Künstliche Intelligenz. Kaum ein Begriff aus der Wissenschaft polarisiert so stark wie „KI“ – und kaum einer hat unsere Fantasie von Anfang an so beflügelt. Der aktuelle Hype um Programme wie ChatGPT weckt Hoffnungen, aber auch alte Feindbilder. Experten der OTH Regensburg ordnen unsere Hoffnungen und Ängste für uns ein.
Vom Terminator über Kubricks „HAL 9000“ bis zu Disney‘s® WALL·E: Künstliche Intelligenzen werden Weltherrscher oder Sinnstifter und sind Menschen aus Fleisch und Blut dabei immer weit überlegen. 2023 sind Künstliche Intelligenzen von solchen Allmachtsfantasien noch weit entfernt: Sie mähen unseren Rasen, überwachen die Produktion und planen unsere Freizeit. Seit einer Weile malen KIs sogar Bilder, machen Hausaufgaben oder fahren Autos. „Künstliche Intelligenz“ ist längst in unserem Alltag angekommen und unser Verständnis von Bildung, Arbeit und Kreativität wird sich verändern müssen.
Untergangsszenarien betreffen daher eher Berufe, die fürchten durch ChatGPT und Co. überflüssig gemacht zu werden oder Eltern, die befürchten, dass ihre Kinder ihr Gehirn nie wieder selbst anstrengen müssen. Kaum ein Tag vergeht, ohne eine neue Schlagzeile – positiv wie negativ. Zwei ausgezeichnete Experten auf dem Gebiet der KI helfen uns, den aktuellen Hype um neue Programme, Apps und die Hoffnungen und Ängste der Zukunft einzuordnen: Prof. Dr. Wolfgang Mauerer und Prof. Dr. Karsten Weber vom Regensburg Center for Artificial Intelligence (RCAI).
Prof. Dr. Wolfgang Mauerer (Mitte) ist Vorsitzender Direktor des Regensburg Center for Artificial Intelligence (RCAI). Das RCAI hat bereits einigen Regensburger Unternehmen geholfen, KI nutzen zu können. (Bild: Michael Hitzek)
Das K in KI steht für klug.
Wer über Künstliche Intelligenz reden möchte, muss Künstliche Intelligenz definieren. Hollywood hat unsere Erwartungshaltung an den Begriff so stark überhöht, dass es heute fast unmöglich ist, bei null anzufangen. Dabei stolpern auch Experten über den Begriff Intelligenz: Prof. Dr. Wolfgang Mauerer ist Leiter des RCAI und trotz der Benennung seiner Arbeitsstelle wenig begeistert von Buzzwords: „Ich mag den Begriff Künstliche Intelligenz ohnehin nicht sonderlich, da mir dabei die technischen und sozialen Aspekte zu sehr vermengt werden“, sagt der Experte. Was wäre aber eine bessere Definition? „KI-Systeme sind Computer-Systeme, die in engen Anwendungsbereichen Leistungen vollbringen, wie wir sie von Menschen – oder anderen intelligenten Lebewesen – erwarten würden. Zum Beispiel Mustererkennung, Sprachübersetzung und Ähnliches“ erklärt Prof. Dr. Karsten Weber. Auch er hält von der Diskussion um den Begriff wenig: „Etwas überspitzt könnte man sagen, dass alles, was uns den Eindruck vermittelt, flexibel auf Umweltreize reagieren zu können, eine KI ist.“
Der Ursprung Künstlicher Intelligenz: Was ist „Machine Learning“?
Beide Professoren sprechen sich dafür aus, dem metaphorischen Baum der Künstlichen Intelligenz einen anderen Namen zu geben: „Machine Learning“. Ein System, das auf Machine Learning zurückgreifen kann, ist in der Lage, Datenbanken zu analysieren, Muster zu erkennen und diese zu nutzen. So kann das System in einem abgesteckten Rahmen selbstständig Lösungen entwickeln. „Je nachdem, wie man fragt, wird man feststellen, dass es keinen Unterschied zwischen einem Programm und einer KI gibt. KIs sind Computerprogramme, aber nicht jedes Computerprogramm ist eine KI“, erklärt Prof. Weber und macht damit deutlich warum der Begriff KI nicht gerade glücklich gewählt wurde. Prof. Mauerer sieht den Begriff kritisch, weiß jedoch auch: „Am Ende des Tages ist es egal, wie man das Kind nennt.“ Wichtig sei, Verständnis zu entwickeln. Dabei müsse man bei der Bevölkerung bei den Grundlagen ansetzen. „Die eigentlich gar nicht so kompliziert und seit Jahrzehnten bekannt sind“, beschwichtigt der Professor.
