Trump ist mit Pauken und Trompeten ins Weiße Haus eingezogen und hat bereits zahlreiche, teils sehr umstrittene Dekrete unterzeichnet. Von den NATO-Partnern erwartet er eine größere finanzielle Beteiligung und hat bereits die Zahl von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Raum gestellt. Einschüchterungstaktik oder ernst zu nehmende Androhungen?
Deutschland hat sich viele Jahre ganz selbstverständlich auf den starken Partner jenseits des großen Teichs verlassen. Doch diese Zeiten scheinen mit dem erneuten Einzug Donald Trumps ins Weiße Haus endgültig vorbei zu sein - und die neue Regierung sollte sich warm anziehen. Denn der mächtigste Mann der Welt scheint es sehr ernst zu meinen, wenn er Partnern, die ihrer finanziellen Verantwortung nicht nachkommen androht, sie im Ernstfall nicht zu beschützen. Die deutsche Wirtschaft ist in großem Maße vom amerikanischen Markt abhängig. Wie also umgehen mit einem Mann, der weder ein Blatt vor den Mund nimmt, noch sich einen Deut darum schert, wichtige Verträge zu kündigen oder vermeintliche Verbündete vor den Kopf zu stoßen.
Wir haben mit den Kandidaten von CSU, SPD, Grünen und den weiteren Parteien gesprochen, um über ihre geplante Herangehensweise zu sprechen.
Filter Redaktion:
Unter Präsident Donald Trump wird Europas militärischer Schutz durch die USA nicht mehr wie gewohnt gewährleistet. Wie wollen Sie die europäische Verteidigungsfähigkeit in Zukunft sicherstellen?
CSU, Peter Aumer:
Die USA sind und bleiben Deutschlands wichtigster Verbündeter außerhalb Europas
Für eine glaubhafte Abschreckung, eine sichere Landesverteidigung und die Stärkung der NATO braucht Deutschland eine leistungsfähige Verteidigungsindustrie. Wie notwendig das ist, zeigen die Lieferengpässe bei Munition für die Ukraine. Wir müssen Kapazitäten vorhalten, um in Krise und Krieg reaktionsfähig zu sein.
Wenn wir auch zukünftig in Frieden und Freiheit leben wollen, brauchen wir eine starke Bundeswehr. Wir stehen für eine Anhebung des Verteidigungshaushalts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts bis 2026 und zwar zusätzlich zum Sondervermögen. Sicherheit und Verteidigung stehen für CDU und CSU an oberster Stelle.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Wir halten uns an internationale Verträge und erfüllen das 2-Prozent-Ziel der NATO – erstmals seit zwei Jahrzehnten. Es ist verstörend, dass die CDU/CSU über den Zustand der Bundeswehr jammert: Heruntergewirtschaftet wurde die Truppe von der Union.
Deutschland übernimmt Verantwortung, wir investieren mit der massiven Ukrainehilfe in unsere Sicherheit. Unsere Rolle muss es aber auch sein, für diplomatische Lösungen und die Deeskalation der aktuellen Konflikte zu sorgen. Es geht nicht um Kriegstüchtigkeit, sondern um Friedensfähigkeit: Die Bundeswehr soll für UN-Peacekeeping-Missionen ausgebildet werden, da diese bisher zu häufig aus SoldatInnen bestehen, die dafür nicht adäquat ausgebildet sind.
Bündnis 90 /Die Grünen, Stefan Schmidt:
Deutschland und Europa müssen in der Lage sein, unabhängig von den USA für ihre eigene Sicherheit zu sorgen. Dafür müssen wir die europäische Eigenständigkeit und den europäischen Zusammenhalt stärken. Das setzt voraus, dass Europa mit einer Stimme spricht. Hier hat Deutschland eine besondere Verantwortung. Auch die Kooperation zwischen EU und NATO müssen wir verbessern. Wir brauchen eine umfassende und gemeinsame europäische Verteidigung, die militärische und zivile Aspekte einbezieht. Dafür müssen wir mehr Geld in unsere Verteidigung investieren, nicht nur mit Blick auf die Ausstattung der Bundeswehr, sondern auch in Bezug auf den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Wiederum nur, wenn wir aufgrund einer starken Wirtschaft auch über die nötigen finanziellen Mittel verfügen. Verteidigungsfähigkeit können wir nur in Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern erreichen. Die Idee einer Europa-Armee wird ja wieder kontrovers diskutiert und auch wenn vieles dabei noch offen ist, sollte das Konzept weiter diskutiert und ausgearbeitet werden.
