Die Corona Pandemie hat die Lücken unseres Gesundheitsystems aufgezeigt. Doch was hat sich seitdem eigentlich verändert? Die Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals sicherlich nicht und auch Patienten leiden unter langen Wartezeiten, steigenden Kosten und schlechterer Versorgung. Wir haben die Parteien nach ihren Konzepten gefragt.
Vor allem in ländlichen Gebieten klagen Patienten über eine schlechtere Versorgung. Hausarztpraxen schließen und bis zum nächsten Krankenhaus ist es im Notfall oft bedrohlich weit. Gleichzeitig haben die Krankenkassen zum neuen Jahr die Beiträge erhöht und wer als Kassenpatient einen Termin beim Spezialisten braucht, kann sich auf Wartezeiten von bis zu sechs Monaten einstellen. Es läuft einiges falsch bei unserer medizinischen Versorgung. Bringt die Krankenhausreform unserer Noch-Bundesregierung also endlich die notwendigen Änderungen oder doch wieder nur bürokratischen Mehraufwand? Und was würden Union, Freie Wähler, BSW oder Linke anders machen? Wir haben die Kandidaten befragt.
Filter Redaktion:
Das Gesundheitssystem steht trotz steigender Beiträge vor dem Kollaps: monatelange Wartezeiten für Kassenpatienten, steigende Kosten und eine sich verschlechternde gesundheitliche Versorgung in ländlichen Gebieten belasten die Menschen. Welche konkreten Ansätze haben Sie, um das System effizienter und gerechter zu gestalten?
CSU, Peter Aumer:
Der Grundgedanke einer Krankenhausreform muss eine hochwertige Versorgung in der Stadt und auf dem Land sein. Wir entwickeln die Haus- und Kinderarztpraxen innovativ weiter. Sie sollen zu einer besseren Koordination der Behandlungsabläufe beizutragen, um die Wartezeiten für Arzttermine zu senken. Gleichzeitig müssen wir von Bürokratie entlasten.
Apotheken wollen wir stärken und erhalten. Sie sind die erste und niederschwellige Anlaufstelle für viele Menschen und sichern verlässlich und dauerhaft die Versorgung mit Arzneimitteln rund um die Uhr. Engpässe bei Arzneimitteln und Medizinprodukten bauen wir ab. Dazu müssen wir Lieferketten sichern und die Entwicklung von Medikamenten verbessern. Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich bringen wir voran.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Um unser Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen, haben wir die überfälligen Strukturreformen angepackt. Ziel ist es, die Versorgungssicherheit dauerhaft zu gewährleisten – unabhängig vom Wohnort und wirtschaftlichem Status. Dem Fachkräftemangel werden wir mit Verbesserungen bei Lohn und Arbeitszeiten, aber auch mit mehr Befugnissen des Personals begegnen. Die SPD setzt sich außerdem für kostenfreie Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen ein. Um die steigenden Kosten im Pflege- und Gesundheitssystem gerecht zu verteilen, fordern wir eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Über einen Pflege-Deckel wollen wir die hohen Kosten für Pflegebedürftige in der stationären Langzeitpflege begrenzen: Diese dürfen 1.000 Euro nicht übersteigen.
Bündnis 90 /Die Grünen, Stefan Schmidt:
Patient*innen müssen eine optimale Versorgung bekommen – überall und zu jeder Zeit. Um die Behandlunsqualität zu erhöhen, wollen wir die Primärversorgung insbesondere durch Hausärzt*innen stärken. Unterversorgte Gebiete wollen wir stärker unterstützen, eine Fehl- und Überversorgung anderenorts abbauen. Damit Patient*innen schneller Termine erhalten, wollen wir den Sprechstundenanteil für gesetzlich Versicherte erhöhen.
Perspektivisch wollen wir weg von der Zwei-Klassen-Medizin und hin zu einer bezahlbaren und gerechteren Kranken- und Pflegeversorgung in Form einer Bürgerversicherung, an der sich alle Versicherten fair beteiligen.
FDP, Ulrich Lechte:
Durch eine umfassende Krankenhausreform in Zusammenarbeit mit den Ländern bietet sich die Möglichkeit überholte Strukturen aufzubrechen.
Folgende Punkte sind uns beim Thema Gesundheit darüber hinaus wichtig: Stabile und verlässliche Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, eine regelhafte telemedizinische Leistung, die Einführung der elektronischen Patientenakte, Bürokratieabbau und Förderung integrierter Notfallzentren.
Entscheidend sind darüber hinaus eine sektorengleiche Vergütung und sektorübergreifende Versorgung, Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln und die Förderung der EU-Produktion von Wirk- und Hilfsstoffen.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Im Sinne eines gerechten und nachhaltigen Gesundheitssystems braucht es Ansätze auf mehreren Ebenen. Reformen sind nötig, um die medizinische Versorgung flächendeckend (in Stadt und Land) sicherzustellen, Bürokratie abzubauen und die Pflegeversicherung sozialverträglich zu gestalten. Der Fachkräftemangel erfordert bessere Bezahlung und Digitalisierung, z. B. KI im Pflegealltag. Freiberufliche Gesundheitsberufe und Apotheken sollen gestärkt, die Abhängigkeit von ausländischer Arzneimittelproduktion reduziert werden. Prävention, Gesundheitsbildung und die Unterstützung pflegender Angehöriger stehen im Fokus, ebenso wie die Regulierung profitorientierter Praxisketten.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Wir fordern die Abschaffung der Zusatzbeiträge und die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle Bürger nach ihrem Einkommen einzahlen und grundsätzlich gleiche Leistungen auf dem Niveau der höchsten medizinischen Standards erhalten.
Notwendig ist außerdem eine viel strengere Regulierung der Arzneimittelpreise, auch und gerade für neue Medikamente mit Patentschutz.
Besonders Hausärzte als Ansprechpartner der Patienten müssen höher vergütet werden. Generell darf der Wegfall der Privatversicherung nicht zu Einkommenseinbußen für niedergelassene Ärzte führen. Wir wollen mehr Medizinstudienplätze schaffen, mehr Pflegepersonal ausbilden und sie besser bezahlen.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Die Linke tritt für eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversorgung ein. Hier zahlen alle Erwerbstätigen ein und die willkürliche Beitragsbemessungsgrenze entfällt. Privatversicherte werden in die gesetzliche Krankenversicherung mit einbezogen – Schluss mit der Zwei-Klassen-Medizin. Die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte müssen verbessert werden, staatliche Unterstützung und starke Gewerkschaften helfen hierbei. Outsourcing, Lohndumping sowie Privatisierung und Gewinndruck müssen Geschichte sein. Kommunale Versorgungszentren sollen in ländlichen Gebieten die Gesundheitsversorgung verbessern, sie garantieren umfassende Versorgung und sind bedarfsgerecht sowie gemeinwohlorientiert.
AfD, Carina Schießl:
Die AfD fordert eine Reform des Gesundheitssystems: Bürokratieabbau, damit Ärzte mehr Zeit für Patienten haben, und gezielte Förderungen für ländliche Regionen. Zudem sollen Menschen, die nie eingezahlt haben, nur Notfall- und Grundversorgung erhalten. Beitragszahler verdienen Gerechtigkeit und Entlastung. Kosten müssen transparent und Verschwendungen reduziert werden, damit eine faire und nachhaltige Versorgung für alle gewährleistet bleibt.
Welche Strategie halten Sie für die beste und welche Partei hat Ihrer Meinung nach die notwendige Erfahrung, um den ˶Patienten” Krankensystem gesund zu machen?
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Kathrin Gnilka | filterRedaktion