Prof. Dr. Karsten Weber ist Leiter des 2018 neu gegründeten Instituts für Technikfolgenabschätzung und angewandte Ethik. Hier erforscht er unter anderem wie KI in der Pflege eingesetzt werden kann. (Bild: Florian Hammerich)
Warum Machine Learning nicht die Antwort ist
Zurück zu den Grundlagen also. Maschinelles Lernen ist beeindruckend, weil seine Fähigkeit Informationen zu erfassen und zu verarbeiten, die eines Menschen sowohl in der Genauigkeit als auch in der Geschwindigkeit übersteigt – insofern die vorhandene Datenbank groß und genau genug ist. Der Begriff maschinelles Lernen sei für Prof. Mauerer auch passender, weil es für ihn besser umfasse, wie KI bereits für uns arbeite: Durch das Nachvollziehen von Mustern und das Auswerten von Daten. Ein „Problem“ ist jedoch, dass die Systeme in ihrer Arbeit und der Präzision ihrer Ergebnisse durch die Größe und Korrektheit der zugrunde liegenden Datenbanken abhängig sind – diese ist in der Regel von Menschen kuratiert. Nehmen wir zum Beispiel eine KI, die für Biologen Vögel durch Bildanalyse automatisch erkennen soll: Die Kriterien, nach denen die KI Vögel unterscheidet, wurden ihr von „uns“ beigebracht. Haben „wir“ einen Fehler gemacht und eine Federfarbe falsch zugeordnet, wird die KI mit diesen falschen Vorgaben arbeiten.
„Deep Learning“ – Wenn Programme lernen „selbst“ zu denken
„Abhilfe“ schafft hier eine Weiterentwicklung des maschinellen Lernens: Deep Learning. Der gravierende Unterschied zu maschinellem Lernen ist, dass die Maschine ihren Lernprozess und den Weg zum Ergebnis selbst ebnet. Das System braucht nur einige grundsätzliche Regeln und kann seine Datenbank und damit sein Wissen verbessern. Stark vereinfacht: Stehen der KI genug Bilder zur Verfügung, wird sie sich die unterschiedlichen Charakteristika der Vögel selbst erarbeiten. Eines der beeindruckendsten Beispiele für tiefes Lernen sehen wir in Form des – in seinen Grundfunktionen – frei zugänglichen Programms „ChatGPT“ der amerikanischen Firma OpenAI. Diese KI macht sich eine riesige Datenbank zunutze und lernt mit der Zeit, immer ausführlichere Ergebnisse zu liefern und realistischere und realitätsnahe Sprache zu nutzen. Doch Prof. Weber warnt: „Nicht jedes Problem lässt sich mit der gleichen Lernmethode lösen oder zumindest nicht gleich gut lösen. Die Kuration großer Datenbanken als Anschauungsmaterial für KI-Systeme wird auf absehbare Zeit eine sehr wichtige Aufgabe sein, die sehr aufwändig und sehr teuer ist. Es hat einen Grund, warum hinter KI-Systemen wie ChatGPT große Unternehmen stehen.“
Bereits 2022 erlebte das ebenfalls vom Konzern OpenAI entwickelte „DALL-E 2“ seinen Moment im Rampenlicht und hielt die Welt mit beeindruckenden KI-generierten Bildern in Atem. Gegen Ende des Jahres sahen computergenerierte Selfies der „Lensa App“ aus wie die nächste Goldgrube. Schiebt man Problematiken wie Falschinformationen oder Urheberrechtsverletzungen beiseite, ermöglicht sich ein nüchternerer Blick auf das Geschehen: „Gerade die Tatsache, dass das System mit dem Nutzer zu sprechen scheint, löst natürlich starke Emotionen aus. Ähnliches ließe sich jedoch bestimmt auch über die Eisenbahn vor 150 Jahren sagen – oder auch die ersten Computer, die den Abakus ablösten“, ordnet Prof. Mauerer den Hype um diese „neuen“ KIs ein. Die Begeisterung entsteht aber auch, weil diese KI-basierten Programme für die breite Masse zugänglich gemacht werden. In vielen anderen Bereichen werden maschinelles und Deep Learning jedoch schon viel länger eingesetzt, sind jedoch dem Otto-Normalbürger nicht vertraut, weil zwischen der KI und uns meist noch eine menschliche „Schnittstelle“ steht – zum Beispiel ein Arzt oder Sachbearbeiter.
