In puncto Digitaliesierung hinkt Deutschland weiterhin hinterher und droht, im internationalen Vergleich weiter abgehängt zu werden. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Landes weiter schwächen. Lesen Sie hier, welche Strategien die Parteien haben, um Deutschland als Innovationsstandort zu fördern.
Innovation ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind. Ohne eine gezielte Förderung moderner Technologien droht nicht nur der Verlust internationaler Konkurrenzfähigkeit, sondern auch eine Schwächung der heimischen Wirtschaft. Dabei steht viel auf dem Spiel: von der Förderung von Start-ups bis zur Frage, wie Deutschland als Forschungsstandort attraktiver gemacht werden kann. Besonders die Entwicklung und Anwendung von KI wird als Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg der nächsten Jahrzehnte gesehen. Im Folgenden werfen wir einen Blick darauf, wie die Parteien diese Herausforderungen angehen wollen.
Regensburger Nachrichten:
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland in der Digitalisierung weiterhin nur im Mittelfeld. Welche Konzepte verfolgen Sie, um Deutschland als Innovationsstandort zu fördern, insbesondere durch gezielte Investitionen in Forschung, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz?
CSU, Peter Aumer:
Die öffentliche Debatte kreist oft um die Frage, wie wir in Deutschland leben wollen. Wir müssen aber vor allem die Frage beantworten, wovon wir künftig leben wollen. Wir brauchen eine Hightech-Agenda für Deutschland. Denn Investitionen in Forschung, Innovationen, Technologien und Transfer (FITT) sind der Schlüssel zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft mit gut bezahlten Arbeitsplätzen.
Wir sorgen dafür, dass sich unsere hervorragende Forschungslandschaft wieder mehr auszahlt. Wir stärken Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Startups und junge Technologieunternehmen in allen Regionen, damit Ausgründungen und der Transfer hin zu marktfähigen Lösungen besser gelingen. „Made in Germany“ muss ein Qualitätssiegel für Spitzentechnologie sein. Wir werden die größtmögliche Anhebung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland wieder zu einem prioritären gesamtstaatlichen Ziel machen.
- Deutschland fit machen für die Zukunft. Wir legen ein schlagkräftiges Programm für Forschung, Innovationen, Technologien, Transfer und Entrepreneurship vor – eine Hightech-Agenda für Deutschland.
- Innovations- und Technologiestandort stärken. Wir wollen Deutschland als Kompetenzzentrum und Innovationsstandort für Zukunftstechnologien entwickeln. Das gilt sowohl für bereits etablierte Bereiche wie Luft- und Raumfahrt als auch für neue Technologien wie zum Beispiel Quantencomputing, KI, Fusionsenergie, Biotechnologie, Batteriezellen und Mikroelektronik. Wir werden eine neue ambitionierte Raumfahrtstrategie verfolgen.
- EU-Projekte voranbringen. Die Projekte der EU „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) oder der „European Chips Act“ dienen der Wettbewerbsfähigkeit der gesamten EU und damit auch Deutschlands. Wir bekennen uns zu diesen wichtigen Förderinstrumenten und deren möglichst wirkungsvollen Einsatz in Deutschland.
- Innovationsfreiheitsgesetz für mehr Forschungsfreiräume schaffen. Wir wollen der Forschung mehr Freiheit geben und sie von einer zu kleinteiligen Förderbürokratie befreien. Dazu novellieren wir das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Dieses wird auch auf alle gemeinnützigen und mehrheitlich staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen Anwendung finden. Zudem setzen wir auf den erleichterten Transfer von Forschungsergebnissen, Vorfahrt für Ausgründungen und verbesserte Rahmenbedingungen für die Kooperation mit regionalen Partnern aus Mittelstand, Startups und öffentlichen Einrichtungen.
- Grundlagenforschung ausbauen. Deutschland verfügt über eine weltweit beachtete Grundlagenforschung. Diese Stärke bauen wir aus und räumen der erkenntnisgetriebenen Grundlagenforschung mehr Gewicht im Haushalt ein.
