Nachdem italienische Behörden ihr Rettungsschiff „Sea Eye 4“ festgesetzt haben, hat die deutsche Seenotrettungsorganisation Sea-Eye Außenministerin Annalena Baerbock Auswärtige Amt um Hilfe gebeten und sie dazu aufgefordert, sich für eine Änderung der italienischen Gesetze zur Seenotrettung einzusetzen.
Am Sonntagnachmittag, den 04. Juni, wandte sich die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und das Auswärtige Amt mit der eindringlichen Bitte um Hilfe. Zuvor hatten die italienischen Behörden die deutschen Rettungsschiffe „Sea Eye 4“ von Sea-Eye e. V. und „Mare*Go“ von Zusammenland gUG festgesetzt.
„Wir können keine Notrufe ignorieren“
Beide Schiffe retteten zuletzt insgesamt 86 schutzsuchende Menschen aus seeuntüchtigen Booten. In beiden Fällen wurden die Schiffe jeweils mit 20 Tagen Verwaltungshaft bestraft. Der „Sea-Eye 4“ wird vorgeworfen, die Anfahrt zum von den italienischen Behörden zugewiesenen Ausschiffungshafen Ortona unterbrochen zu haben, um weitere Menschen aus Seenot zu retten, statt den Kurs wie gefordert beizubehalten. „Wir können keine Notrufe ignorieren. Deshalb haben wir den Kurs geändert“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.
Hohe Bußgelder und monatelange Festsetzungen drohen
Hintergrund der Forderung, die die Organisation in einem Schreiben an Baerbock und das Auswärtige Amt stellt, ist die Regel, dass Rettungsschiffe die italienischen Behörden informieren müssen, sobald Menschen gerettet wurden. Bei Wiederholung einer solchen Rettung wie in der vergangenen Woche drohen den Seenotrettern nun noch härtere Strafen. Sollte die „Sea-Eye 4“ auf einer zukünftigen Mission erneut weitere Rettungen durchführen, obwohl die italienische Rettungsleitstelle bereits einen Ausschiffungshafen zugewiesen hat, so können hohe Bußgelder und eine weitere Festsetzung für bis zu sechs Monate verhängt werden. Bei einer weiteren Wiederholung soll ein Rettungsschiff nach dem neuen italienischen Gesetz dann sogar unbefristet festgesetzt werden können.
Gesetz der italienischen Regierung sei „menschenverachtend und verantwortungslos“
„Dieses Gesetz könnte die zivile Seenotrettung vollständig lahmlegen, wenn die italienischen Behörden es weiter so anwenden“, erklärt Isler. Denn schließlich würde man keine Notrufe ignorieren, um Festsetzungen zu verhindern. „Uns vor diese Wahl zu stellen, ist menschenverachtend und verantwortungslos“, sagt Isler weiter.
Sea-Eye wird Rechtsmittel gegen den Festsetzungsbescheid einlegen. Dazu hat die Organisation 60 Tage Zeit. Eine zeitnahe Entscheidung ist jedoch unwahrscheinlich, da Verfahren vor italienischen Verwaltungsgerichten aufwendig und langwierig sind.
Sea Eye e.V./RNRed