Die Benutzeroberfläche von ChatGPT ist kinderleicht zu verstehen und zu benutzen. Experten erwarten mit Spannung, in welchen Bereichen die Text-KI in Zukunft zum Einsatz kommt. (Bild: Iryna Imago / Bigstock)
KI-ndustrie: „Das Ende der Arbeit“
Die Schlagzeilen, die solche Programme umgeben, sind dabei nicht immer positiv. Die Berichterstattung ist zu großen Teilen kritisch – vor allem über das Chat-Programm von OpenAI. KI-gestützte Systeme werden einen großen Einfluss auf viele unserer Tätigkeiten haben: Einige befürchten, ihren Arbeitsplatz langfristig an eine KI zu verlieren. Eine KI kann – richtig „trainiert“ –schnellere und verlässlichere Ergebnisse liefern als ein Mensch. Das kann in vielen Bereichen hilfreich sein – von der Autoindustrie, über Medien bis zur Medizin. Prof. Weber berichtet von einem Forschungsprojekt der OTH, bei dem eine KI anhand von endoskopischen Bildern Speiseröhrenkrebs erkennen kann. Während dieser medizinische Aufgabenbereich gesellschaftlich schnell akzeptiert werden dürfte, liefert der Experte ein weiteres, kontroverseres Beispiel: Vor vielen medizinischen Eingriffen müssen Patienten eine Einwilligungserklärung unterschreiben. Bisher übernehmen die Einschätzung, ob ein Patient psychisch und physisch dazu in der Lage ist, Ärzte. Das fällt zum Teil so schwer, dass verschiedene Ärzte zu verschiedenen Ergebnissen kommen. „Hier könnte eine KI helfen, die viel mehr Daten mit einbeziehen kann, als ein menschlicher Arzt“, erklärt Prof. Weber. Eine KI wird dabei im besten Fall nur als weitere Instanz fungieren. Dass wir in näherer Zukunft einem Programm die Entscheidung über Leben und Tod überlassen, gilt immer noch als unwahrscheinlich. Prof. Weber weiß jedoch auch: „Wir könnten auch heute schon Entscheidungen über Leben und Tod von KIs treffen lassen. Wir tun es jedoch nicht, weil wir aus guten Gründen moralische und juristische Bedenken haben.“
„Der Mensch bleibt stets im Mittelpunkt der Wertschöpfung.“
KIs sind bereits im Einsatz, wenn es darum geht, Versicherungsfälle zu bearbeiten oder Kredite zu vergeben – Doch wen trifft es als nächstes? „Die Berufe, die die Eigenschaften des Menschen nicht sonderlich gut ausnutzen, werden als erstes eine starke Veränderung durch Systeme wie ChatGPT erleben“, sagt Prof. Mauerer. Konkret: Die stumpfe Bearbeitung von Zahlen, Fakten und ähnlichem. „Viele Berufe werden sich einfach anpassen oder verändern müssen. Schlussendlich werden sich andere Aspekte unserer Arbeitsfelder hervortun. KI wird einfach ein weiteres Werkzeug sein“, erklärt der Experte. Auch Größen der Regensburger Industrie stützen diese These. Auf unsere Anfrage, ob KI-Systeme zu einem Stellenabbau im Unternehmen führen könnten, antwortete zum Beispiel BMW: „Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz kann die BMW Group ihre Mitarbeiter noch wirksamer unterstützen. Der Mensch bleibt stets im Mittelpunkt der Wertschöpfung. Mit dem Einsatz von KI sollen die Mitarbeiter Entlastung von körperlich anstrengenden Aufgaben und Routine-Tätigkeiten erfahren.“ Auch entstünden durch den Einsatz von KI gänzlich neue Arbeitsfelder. Continental geht sogar einen Schritt weiter und meint, Künstliche Intelligenz würde sogar zu einer höheren Beschäftigung führen. Über die Auswirkungen sind sich Industrie und Experten einig: Die neugeschaffenen Arbeitsfelder würden mehr im kreativen Bereich stattfinden und monotone Arbeitsschritte würden an KIs abgegeben werden.