- Forschung aus einem Guss. Die steuerliche Forschungszulage entwickeln wir als niedrigschwelliges Instrument weiter. Wir bündeln die Forschungsförderung des Bundes. Zudem beseitigen wir Doppelstrukturen und mehrfache Federführungen in der Regierung.
- Mittelstand mehr berücksichtigen. Wir vereinfachen für kleine und mittlere Unternehmen den Zugang zu Forschungs- und Innovationsprogrammen des Bundes. Bürokratie führen wir auf ein absolutes Minimum zurück. Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) stärken wir ebenso wie die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF), das Programm Innovationskompetenz INNO-KOM und KMU-innovativ.
- Angewandte und industrienahe Forschung stärken. Wir beenden die aktuelle Diskriminierung des Forschungsmittelstands, der nicht zu den großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen gehört. Das Besserstellungsverbot für gemeinnützige Forschungseinrichtungen beseitigen wir, damit sie leichter qualifiziertes Personal gewinnen. So geben wir vor allem der angewandten und industrienahen Forschung die Freiheit, die sie für ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit braucht.
- Neue Champions „Made in Germany“. Wir wollen mehr Startup-Gründungen aus der Spitzenforschung, die sich zu globalen Marktführern entwickeln. Dazu messen wir Forschungseinrichtungen am Erfolg ihrer Ausgründungen, insbesondere am investierten Wagniskapital. Forschungseinrichtungen sollen von ihren Ausgründungen profitieren. Wir stärken den Technologietransfer in den Mittelstand. Staatliches Forschungsgeld hebeln wir stärker mit privatem Kapital.
- Höhere Ausgaben sichern. Wir sorgen dafür, dass Wirtschaft und Staat bis 2030 jährlich 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufwenden.
- Große Bedeutung der Meeres- und Polarforschung für eine nachhaltige Entwicklung. Deshalb stärken wir die Forschung auf diesem Gebiet. Dazu entwickeln wir die Deutsche Allianz für Meeresforschung weiter und führen die Erneuerung der deutschen Forschungsflotte konsequent fort.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Wir wollen Deutschland als Innovationsstandort wieder attraktiv machen. Mit Technologien wie der Künstlichen Intelligenz oder Quantentechnologie muss sich auch die Innovationspolitik des Bundes dem schnellen Fortschritt anpassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die KI-Strategie weiterentwickeln und dabei insbesondere den Aufbau branchenspezifischer Ökosysteme forcieren und generative Sprachmodelle für Bereiche wie Medizin oder Bildung voranbringen. Gleichzeitig ist es unabdingbar, dass wir unsere digitale Souveränität weiter stärken: Die Finanzierung für das Zentrum Digitale Souveränität (kurz ZenDiS) wollen wir verstetigen und Open-Source weiter vorantreiben.
Außerdem wollen wir die Forschungsförderung stärken – insbesondere in der Grundlagenforschung der Schlüsselindustrien und des GreenTech. Der Zugang zu Fördermitteln soll vereinfacht und die Erprobung neuer Innovationen mit Inkubatoren, Gründerzentren und regionalen Innovationscluster gestärkt werden. Mit der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) ermöglichen wir zudem die Förderung von Innovationen und zukunftsweisender Entwicklungen, die unser Land vorantreiben sollen. DIE SPRIND wollen wir daher stärken und weiter ausbauen.
Bündnis 90/Die Grünen, Stefan Schmidt:
Die Digitalisierung unseres Landes wurde über Jahrzehnte verschlafen, wichtige Investionen sind ausgeblieben. Das müssen wir jetzt nachholen: Den Breitbandausbau in jede Ecke Deutschlands sehe ich als elementares Grundbedürfnis an. Denn so selbstverständlich wie eine gute Trinkwasser- und Straßeninfrastruktur sollte auch der Breitbandanschluss sein. Der ist auch die Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. Gleichzeitig wollen wir die Anwendung von Künstlicher Intelligenz erleichtern, die Datenschutzbürokratie abbauen, und ein besonderes Augenmerk auf Cybersicherheit setzen.
