Fast seit drei Jahren tobt der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Die Verluste auf beiden Seiten sind groß, weite Teile der Infrastruktur zerstört. Wie kann der Krieg beendet werden? Dieser Frage stellen sich die Regensburger Kandidaten von CSU, SPD, BSW und Co. und erläutern ihre Strategien, um den Frieden in der Region wieder herzustellen.
Die Invasion der Ukraine durch Russland am 24. Februar 2022 hat nicht nur Europa, sondern die ganze Welt erschüttert. Seitdem mussten zahllose Menschen auf beiden Seiten der Front ihr Leben lassen. Die Ukraine ist das Tor zu Europa. Wenn Putin diesen Krieg gewinnt, was kann ihn dann noch stoppen? Die deutschen Parteien betonen ihre Geschlossenheit, an der Seite der Ukraine zu stehen, jedoch unterscheiden sich die Strategien zur Umsetzung ganz entscheidend. Welche Position CSU, Linke, Freie Wähler oder AfD in dieser Frage haben und wie sie den Krieg beenden wollen lesen Sie hier.
Regensburger Nachrichten:
Soll Europa gezielt Maßnahmen ergreifen, um die russische Aggression in der Ukraine zu stoppen? Wenn ja, welche Maßnahmen sind erforderlich? Wenn nein, welche alternativen Strategien halten Sie für sinnvoll?
CSU, Peter Aumer:
Für Deutschland und Europa sind Frieden und Sicherheit nicht selbstverständlich. Der russische Angriffskrieg hat die Europäische Sicherheitsarchitektur schwer erschüttert. Das Regime von Vladimir Putin verachtet Demokratie, Menschenrechte, das Völkerrecht und die Regeln des internationalen Zusammenlebens. Sein Ziel ist eine neue Weltordnung nach seinen Regeln. Sicherheit für Deutschland und Europa, in Frieden und Freiheit: Das hat für uns überragende Bedeutung. Entscheidend dafür ist eine entschlossene und geschlossene Haltung gemeinsam mit unseren Partnern.
- Die Ukraine verteidigt auch uns: Denn fällt die Ukraine, droht der Angriff auf ein weiteres europäisches Land. Daher unterstützen wir die Ukraine mit allen erforderlichen diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen. Sie muss ihr Selbstverteidigungsrecht ausüben können.
- Kontaktgruppe Ukraine: Gemeinsam mit Frankreich, Polen und dem Vereinigten Königreich wollen wir in enger Abstimmung mit den USA eine gemeinsame Strategie entwickeln, um die Ukraine in ihrem Streben nach Frieden, Freiheit und Sicherheit zu unterstützen. Dazu gehört auch die Frage nach glaubhaften Sicherheitsgarantien und in diesem Zusammenhang die Frage der Rolle der NATO. Unser Ziel ist ein Friedensprozess, der von der Ukraine aus einer Position der Stärke und auf Augenhöhe geführt werden kann.
- Die Sanktionen gegen Russland erweitern wir zielgerichtet und engmaschig: Der hohe wirtschaftliche Preis dieses Angriffskrieges soll Putin zu einem Umdenken und dann zu einem Ende der Feindseligkeiten führen.
- Der Ukraine eine Perspektive aufzeigen: Ihr EU-Beitritt liegt im sicherheits- und geopolitischen Interesse Deutschlands und Europas. Vor einem Beitritt müssen alle Kriterien vollständig erfüllt sein.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Europa unternimmt gezielte Anstrengungen, um den russischen Angriffskrieg zu stoppen. Dies sind gegenüber Russland insbesondere Sanktionen und gegenüber der Ukraine finanzielle und zivile Hilfen ebenso wie Waffenlieferungen und militärische Ausbildungsleistungen. Daneben steht – nicht weniger wichtig – die Aufnahme ukrainischer Schutzsuchender. Die Bundesrepublik leistet innerhalb Europas mit Abstand am meisten Hilfe und sollte dies weiter tun. Um den gesellschaftlichen Rückhalt für die ganz erheblichen Lieferungen weiter aufrechtzuerhalten, darf keinesfalls eine finanzielle Konkurrenzsituation zwischen diesen Hilfen und der deutschen Nachrüstung einerseits, und Investitionen und sozialer Sicherheit andererseits hergestellt werden. Diplomatische Bemühungen um Frieden und Waffenlieferungen sind kein Gegensatzpaar: Die Geschichte lehrt, dass Kriege typischerweise durch Verhandlungen unter einstweiliger Fortführung der Feinseligkeiten beendet werden. Olaf Scholz hat drei Kernforderungen aufgestellt, die ich für die Unterstützung der Ukraine sowie die Bewahrung des Friedens für die Bundesrepublik für unbedingt richtig halte:
- Erstens muss die Ukraine durch militärische Hilfen solange und soweit unterstützt werden, bis sie selbst einen souveränen Frieden ohne Diktat von außen verhandeln kann.
