Im Rahmen einer internationalen Aktion hat die Regensburger Ortsgruppe von „End Fossil“ den Hörsaal H2 der Regensburger Universität besetzt. Die Klima-Aktivist:innen werden die nächsten zwei Nächte dort verbringen und haben diverse Forderungen an Bundesregierung und Verantwortliche aufgestellt.
„End Fossil Regensburg“ lautet der Name des Bündnisses aus verschiedenen aktivistischen Gruppierungen, das am heutigen Mittwoch, dem 09. November, um 09.45 Uhr die Besetzung des Hörsaals H2 an der Regensburger Universität verkündet hat. Die Gruppierung will auf Missstände in der Klimapolitik der Bundesregierung sowie auf internationalem Level aufmerksam machen und wird nach Ende der Besetzung am Freitag, dem 11. November, nach München zum Generalstreik von Fridays for Future und am Samstag, dem 12. November, zum nordrheinwestfälischen Lützerath weiterreisen.
Besetzung auf zwei Tage angelegt
Parallel zu weiteren weltweiten Protesten und Hörsaalbesetzungen, die auf die Klimakrise aufmerksam machen wollen, hat End Fossil die UN-Klimakonferenz COP27 zum Anlass genommen, ihre Forderungen an der Universität Regensburg zu verkünden. Hierfür wurde die Vorlesung von Professor Dr. Alexander Straßner im Fach der Politikwissenschaft abgebrochen. Der Hörsaal bleibt die kommenden zwei Tage besetzt, die Aktivist:innen haben ein Programm mit Workshops und anderen Aktivitäten geplant.
Aktivist:innen unterbrechen Vorlesung
Der Start der Besetzung wurde während der „Einführung in die Politikwissenschaft“, einer Vorlesung gehalten von Professor Alexander Straßner, verkündet. Auf Nachfrage bestätigt Straßner, nichts von der Besetzung gewusst zu haben. Der Lehrbeauftragte hob jedoch hervor, dass es keinerlei negative Ereignisse im Rahmen der Aktion gegeben hätte. Bereits während der Vorlesung wurde über die anhaltenden Protestaktionen durch Gruppierungen wie „Letzte Generation“ diskutiert. Gegen Ende der eineinhalbstündigen Vorlesung wurde die Hörsaalbesetzung durch eine Aktivistin per Megafon verkündet und die universitäre Veranstaltung abgebrochen.
Forderungen für das Ende fossiler Energieträger
Die Forderungen von End Fossil wurden mündlich verkündet, auf Flyern abgedruckt und verteilt sowie als Plakate und Banner im Hörsaal aufgehängt. Hierzu gehören unter anderem: Die Vergesellschaftung der Energieproduktion, eine Übergewinnsteuer für Energieträger, eine Verkehrswende und die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets, die finanzielle Entschädigung der Länder im globalen Süden, Lohnerhöhungen, die Deckelung der Energiepreise. In Vorträgen und Workshops soll sich in den kommenden zwei Tagen weiter mit den Forderungen beschäftigt werden und die Wirkung der Besetzung vergrößert werden. Die Aktivist:innen hoffen auf Besucher:innen, die sich mit den Zielen von End Fossil befassen und sprechen eine ausdrückliche Einladung zu allen Events im Rahmen der Hörsaalbesetzung aus.
„Protest zurück in die Unis und Schulen bringen“
Die Hörsaalbesetzung hat laut den Aktivist:innen das Ziel, den anhaltenden Protest der letzten Jahre in Bezug auf die Klimakrise, von der Straße zurück in die Hörsäle zu tragen. Die Absicht dahinter erklärt Aktivist Loras im Gespräch: „Wir wollen den Protest zurück in die Unis und Schulen bringen, weil wir damit mehr Leute erreichen. Und natürlich auch mit dem Wissen, dass wir aktiv den Alltag stören. Das heißt für uns zu zeigen, dass eben nicht alles in Ordnung ist und wir nicht jeden Tag normal studieren können, sondern dafür kämpfen müssen, dass unsere Bundesregierung und alle Regierungen der Welt gegen die Klimakrise vorgehen.“
Klimaprotest an Unis – ziviler Ungehorsam in der Filterblase?
Mit der Frage konfrontiert, ob die Universität nicht ohnehin ein sensibilisierter Raum sei und ein derartiger Protest nicht an Menschen herangetragen werden sollte, die sich weniger mit der Problematik der Klimakrise beschäftigen, antwortet der Pressesprecher: „Das ist natürlich ein sehr guter Ansatz. Es ist wichtig, nicht nur für Studierende da zu sein, sondern für alle Berufsgruppen und Altersgruppen da zu sein. Wir sind alle Studierende, also hat es für uns Sinn ergeben, einen Ort, an dem wir jeden Tag sind, weiter zu politisieren.“ Trotz den höheren Levels der Sensibilisierung an den Universitäten reiche der Ist-Zustand jedoch noch nicht aus, führt Loras als Pressesprecher von End Fossil aus.
Der Sinn sei daher, auch im Rahmen der Universität, weiter Möglichkeiten zur Weiterbildung anzubieten: Aus diesem Grund würde man auch Workshops und Vorträge während der Besetzung anbieten, um an dieser Stelle Bildungsarbeit zu leisten, so End Fossil.
Protestaktionen: Heiligt der Zweck die Mittel?
In der gesellschaftlichen Diskussion rund um Protestaktionen wie Hörsaalbesetzungen oder Straßenblockaden wird oft kritisiert, dass Unbeteiligte in die Mitleidenschaft der Folgen zivilen Ungehorsams gezogen würden. Auch in Regensburg könnte dies der Fall sein, wenn Studierende und Verwaltung aufgrund der Besetzung des H2 beeinträchtigt werden. Darauf entgegnet Loras für End Fossil, dass es ein Fehler sei, wenn die Bevölkerung durch solche Aktionen in Mitleidenschaft gezogen würde. Auch End Fossil möchte weder der Universität noch ihren Studierenden schaden. „Dennoch ist ziviler Ungehorsam ein legitimes Protestmittel. Wenn wir ehrlich sind, ist das nichts im Vergleich zur Klimakrise, wenn wir zwei Tage lang Vorlesungen hier blockieren“, argumentiert der Pressesprecher weiter.
Wie soll es weitergehen?
Die Besetzung wird voraussichtlich bis Freitag, den 11. November, anhalten. Die Aktivist:innen haben angekündigt, die kommenden zwei Nächte im Hörsaal zu verbringen. Ebenso wurde ein Besuch des Universitätspräsidenten Udo Hebel angekündigt, der mit den Aktivist:innen in den Dialog treten möchte.
Während die Polizeiinspektion Regensburg Süd auch auf Nachfrage bestätigt, dass die Besetzung des Hörsaals durch die Leitung der Universität genehmigt wurde, gibt End Fossil an, weder Ort noch Zeitpunkt der Besetzung angekündigt zu haben und keine offizielle Genehmigung seitens der Universität im Vorfeld erhalten zu haben. Trotz der unterschiedlichen Narrative gehen weder die Aktivist:innen noch die Polizeiinspektion Regensburg davon aus, dass es während der Besetzung zu keinem Polizeieinsatz oder anderweitigen Konflikten kommen wird.
Nicole Michalak/RNRed