FDP, Ulrich Lechte:
Wir wollen Deutschland zum führenden KI-Land in Europa machen. KI ist die Zukunft. Nur Unternehmen, die KI nutzen, um Abläufe, Produkte und Services zu optimieren, werden zukünftig global wettbewerbsfähig sein. Gleichzeitig ist Künstliche Intelligenz die wichtigste disruptive Technologie unserer Zeit. Sie bietet die Chance, die Welt zu einem besseren Ort zu machen – bei allen berechtigten Fragen zu Risiken und notwendigen Regeln. Mit Hilfe von KI können wir Chancengerechtigkeit in der Bildung einen großen Schritt näherkommen. Wir können die Energiewirtschaft oder Industrieprozesse effizienter und damit ressourcenschonender gestalten. Gleiches gilt für die Landwirtschaft, durch die damit mehr Menschen besser ernährt werden können. Mobilität wird durch KI einfacher und klimafreundlicher. Wir können die Gesundheitsversorgung verbessern. KI kann unser Leben sicherer machen. Als Turbo für eine moderne Verwaltung macht sie den Staat leistungsfähiger und spart den Bürgerinnen und Bürgern Zeit. Allein diese wenigen Beispiele zeigen: Künstliche Intelligenz kann in vielen Lebensbereichen so eingesetzt werden, dass sie das Leben einfacher, fairer und sicherer macht.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Ja, beim Thema Digitalisierung ist Deutschland sicherlich bislang ein gescheiterter Staat. Meiner Meinung nach liegen die Probleme wieder einmal in einer überbordendenden Bürokratie.
Beim Ausbau der Netze haben wir in den vergangenen Jahren gut aufgeholt, aber wir haben europaweit die strengsten Vorschriften, insbesondere beim Datenschutz.
Ich habe das am eigenen Leib erfahren: um den Datenschutzrichtlinien beim Aufbau meiner kleinen Webseite zu entsprechen, müsste man ein Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen haben, um alles wasserdicht zu gestalten. Der Inhalt der Datenschutzerklärungen übersteigt bei weitem den Inhalt der eigentlichen Webseite.
Für kleine Unternehmen bedeuten derartige Vorgaben einen enormen Aufwand, um jeweils gültige Rechtslagen zu implementieren und ich kenne aus eigener Erfahrung Betriebe, die deswegen ihre Online-Shops wieder stillgelegt haben.
Ausserdem mangelt es an der Koordination vieler digitalpolitischer Projekte. Diese laufen nach wie vor in der Verantwortung der verantwortlichen Resourts. Man schaue sich nur einmal die Zuständigkeitsmatrix dazu auf der Webseite der (noch) Bundesregierung an: Wir haben eine starke Fragmentierung der Zuständigkeiten für Projekte, bei denen jeder was macht, aber am Ende keiner verantwortlich ist. Wir brauchen hier die Bündelung der Aktivitäten in einem Digitalministerium nach bayerischem Vorbild.
Ausserdem brauchen wir endlich flächendeckend digitale Basisangebote. Deutschland ist beim E-Government krachend gescheitert – die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes liegt in weiter Ferne. Andere europäische Länder – wie Dänemark und Finnland – haben hier bereits hervorragende Lösungen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern bestehende Lösungen flächendeckend bei uns implementieren. Auf bestehende Lösungen zu setzen, hilft dabei nicht nur in der Umsetzungsgeschwindigkeit, sondern spart auch Kosten. Da wir es in Deutschland mit einer stark föderalistischen Struktur zu tun haben, sollten Kompetenzen auf Bundesebene gebündelt werden, um die Verwaltungsdigitalisierung voran zu treiben.
Zusammenfassend kann man sagen, es ist vielleicht weniger eine Frage der Investition, sondern der richtigen Strategie.
BSW, Irgmard Freihoffer:
Die Innovationskraft in Deutschland hat sich im internationalen Vergleich zuletzt deutlich verschlechtert. Diesen Abwärtstrend wollen wir aufhalten und umkehren. Wir wollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung deutlich steigern.
Deutschland gibt circa 3,1 Prozent des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) für Innovationen aus. Bei anderen Industriestaaten sind es mehr als 5%. Wir wollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2030 auf mindestens 4 Prozent der Wirtschaftsleistung steigern.
