regenerative Energie zu setzen, dann erzeugt das viel Unverständnis und Frustration“, sagt Claus Girnghuber, Vizepräsident der IHK und Unternehmer aus Marklkofen. Girnghuber ist ein Verbundunternehmen der Baustoff-Herstellung mit Ziegelei mit knapp 900 Mitarbeitern und rund 150 Millionen Euro Jahresumsatz. Das Unternehmen produziert Mauerziegel, Dachziegel und Klinker. Die einengenden Vorschriften und überbürokratisierten Verfahren hätten dafür gesorgt, dass Unternehmen jetzt den extrem gestiegenen Energiepreisen nichts entgegensetzen könnten.
Beschlossene Hilfen kommen nicht an
„Wir müssen gar nicht auf die mangelnde Versorgungssicherheit bei Strom und Gas im kommenden Winter schauen - für Teile der energieintensiven Industrie geht allein durch die Preisentwicklung im Wortsinn schon jetzt der Ofen aus“, so Girnghuber. Er kritisiert: „Die von der Politik beschlossenen Entlastungen kommen bei den Unternehmen nicht an. Denn vor der Beantragung stehen so hohe Hürden und wieder so viel Bürokratie, dass diese Hilfen für die Wirtschaft nicht nutzbar sind.“
Die Sennebogen Maschinenfabrik GmbH ist ein aus Niederbayern stammendes Maschinenbau-Unternehmen mit rund 1.600 Mitarbeitern weltweit und mehr als 420 Millionen Euro Umsatzerlös. Auch Sennebogen spürt die Dramatik der aktuellen Lage: „Die aktuellen Preissteigerungen für Energie haben ein dermaßen extremes Niveau erreicht, dass sie ein kleines oder mittleres Unternehmen schnell in die Knie zwingen“, sagt Geschäftsführer Erich Sennebogen. Sein Unternehmen erlebe das beispielsweise bereits sehr konkret im Bereich der Zulieferer. „Hier kommt es aktuell zu Produktionsausfällen bis hin zu Unternehmensaufgaben“, so Sennebogen. Über die ohnehin schon stark belasteten Liefer- und Produktionsketten fresse sich dieser Prozess durch die gesamte Wirtschaft. „Die Folge ist eine Insolvenzwelle, deren Beginn wir schon heute sehen“, fürchtet er. Er fordert „effektive Maßnahmen statt beruhigender Worte“.
„Entschlossenes Handeln“ gefordert
Die IHK Niederbayern kennt mittlerweile viele solcher Beispiele: „Nach Einschätzung unserer Betriebe bewegen wir uns in eine nie dagewesene Krise“, weiß Kammerpräsident Leebmann. Notwendig sei nun „entschlossenes Handeln“, um die wirtschaftliche Basis zu erhalten. Konkret fordern die Unternehmen schnelle und wirksame Entscheidungen in der Energiepolitik, die die Preisentwicklung abbremsen und die Versorgungssicherheit erhalten. Außerdem erwarten die Betriebe mehr Planungssicherheit.
obx-News / RNRed