Mondäne und repetitive Arbeiten werden bereits seit Jahren von Robotern ausgeführt. KI könnte nun auch weitere Arbeitsschritte übernehmen. (Bild: World Image / Bigstock)
KI-Gesetze dürfen dem Fortschritt nicht im Weg stehen
Um die Auswirkungen absehen zu können, investiert Continental nach eigenen Angaben in Forschungsprojekte, die die Folgen erwartbar machen sollen. „Bei einem reinen ‚Bauchgefühl‘ darf es bei dem Thema nicht bleiben“, heißt es von Seiten des Unternehmens. Für die BMW Group stellt der Einsatz von KI Lösungsansätze für die dringendsten Fragen der näheren Zukunft in Aussicht: Erreichung der Klimaziele, CO2-Neutralität und der Fachkräftemangel. In Ihrer Antwort verweisen die Industrie-Größen auch auf den vor Kurzem verabschiedeten AI-Act der EU. „Diese Verordnung soll die Nutzung und Gestaltung von KI regeln. Sie enthält auch eine nicht vollständige Liste – offen formuliert –, was KI ausmacht“, weiß Prof. Weber. Während für den Experten interessant ist, wie der Gesetzesgeber auf die sich rapide weiterentwickelnde Technologie reagiert, merkt die Industrie eigene Interessen an: Das Regelwerk müsse so gestaltet sein, dass es Vertrauen für diese Anwendungen schafft, sagt die BMW Group und weiter: „Auf anderen Seite dürfen diese Regeln kein Hindernis für den Einsatz der Technologie sein und somit zu einem Standortnachteil für die EU – und damit auch für Deutschland – werden.“
Es gibt (leider) noch genug zu tun
Im Gespräch mit der Industrie bestätigt sich auch was beide Professoren bereits angedeutet hatten: Während die breite Bevölkerung mit Lensa, ChatGPT und Konsorten gerade in großen Teilen zum ersten Mal mit einer KI hautnah in Berührung kommt, arbeiten Wirtschaftsriesen bereits seit Jahren mit und mittels KI. BMW bestätigte, schon 2012 erste Schritte in Sachen KI unternommen zu haben, für Continental ist das Thema KI seit 2016 bedeutsam und in Formen wie Sprachsteuerung oder intelligenter Routenplanung schon seit 2009 Teil der Arbeit des Unternehmens. Prof. Mauerer stellt abschließend mit Blick auf die Entwicklungen der nächsten Jahre trocken fest: „Das Ende der Arbeit wurde schon sehr oft heraufbeschworen. Zum Beispiel auch in den achtziger Jahren mit der Einführung großer automatisierter Fabriken.“ Und doch gibt es auch dort noch genug zu tun für uns Menschen.
Wassily Kandins-KI: Kunst in Zeiten von DALL-E 2
Die Feststellung, dass KIs uns nur unliebsame Aufgaben abnehmen werden, klingt verlockend, doch entspricht das der Wahrheit? Das Potential, kreative Arbeiten zu übernehmen, haben nicht zuletzt Programme wie ChatGPT oder DALL-E 2 angedeutet. Worauf müssen sich also Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit kreativen Arbeiten verdienen, einstellen? Prof. Weber prophezeit: „Menschen, die ihr Geld beispielsweise mit der Erstellung von Werbejingles oder Webdesign verdienen, […] werden ihr Geschäftsmodell verändern müssen, denn es ist zu erwarten, dass deren Erwerbsmöglichkeiten weitgehend verschwinden werden.“ Auf der anderen Seite, sieht der Professor nicht, dass menschliche Kreativität vollends von Maschinen ersetzt wird: „Vielleicht wird durch KI-Werke aber die Wertschätzung für nachweislich handwerklich geschaffene Kunst wieder steigen.“ Auch in diesem Bereich ziehen die Professoren Parallelen zur Vergangenheit: Von den ersten Fotoapparaten bis zum Internet – Kunst ist massentauglicher geworden und doch nie „ausgestorben“.
Eine Interpretation von Kandinskys Werk Der Blaue Reiter. Erstellt von der kostenlosen KI Craiyon.
KI. Macht. Schule.