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kann einen großen Beitrag für effizientere und schnellere Prozesse und eine Verminderung der Bürokratielasten leisten. Deutschland hinkt hier im Vergleich zu anderen Industriestaaten massiv hinterher. Mit einem zentralen Online-Portal für Bürger und Unternehmen als „One-Stop-Shop“ für alle behördlichen Dienstleistungen, in dem Daten nur einmal eingegeben werden müssen („Once-Only-Prinzip“) wollen wir das Leben für die Menschen vereinfachen. Aus der Umsetzung dieser Maßnahme folgt das Erfordernis, alle Behördenprozesse kritisch zu hinterfragen und sie, wo dies zielführend ist, zu digitalisieren.
Digitalisierung kann aber auch die Bürokratielasten nach oben treiben, vor allem für kleinere Be-triebe und Selbstständige, wenn sie zwangsweise verfügt wird. Das ist etwa bei der Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung und zur elektronischen Budgetierung der Fall. Derartige Zwangsmaßnahmen lehnen wir ab.
Die deutsche Verwaltung hat sich in hohem Maße von den amerikanischen Datenkraken abhängig gemacht. Europa braucht eine eigenständige digitale Infrastruktur, die die Bürger vor Überwachung schützt und auch Unternehmen nicht in Abhängigkeit bringt. Statt weitere Milliarden für die Vertiefung unserer Abhängigkeit an US-Monopolisten zu überweisen, sollte die nächste Bundesregierung die Verwaltung dabei unterstützen, Open-Source-Lösungen einzusetzen, die langfristig viel Geld sparen und bei denen unsere Daten nicht ins Eigentum amerikanischer IT-Konzerne übergehen.
Fördern wollen wir die Entwicklung und den Einsatz von Open-Source-Software sowie frei ver-fügbarer KI-Modelle für Anwendungen in Wissenschaft, Bildung, Kultur und öffentlicher Verwaltung.
Software-Hersteller sollen bei Marktaustritt verpflichtet werden, ihre Produkte als Open Source zu publizieren oder Lizenzcodes für deren Nutzung offenzulegen. Im Sinne der Gemeinfreiheit öffentlich finanzierter Güter wollen wir Infrastrukturen für Open-Access-Publikationen sowie für die langfristige Zurverfügungstellung von Forschungsdaten verstetigen.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Was mit Steuergeldern finanziert wird, muss allen zu Gute kommen. Wir wollen Open-Source-Software und die Monopole weniger Firmen brechen. Hochschulen und Universitäten müssen bei der Forschung und Entwicklung von nichtkommerzieller Software gefördert und unterstützt werden. Der Staat muss seine Rolle als Großabnehmer nutzen und die Digitalisierung sozial und ökologisch gestalten. KI darf nicht unreguliert eingesetzt werden, es braucht einheitliche internationale Standards, die Bürger:innen und ihre Daten schützen.
AfD, Carina Schießl:
Die AfD setzt auf gezielte Investitionen in Forschung, Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI), um Deutschland wieder zu einem führenden Innovationsstandort zu machen. Dabei wollen wir Bürokratie abbauen, damit Unternehmen und Forscher schneller und flexibler arbeiten können. Statt Geld in unnötige Projekte zu stecken, soll es in technologische Entwicklung fließen, die uns im globalen Wettbewerb stärkt. Der Markt soll entscheiden, was funktioniert, nicht der Staat mit unnötigen Vorschriften.
Die Deutsche Wirtschaft hat sich zum Sorgenkind entwickelt und ist daher das zentrale Thema der anstehenden Bundestagswahlen. Doch auch in den Bereichen Soziales und Bildung gibt es einiges zu diskutieren. Bleiben Sie dran!
In unserem Bundestagswahl-Special finden Sie weitere Antworten der Regensburger Kandidaten auf drängende Fragen: Bundestagswahl 2025: Regensburgs Kandidaten und ihre Antworten auf drängende Fragen
Kathrin Gnilka | filterRedaktion