- Zweitens darf die Bundesrepublik in keinem Fall in die Kampfhandlungen hineingezogen werden. Drittens darf zu keinem Zeitpunkt ein Zweifel am Beistandsversprechen innerhalb der NATO aufkommen.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt es keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung. Putin stellt damit Frieden, Freiheit und Demokratie in Frage. Aber genau diese Werte müssen wir verteidigen und dafür müssen wir die Ukraine unterstützen. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine – mit diplomatischer, finanzieller, humanitärer und militärischer Unterstützung. Wir setzen auf Diplomatie und Kooperation ebenso wie auf Widerstands- und Wehrfähigkeit. Die Ukraine muss in der Lage sein, sich zu verteidigen und eine starke Position für einen möglichen Friedensprozess sicherzustellen. Das ist auch unser bester Eigenschutz im Herzen Europas. Wir unterstützen die vielfältigen diplomatischen Friedensbemühungen der Ukraine und ihrer Partner unter dem Grundsatz: „Nichts über die Ukraine, ohne die Ukraine“.
FDP, Ulrich Lechte:
Europa kann in den Konflikt nicht direkt militärisch eingreifen. Aber: Ja, die Lieferung von Taurus Marschflugkörpern und weiteren Langstreckenraketen befürworte ich. Weitreichende Waffenlieferung sind darüber hinaus notwendig, damit sich die Ukraine weiterhin gegen die russische Aggression verteidigen kann.
Notwendige zukünftige Verhandlungen um eine Friedenslösung können für die Ukraine nur erfolgreich sein, wenn diese aus einer Position der Stärke gegenüber Russland geführt werden können.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Die Ukraine steht seit Jahren unter massivem Druck durch russische Aggressionen, die weder gerechtfertigt, noch hinnehmbar sind. Ein solcher Angriff auf die Souveränität eines Landes darf nicht unbeantwortet bleiben. Statt Beschwichtigung ist eine entschlossene Unterstützung notwendig. Dazu gehört auch der Einsatz modernster Waffensysteme, um der Ukraine zu ermöglichen, sich effektiv zu verteidigen. Gleichzeitig muss die EU ihrer Verantwortung gerecht werden und die im Budapester Memorandum zugesagten Sicherheitsgarantien einhalten, ohne jedoch in einen direkten militärischen Konflikt mit Russland zu geraten.
Obwohl es vielleicht nicht gelingen wird, alle Gebiete der Ukraine zurückzugewinnen, sollte klar sein, dass dieser Angriff Russlands die Integration der Ukraine in NATO und EU nur vorangetrieben hat. Europa ist zudem in der Pflicht, endlich eine führende diplomatische Rolle einzunehmen. Es braucht eine Initiative für einen Friedensplan, der nicht nur den Konflikt in der Ukraine, sondern auch andere Spannungsfelder in Moldawien und Georgien in den Blick nimmt. Eine solche Lösung erfordert eine enge Zusammenarbeit mit der Ukraine und ihren internationalen Partnern.
