In einem Monat stehen auch in Bayern wieder die Landtagswahlen an. Um Ihnen die Wahl zu erleichtern, haben wir die Köpfe hinter acht Parteien zu ihrem Wahlprogramm befragt. Dieses Mal geht es darum, wie SPD, Grüne und Co. die Inflation bekämpfen und eine mögliche Rezession abwenden möchten.
Die Landtagswahl 2023 rückt näher. Am 08. Oktober dürfen auch die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats wieder ihr Kreuzchen setzen. Darum haben wir acht Parteien über Themen, die die Menschen bewegen, ausgefragt. Dieses Mal ging es um das Thema Inflation.
Landtagswahlen 2023: Was sagen die Parteien zum Thema Inflation?
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger haben mit den steigenden Preisen zu kämpfen. Mit welchen Ansätzen wollen Sie die aktuelle Inflation bekämpfen beziehungsweise eine drohende Rezession abwenden?
Die Linke:
Wir wollen einen Masterplan zur Bekämpfung von Armut in Bayern. Wir fordern flächendeckenden Ausbau von Schuldnerberatungsstellen in ganz Bayern. Die Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bei Arbeitsagenturen und Jobcentern müssen angehoben werden. Wir wollen Landesbeteiligungen bei BMW, Audi und Siemens erwerben. Diese Beteiligungen sollen dabei ausreichen, um mindestens einen Aufsichtsratsposten zu stellen, sodass Beschäftigte, Gewerkschafen und Landesvertreter dort eine Mehrheit haben. Wir schaffen einen öffentlichen Beschäftigungssektor für Menschen, die keiner regulären Arbeit nachgehen können. Wir fordern, dass erfolgreiche Projekte aus dem Europäischen Sozialfonds Plus in Bayern (ESF+) in eine Regelförderung übergehen.
Freie Wähler:
Leider ist die deutsche Wirtschaft mit dem Schlussquartal 2022 und den ersten drei Monaten des Jahres 2023 nach gängiger Definition bereits in eine Rezession gerutscht und auch die Prognosen für das Gesamtjahr 2023 deuten eher auf eine negative konjunkturelle Entwicklung hin. Zur Wahrheit gehört aber auch: Nur durch ein – im Optimalfall moderates – Abbremsen der Volkswirtschaft wird die Inflation in die Nähe des von der Europäischen Zentralbank ausgegebenen Ziels von circa 2 Prozent gedrückt werden können. Ich wage die Prognose, dass sich die Inflation mittelfristig bei 4 bis 5 Prozent und die Zinsen bei 3 bis 4 Prozent einpendeln werden. Der dadurch entstehende Wohlstandsverlust der Bürgerinnen und Bürger kann aus meiner Sicht nur durch eine gemeinsame nationale Kraftanstrengung korrigiert werden. Es wird also auch um individuellen Verzicht in Verbindung mit sehr viel Innovation und Gestaltungskraft gehen, um langfristig wieder eine positive Reallohnentwicklung zu erreichen.
ÖDP:
Nach Artikel 169 der bayrischen Verfassung können für jeden Berufszweig Mindestlöhne festgesetzt werden, die einen angemessenen Lebensunterhalt sichern und die Teilnahme am sozialen Leben ermöglichen. Frauen und Männer erhalten für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn (bayr. Verf., Art. 168). Wir fühlen uns diesen Verfassungsaussagen verpflichtet. Mindestlöhne dürfen auch nicht durch Handelsabkommen unterlaufen werden. Dafür treten wir für eine schrittweise, umfassende Steuerreform zugunsten von Arbeit und Umwelt ein. Die extrem hohen Sozialabgaben und Steuern auf Löhne und Gehälter sind aus ökosozialen Gründen unsinnig und schädlich.
Arbeitslöhne sind steuerlich zu entlasten. Leistungslose Einkommen aus Kapitalerträgen, Spekulationsgeschäften und Finanztransaktionen sind zu belasten genauso wie die Nutzung von Gemeingütern wie Energie, Wasser, Rohstoffe, Flächen, Daten und Wissen. Ent- und Belastungen sind sozial ausgewogen vorzunehmen, sodass sich die gesellschaftliche Ungleichverteilung von Vermögen, Nettoeinkommen und die Nutzung von Gemeingütern zunehmend verringern.
Bündnis 90 / Die Grünen:
Ein wesentlicher Teil der Preissteigerungen ist auf den Anstieg der Kosten für fossile Energieträger zurückzuführen. In diesem Bereich erleben wir spätestens seit dem russischen Angriff gegen die Ukraine eine drastische Zunahme. Umso wichtiger ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien, damit wir uns möglichst schnell von den Preisen für fossile Energieträger abkoppeln können. Gerade im Bereich der Windenergie hinkt Bayern massiv hinterher. Je mehr Windenergie wir im Netz haben, desto billiger wird der Strom für die Bürgerinnen und Bürger. Teuren Preisen für Lebensmittel können wir ebenfalls mit nachhaltigen Lösungen wie regionalen Lieferketten und der Unabhängigkeit von Mineraldünger entgegenwirken. Darüber hinaus sind viele Mietverträge mittlerweile an die Inflationsentwicklung gekoppelt. Um bezahlbares Wohnen zu garantieren, wollen wir bereits bestehende Indexmieten deckeln und neue Verträge strenger regulieren.