FDP, Ulrich Lechte:
Unabhängig von einem Präsidenten Trump müssen Deutschland und Europa weiterhin in ein gutes transatlantisches Verhältnis investieren. Die NATO bleibt die zentrale Achse der Verteidigung. Nichtsdestotrotz muss Europa unabhängig von den USA für seine eigene Sicherheit sorgen. Es muss uns nachhaltig gelingen, die europäische Verteidigungsfähigkeit, u.a. durch die Schaffung einer europäischen Armee, mehr Kooperation der Staaten untereinander und gemeinsame Rüstungsprojekte zu stärken. Dazu gehört insbesondere der Ausbau der Rüstungsindustrie. Des Weiteren muss Deutschland noch stärker mit Großbritannien und Frankreich zusammenarbeiten. Eine nukleare Abschreckung ist in diesem Zusammenhang für Europa unabdingbar. Im Bereich der Cybersicherheit muss Europa schnellstmöglich eigene effiziente Kapazitäten aufbauen.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Wir brauchen ein defensiv ausgerichtetes Verteidigungsbündnis, das die Grundsätze der UN-Charta achtet, Abrüstung mit Russland anstrebt, statt zu Aufrüstung zu verpflichten, und in dem sich die Mitglieder auf Augenhöhe begegnen. Europa benötigt eine Sicherheitsarchitektur, die längerfristig auch Russland einschließen sollte.
Unsere Außenpolitik steht in der Tradition des Bundeskanzlers Willy Brandt und des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, die dem Denken und Handeln in der Logik des Kalten Krieges eine Politik der Entspannung, des Interessenausgleichs und der internationalen Zusammenarbeit entgegengesetzt haben. Die Lösung von Konflikten mit militärischen Mitteln lehnen wir grundsätzlich ab.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Die Ausgaben für Verteidigung der EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2024 betrugen 326 Milliarden Euro . Verglichen mit 2021 stiegen diese Ausgaben um mehr als 30 % . Sowohl mit Frankreich als Atommacht als auch den europäischen NATO-Verbündeten existiert bereits eine gemeinsame Verteidigungsfähigkeit.
Permanente Aufrüstung und Kriegsrhetorik garantieren zudem nicht automatisch Frieden. Neben einer Verteidigungsarmee braucht es aber ebenso Diplomat:innen, internationale Zusammenarbeit und supranationale Abkommen. Deutschland und die EU dürfen sich nicht in einer permanenten Spirale der Aufrüstung verfangen.
AfD, Carina Schießl:
Europa muss seine Verteidigungsfähigkeit selbst in die Hand nehmen, um Frieden und Sicherheit langfristig zu gewährleisten. Anstatt uns weiterhin auf den militärischen Schutz der USA zu verlassen, fordern wir den Ausbau einer starken, unabhängigen Bundeswehr. Eine klare, nationale Sicherheitsstrategie, die den Schutz unserer Grenzen und Werte in den Mittelpunkt stellt, ist der Schlüssel. Frieden lässt sich nur durch Stärke und Unabhängigkeit sichern – Europa muss eigenständig handeln, um unsere Freiheit und Zukunft zu schützen!
Wie sehen Sie die Problematik und was ist Ihrer Meinung nach die geeignete Strategie? Mehr militärische Eigenverantwortung oder ein Abbau der Rüstungsaktivitäten?
Lesen Sie hier über weitere wichtige Themen im Vorfeld der Bundestagswahlen am 23. Februar.
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Kathrin Gnilka | filterRedaktion