Russland hat sich durch die Annexion der Krim 2014 und den großangelegten Angriffskrieg ab 2022 selbst aus der Gemeinschaft der europäischen Staaten entfernt. Dies ist umso tragischer, da Russland kulturell und geografisch zu Europa gehört und in einer anderen Zukunft wieder Teil davon sein könnte. Derzeit agiert es jedoch als destabilisierender Akteur, der Unsicherheit in Europa und darüber hinaus schafft. Europa muss geschlossen Stärke zeigen und darf nicht nachgeben, bis Russland die Souveränität aller Nachbarstaaten respektiert und seine expansionsgetriebenen Ambitionen beendet.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Das Sterben auf beiden Seiten muss endlich beendet werden. Kriege lassen sich nur durch Verhandlungen beenden. Eine Reichweitenaufhebung von Natowaffen und mögliche Tauruslieferungen, die nur von deutschen Soldaten programmiert werden können, würden uns immer weiter in den Krieg hineinziehen und die Eskalationsspirale weiter antreiben, weil Russland nachziehen würde. Die Verhandlungsposition der Ukraine wurde durch westliche Waffen nicht, wie erhofft verbessert, sondern hat sich verschlechtert. Zudem belasten die hohen Kosten für die Waffenlieferungen und die sonstigen Hilfen auch unseren Haushalt enorm.
Die Istanbuler Friedensverhandlungen von 2022 waren schon relativ weit gediehen, Russland wäre damals bereit gewesen, sich aus der Ukraine wieder zurückzuziehen wenn die Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten würde. Auf der englischen Internetseite von Ukrinform, der staatlichen Informations- und Nachrichtenagentur der Ukraine, spricht z. B. Davyd A-rakhamiya, Fraktionsführer von Zelenskys Partei Diener des Volkes davon, dass schon eine Volksabstimmung zu einer möglichen Vereinbarung in der Ukraine im Gespräch war. Es war unverantwortlich und zynisch, dass die Istanbuler Verhandlungen vom März 2022 abgebrochen wurden. Dass dies auf Druck der USA und des damaligen britischen Premiers Boris Johnson geschah, bestätigte auch Naftali Bennett, ehemaliger israelischer Ministerpräsident, der damals zwischen der Ukraine und Russland vermittelte.
Die künftige deutsche Regierung sollte die diplomatischen Bemühungen Chinas und der Länder des globalen Südens unterstützen und alles versuchen, um einen Waffenstillstand zu erreichen und dann Verhandlungen wieder da aufzunehmen, wo sie im Frühjahr 2022 abgebrochen wurden.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Wir stehen klar an der Seite der Ukraine. Europa muss gezielt eingreifen, um den imperialistischen Angriffskrieg Russlands zu beenden. Es braucht mehr diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand. Dafür wollen wir internationale Initiativen nutzen und mit gezielten Sanktionen Russland an den Verhandlungstisch bringen. Personen, die sich indirekt und direkt an Kriegsverbrechen beteiligt haben, müssen bestraft werden. Auch sie wollen wir empfindlich sanktionieren. Alle Staaten der EU müssen die Sanktionen konsequent umsetzen. Zivilgesellschaftliche Initiativen für einen Frieden unterstützen wir, der Dialog mit ihnen muss gezielt gesucht werden. Humanitäre Hilfe an die Ukraine wollen wir weiterhin leisten und den Bevölkerungsschutz ausbauen.
AfD, Carina Schießl:
Die Altparteien haben das Wohl Deutschlands längst verraten! Seit Jahren treiben die SPD, Grüne, FDP und die Union eine Politik der Eskalation und setzen alles auf eine militärische Lösung des Ukraine-Konflikts. Anstatt auf Friedensverhandlungen zu setzen, liefern sie Waffen und munitionieren die Fronten weiter. Friedrich Merz und seine Union stehen für Kriegstreiberei und ignorieren dabei die wirklichen Interessen des Volkes.
Wer am 23. Februar 2025 die Union wählt, muss bereit sein, zu akzeptieren, dass der Krieg weitergeführt wird. Die Altparteien verschließen die Augen vor den Gefahren für unseren Frieden und unsere Sicherheit. Die AfD jedoch fordert klare Friedensverhandlungen, um endlich einen nachhaltigen Frieden zu sichern. Wir stehen für Diplomatie, nicht für den weiteren Ausverkauf unserer Zukunft!
Der schreckliche Krieg in der Ukraine muss beendet werden, darüber sind sich die Parteien einig. Welches der Konzepte erscheint Ihnen am plausibelsten?
In unserem Bundestagswahl-Special finden Sie weitere Antworten der Regensburger Kandidaten auf drängende Fragen: Bundestagswahl 2025: Regensburgs Kandidaten und ihre Antworten auf drängende Fragen
Kathrin Gnilka | filterRedaktion