Durch das Aufkommen von ChatGPT wurde erneut bestätigt, was auch bei anderen technologischen Errungenschaften wie Smartphones oder sozialen Medien zu beobachten war: Jüngere adaptieren Neues wesentlich schneller. Schüler ließen kurz nach Launch von ChatGPT ihre Hausaugaben von der KI verrichten, Studenten ihre Hausarbeiten schreiben. Journalisten setzten die KI auf eine Vielzahl von Prüfungen an: Vom bayerischen Abitur bis zur Abschlussprüfung für amerikanische Juristen – mit durchwachsenen Ergebnissen. Prof. Mauerer erkennt ebenfalls das Potential: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eine textbasierte KI sich beim Lösen eines Jura-Examens wesentlich leichter tut, als bei der Lösung mathematischer Probleme.“ ChatGPT arbeite bei der Wiedergabe von Fakten einfach wesentlich genauer und verlässlicher, als bei Aufgaben, bei denen eine gewissen Eigenkreativität von Nöten sei.
Kann eine starre Struktur wie das bayerische Schulsystem auf den rasanten technischen Fortschritt reagieren? „Hier hat ChatGPT regelrecht eine Lawine losgetreten. Es wird zeitnah diskutiert – nicht zuletzt im Hochschulbereich. […] Hausarbeiten sind vor dem Hintergrund von ChatGPT und Co. möglicherweise keine geeignete Prüfungsleistung mehr“, erklärt Prof. Weber. KI wird die Art und den Inhalt von Prüfungen ändern. Das bestätigt auch Prof. Mauerer: „Wir sollten uns vielmehr fragen, sind die Fragestellungen, die ChatGPT beantworten kann, jemals wert gewesen, abgefragt zu werden.“ Wie geht es also weiter? „Generell ist zu erwarten […], dass KI-basierte Hilfsmittel in Schulen sowie an Hochschulen und Universitäten als alltägliche Hilfsmittel integriert werden.“ Etwa vergleichbar mit dem Sprung vom Rechenschieber zum Taschenrechner. Beide Professoren sehen diesen Prozess trotz aller Vorteile nicht unkritisch: „Wir wissen aus der Lernpsychologie, dass zum Beispiel das händische Aufschreiben, das stückweise Erlernen und so weiter, wesentlich wirkungsvoller sind, als der pure Einsatz neuer Technologien um ihrer selbst willen“, mahnt Prof. Mauerer.
Menschliche Dummheit schlägt künstliche Intelligenz
Noch wirken viele KIs ohne menschliche Hilfe in einigen Situationen geradezu hilflos. Viele Zukunftsszenarien im Bereich KI basieren auf Spekulation, wie genau sich die Technik auf unser Leben, Arbeiten, Lieben und Schaffen auswirken wird, können auch Experten nicht genau sagen: „Es wird […] ein Wechselspiel zwischen technischer Innovation und unseren Fähigkeiten, mit eben dieser umzugehen geben. Wichtig dabei ist, dass wir den technischen Innovationen nicht zweit hinterherhinken“, mahnt Prof. Weber abschließend. Während bei einigen die Begeisterung darüber, was KIs heute schon leisten können, durch aktuelle Trends sicherlich noch gestiegen ist, dürfte es auch viele geben, die etwas enttäuscht sind: Wo bleiben unsere Roboter-Diener, die uns jeden Wunsch von den Lippen ablesen? Wo bleiben die selbstbestimmten Kriegsmaschinen, die in der Lage wären uns irgendwann auszulöschen? Tatsächlich scheint ein anderes Weltuntergangsszenario im Moment wahrscheinlicher: KI-gestützte Programme, mit deren Hilfe Bilder und Videomaterial täuschend echt bearbeitet werden können, haben das weit größere Potential, den dritten Weltkrieg herbeizuführen als KIs in der Gestalt eines jungen Arnold Schwarzeneggers. Ob es trotzdem in absehbarer Zeit eine KI geben wird, die uns an der Definition unserer eigenen Menschlichkeit zweifeln lässt, verraten uns die Professoren im nächsten Teil unserer Reportage. Außerdem: Wie sehr wir über die sogenannten „Deep Fakes“ aufklären sollten, warum Omas an Fußgängerübergängen keine Angst vor autonomen Autos haben müssen und welche Bedenken Experten bei „echter“ künstlicher Intelligenz wirklich haben, klären wir ebenfalls im zweiten Teil unserer KI-Reportage Anfang April. Den aktuellen Artikel finden Sie auch im aktuellen filter Magazin, an einer Auslagestelle in Ihrer Nähe.
In den ersten Wochen der freien Nutzung von ChatGPT trafen Nutzer der freizugänglichen Version oftmals auf diese Mitteilung. Glücklicherweise gibt es mittlerweile eine kostenpflichtige Premium-Version, die Besserung verspricht. (Bild: Angelov / Bigstock)
Lucas Treffer / RNRed