„Die Regierungen weltweit haben keine Lektion aus der Corona-Pandemie gezogen!“ So lautet das Fazit der globalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN anlässlich des heutigen Welt-Zoonose-Tags. Ein Beispiel dafür ist die steigende Anzahl von Ausbrüchen der Geflügelpest. Was VIER PFOTEN fordert und welche Lösungen die Tierschutzorganisation vorschlägt, lesen Sie hier.
Zum Welt-Zoonose-Tag, der am heutigen Donnerstag, den 06. Juli, stattfindet, warnt die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN vor der steigenden Gefahr durch Vogelgrippeviren wie der hochpathogenen Geflügelpest. Diese habe nämlich eine noch nie dagewesene geografische Ausbreitung über die Kontinente hinweg erreicht, heißt es in der Erklärung der Tierschutzorganisation.
Hunderttausende tote Wildvögel
Bei Wildvögeln verursacht die Vogelgrippe beispielsweise hohe Sterblichkeitsraten und gefährdet ohnehin bereits bedrohte Arten. Das Virus tötete bereits Hunderttausende von Wildvögeln, darunter zehn Prozent der Humboldt-Pinguine in Chile allein in diesem Jahr und 50.000 peruanische Pelikane und Tölpel im Jahr 2022 – derzeit dezimiert es also die Brutkolonien. Die Zahlen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zeigen für 2022 einen Anstieg der Infektionen bei Säugetieren: So wurden neben anderen Arten auch 52.000 Nerze auf Pelzfarmen und 8.117 Seelöwen an der chilenischen Küste getötet. Die Ausbrüche gehen mit einem erhöhten Risiko für auf Menschen übertragbare Mutationen einher. Hinzu kommen Verluste von Tierleben und negative wirtschaftliche Auswirkungen. „Die Zerstörung der Ökosysteme, der Verlust der biologischen Vielfalt, die Ausbeutung von Wildtieren und die intensive Landwirtschaft beschleunigen die Entwicklung und Ausbreitung neu auftretender Infektionskrankheiten, von denen 75 Prozent Zoonosen sind“, warnt VIER PFOTEN vor den Auswirkungen. Angesichts dessen regt der One-Health-Ansatz die transdisziplinäre Zusammenarbeit und öffentliche Beteiligung an, um umfassende Strategien zur Prävention von Ausbrüchen zu entwickeln. Diese sollen die Balance der Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt sowie das Wohlbefinden fördern und optimieren.
VIER PFOTEN kritisiert derzeitige Gegenmaßnahmen der Politik
„Die derzeitigen Strategien zur Bekämpfung der Vogelgrippe spiegeln diesen Ansatz jedoch nicht wider. Die Reaktionen begrenzen sich derzeit auf die Tötung von infiziertem und gesundem Geflügel im Umkreis des Ausbruchs“, kritisiert die Tierschutzorganisation die derzeitigen Maßnahmen. Dass sich die Politik auf Biosicherheit und die Entwicklung von Impfstoffen konzentriere, sei aber nachweislich nicht ausreichend. „Ausbrüche der Vogelgrippe treten häufig in Betrieben auf, in denen die Tiere keinen Zugang ins Freie haben. Betroffen sind auch Geflügelbetriebe mit hoher Biosicherheit“, so VIER PFOTEN. Allgemein würden die Strategien nicht die wirklichen Ursachen der Zoonose-Infektionen bekämpfen.
„Die industrielle Landwirtschaft, die sich auf Umweltzerstörung, Verlust der Artenvielfalt und systematisches Tierleid stützt, ist eine der Hauptursachen für Zoonose-Risiken. Dennoch weigern sich die Regierungen, sie als solche zu behandeln“, kritisiert Wendla Beyer, politische Koordinatorin bei VIER PFOTEN die fehlenden politischen Maßnahmen. Das sei nämlich ein gefährliches Versäumnis, und leider stehe die öffentliche Gesundheit auf dem Spiel.
VIER PFOTEN fordert Umdenken in der Landwirtschaft
„Wir können nicht weiterhin so viel Geflügel in Massentierhaltungen halten, da dies die Verbreitung und die Entwicklung der Geflügelpest verschlimmert. Um die Virusübertragung zwischen den Anlagen zu begrenzen, müssen wir außerdem die Dichte der industriellen Betriebe verringern“, heißt es von der Tierschutzorganisation. Die Dezentralisierung der Produktion, einschließlich der Schlachtung, sei außerdem ein weiterer Schlüssel zur Begrenzung der Krankheitsausbreitung und der Tierschutzprobleme. Schließlich sollte es keine Geflügelfarmen in der Nähe von natürlichen Rastgebieten von Zugvögeln in Feuchtgebieten geben, wo das Risiko eines Kontakts zwischen den Arten und einer Virusübertragung besonders hoch sei.
Lösungen: Wintergärten und das Pflanzen von Bäumen
Für die angesprochenen Probleme liefert VIER PFOTEN auch ein paar sofortige Lösungsstrategien. Zum einen soll die Ausstattung der Betriebe mit Wintergärten dem Geflügel bei Ausbrüchen einen sicheren Zugang ins Freie ermöglichen, selbst wenn die Stallpflicht gelte. Zum anderen könne die Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern in den Außenbereichen von Bauernhöfen Wasservögel auf natürliche Weise fernhalten und den Kontakt und die Krankheitsübertragung zwischen Haus- und Wildvögeln minimieren, so die Tierschutzorganitsation.
Ende der Pelztierzucht
Da sich außerdem auf Pelzfarmen Viren mischen würden, die von Mensch zu Mensch übertragbar seien, würden Impfstoffe, Biosicherheit und routinemäßige Überwachung der Farmen laut VIER PFOTEN nicht mehr ausreichen. Diese hochriskante Praxis müsse dementsprechend verboten werden.„Wir müssen die Produktionssysteme neu überdenken. Der Übergang von industriellen Tierhaltungsanlagen zu kleinen Farmen, in denen die Tiere unter artgemäßen Bedingungen gehalten werden, wird die Übertragung, die Tötung, das Leiden der Tiere, die finanziellen Verluste und die Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier eingrenzen", führt die politische Koordinatorin Beyer aus.
Hintergrundinformationen:
Der Welt-Zoonose-Tag erinnert an die erste gegen eine Zoonose – in diesem Fall Tollwut – verabreichte Impfung. Er bietet eine Gelegenheit, das Bewusstsein der Menschen für Krankheiten zu schärfen, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können.
VIER PFOTEN / RNRed