Zu wenig Jugendschutz, zu viele Schlupflöcher, zu schwache Regelungen – Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek übt ausführliche Kritik am Gesetzesentwurf der Regierung zur Cannabis-Legalisierung. Generell wünsche er sich überhaupt keine Legalisierung, so Holetschek.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat den nun bekannt gewordenen Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Gesetz zur Cannabis-Legalisierung als praxisuntauglich kritisiert. Holetschek betonte am vergangenen Sonntag, dem 15. Mai, in München: „Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu den Cannabis-Clubs ist ein Bürokratiemonster. Er ist so kompliziert, dass die Regelungen kaum umzusetzen, geschweige denn zu überwachen sind.“
Kommt die Suchtprävention zu kurz?
Man sehe einen erheblichen Regulierungs- und Kontrollaufwand, der in großen Teilen auf Länder und Kommunen zukommen werde. Gleichzeitig käme das wichtige Thema der Suchtprävention viel zu kurz. „Bayern wird alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen und nutzen, um die Legalisierungspläne zu verhindern“, kündigt der Gesundheitsminister an.
Der Minister erklärte: „Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich wünsche mir keinen Gesetzentwurf, der leichter umzusetzen wäre. Ich wünsche mir überhaupt keine Cannabis-Legalisierung. Wir brauchen keinen legalen Freizeitkonsum von Cannabis, und deshalb brauchen wir auch keine Cannabis-Clubs. Die Ampel-Koalition ist mit ihren Cannabis-Plänen auf dem Holzweg und sollte sie endlich stoppen.“
„Enormer Zusatzaufwand für Polizei und Justiz“
Holetschek sagte, er sehe bei der Kontrolle der Regelungen eine unverhältnismäßige Belastung für die Landesbehörden. Die Sicherheits-, Dokumentations- und Berichtsvorgaben für die Cannabis-Clubs, die Regelungen zu THC-Grenzwerten und für den Konsum im öffentlichen und privaten Raum seien so komplex, dass mit einem erheblichen Zusatzaufwand für die Behörden zu rechnen sei – soweit die Einhaltung der Regeln überhaupt kontrollierbar sei.
Holetschek wirft Fahrlässigkeit vor
Der Minister fügte hinzu: „Ich befürchte auch, dass die Folgen für die Sicherheit im Straßenverkehr nicht abschätzbar sind. Zwar sollen nach dem jetzt bekannt gewordenen Gesetzentwurf Fahrten unter Cannabis-Einfluss weiterhin als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Allerdings soll sich die Zulässigkeit des Führens von Kraftfahrzeugen auch künftig ‚ausschließlich an den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit‘ orientieren, und das Bundesverkehrsministerium soll erst einmal eine Evaluation in Auftrag geben.“ Das sei fahrlässig, so Holetscheck. Es müsse klar sein, dass das Führen von Kraftfahrzeugen verboten ist und bleibt, so lange man THC im Blut hat.
Kritik an Gesetzesentwurf: „Ebnet grauem Markt die Bahn“
„Für völlig unverantwortlich und rechtswidrig halte ich auch die geplante Erlaubnis zur unentgeltlichen, nicht-gewerblichen Abgabe von Cannabis aus dem privaten Eigenanbau an Personen ab 18 Jahren im Bereich der Wohnung zum unmittelbar folgenden gemeinschaftlichen Eigenkonsum“, erläutert Holetschek weiter. Europarechtlich zulässig sei nur der private Anbau und Besitz für den Eigenkonsum, nicht jedoch die private Angabe. Der Gesundheitsminister übt scharfe Kritik am Gesetzesentwurf: „Abgesehen davon besteht doch hier bereits ein logischer Widerspruch: Wer nur zum Eigenkonsum anbaut – so wie es im Gesetzentwurf grundsätzlich vorgesehen ist – dürfte keinen Stoff haben, den er an andere abgeben kann. Letztlich würde durch die geplante Regelung also nur die Bahn geebnet für einen völlig ungeregelten und unkontrollierten Grauen Markt, bei dem Überproduktionen im Freundes- und Bekanntenkreis weitergegeben werden.“
Der Minister ergänzte: „Es ist außerdem ein naiver Trugschluss, dass durch diese Cannabis-Clubs der Schwarzmarkt austrocknen wird. Viele Experten gehen davon aus, dass vor allem für günstigeres Cannabis oder für Cannabis mit höherem THC-Gehalt der Schwarzmarkt weiter blühen wird.“
Bleibt der Jugendschutz „auf der Strecke“?
Der Minister bekräftigte: „Gänzlich sträflich finde ich, dass der Jugendschutz in dem Gesetzentwurf auf der Strecke bleibt. Ich vermisse in dem Entwurf objektive Kriterien für die Auswahl der ‚Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragten‘. Auch deren konkrete Aufgaben bleiben nebulös.“
Was im privaten Raum mit Pflanzen aus dem Eigenanbau geschieht, sei aufgrund des besonderen Schutzes im Grundgesetz nicht nachzuvollziehen. Und die Menge von 30 Gramm Cannabis bei einem potenten THC-Gehalt von zehn Prozent für junge Menschen bis 21 Jahren sei, so der Gesundheitsminister, viel zu viel – vor allem vor dem Hintergrund der erheblichen gesundheitlichen Risiken etwa für die Gehirnentwicklung. „Die Ampel-Koalition sollte insgesamt lieber auf Jugendschutz und Prävention setzen, anstatt rechtliche Schlupflöcher für eine Legalisierung zu suchen“, kritisiert Holetschek das Vorgehen der Regierung.
Deutschland und sein Stellenwert im Diskurs
„Die Bundesregierung sollte sich auch im Klaren sein, dass viele in Europa gespannt auf die Cannabis-Debatte in Deutschland schauen. Eine wie auch immer geartete Legalisierung oder auch nur teilweise Legalisierung bei uns könnte eine Signalwirkung auf andere Länder haben“, so der Hinweis des Bayerischen Ministers. „Gerade deswegen sollte Deutschland auch keine offenkundig völker- und europarechtswidrigen Wege gehen, wie es bei den geplanten Modellprojekten der Fall ist. Das wäre ein Dammbruch für Europa, den sich niemand wünschen kann“, beendet Holetschek seine Ausführungen.
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege/RNRed