SPD:
Die deutsche Bundesregierung hat drei umfangreiche Entlastungspakete auf den Weg gebracht, die die Inflationsgefahr spürbar gesenkt haben. Gerade die Maßnahmen zur Preisbremse waren für Schulen, Universitäten und Krankenhäuser von entscheidender Bedeutung, da die bayerische Staatsregierung ihrer Verantwortung in diesem Bereich nicht gerecht wurde. Im Gegensatz zu den Plänen der bayerischen Staatsregierung sind Entlastungspakete für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen, insbesondere für Familien, erforderlich, um sie bei den gestiegenen Lebenshaltungskosten zu unterstützen.
Darüber hinaus ist es notwendig und möglich, dass der Freistaat Bayern eine aktive Wirtschafts- und Konjunkturpolitik betreibt, um langfristig eine starke Wirtschaft und gute Arbeitsplätze im Bundesland zu sichern und auszubauen. In einem konkreten Punkt hat der Freistaat jedoch versagt. Die Inflation ist eine importierte Inflation, die auf gestiegene Energiepreise zurückzuführen ist. Hier wird deutlich, dass der Freistaat den Ausbau erneuerbarer Energien nur zögerlich vorangetrieben und den Bau von Stromtrassen blockiert hat.
FDP:
Die Bekämpfung der Inflation und die damit einhergehenden Preissteigerungen hat für die FDP oberste Priorität. Die expansive Finanzpolitik der letzten Jahre muss beendet werden. Für die FDP ist klar, dass sich die hohe Inflation negativ auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken kann, wenn Menschen am Ende des Monats in Sorge sind, ob sie ausreichend Lebensmittel oder wichtige Medikamente kaufen können. Die Lösung ist deshalb, nicht immer weitere Schulden aufzunehmen und nicht immer weiter an der Steuerschraube zu drehen. Der Staat muss lernen, wieder mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger ihm zur Verfügung stellen. Stabile Preise im Euroraum können nur erreicht werden, wenn auch die Mitgliedsstaaten stabile Staatsfinanzen aufweisen.
Zur Abwendung einer Rezession müssen alle Stellschrauben genutzt werden, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Dazu gehören schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Möglichkeiten der Digitalisierung und die Vereinfachung der Fachkräfteeinwanderung. Denn: Mittelstand und Mittelschicht dürfen nicht das Gefühl haben, dass es bei ihnen wirtschaftlich ans Eingemachte geht, die Politik aber die Zeichen der Zeit nicht erkennt.
CSU:
Neben vielen Faktoren ist die Inflation zu einem großen Teil auch hausgemacht. Bestes Beispiel ist der stark angestiegene Energiepreis Wenn man in dieser Situation zum Beispiel die Atomkraftwerke abschaltet, führt das natürlich zu weiteren Anstiegen. Die CSU würde die Kraftwerke folgerichtig weiter laufen lassen statt Atomstrom aus anderen Ländern zu importieren. Ein weiteres Beispiel ist die Umsatzsteuer für die Gastronomie. Es war eine Forderung der CSU, diese weiterhin von 19 Prozent auf 7 Prozent abzusenken. Jetzt will die Bundesregierung diese Maßnahme wieder kippen, das ist selbstverständlich ein Inflationstreiber. Die CSU fordert im Übrigen auch einen Verzicht auf die Erhebung einer Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel. Das würde einen erheblichen Einfluss auf die Belastung der Bürgerinnen und Bürger durch die steigende Inflation haben.
AfD:
Kostentreiber ist die viel zu teure Energie. Hier müssen wir ansetzten, um sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen die Wirtschaftlichkeit wieder herzustellen. Um die viel zu hohen Energiepreise zu senken, ist es unabdingbar wieder an günstiges Öl und Gas zu kommen und natürlich auch die Atomkraftwerke in Deutschland wieder ans Netz zu bekommen. Durch diese Entlastung würde aber auch wieder die Binnenkonjunktur anziehen, um eben nicht in eine Depression zu fallen. Die Gefahr der Stagflation ist aktuell sehr hoch. Wir sind nicht grundsätzlich gegen erneuerbare Energien, jedoch muss es sowohl wirtschaftlich als auch sinnvoll angegangen werden.
Statement zur Aufnahme der AfD
Wir haben uns lange damit auseinandergesetzt, diskutiert und auch gestritten, ob wir die AfD hier mit abbilden sollen. Am Ende haben wir Verleger beschlossen, dass ein Weglassen der falsche Weg der Auseinandersetzung in einer Demokratie ist, zumindest solange zu wählenden Parteien und deren aufgestellten Repräsentanten nicht von unserer Justiz ein entsprechendes Fehlverhalten nachgewiesen wird. Setzen Sie sich als Wähler mit den Programmen, und vor allem dem was dahintersteckt, verantwortungsvoll auseinander, denn in schwierigen Zeiten gibt es meist keine einfachen Lösungen. Populismus lässt die Mitmenschlichkeit und ein nötiges Miteinander – denn nur gemeinsam sind wir stark – schnell zur leeren Worthülse werden. Das gilt für alle Parteien.
Nick Lengfellner und Peter Gnilka, Geschäftsführende Gesellschafter.
filterMAGAZIN / RNRed