Am Sonntag ist Bundestagswahl – und dieses Mal gelten neue Regeln. Durch die Wahlrechtsreform hat sich nämlich das Wahlrecht in wichtigen Punkten geändert. Was genau neu ist, warum das Ihre Stimme beeinflusst und was Wählerinnen und Wähler jetzt bei ihrer Stimmabgabe beachten sollten.
Der Deutsche Bundestag hat 2023 eine Wahlrechtsreform beschlossen, die ab der kommenden vorgezogenen Wahl am 23. Februar 2025 zur Anwendung kommt. Hauptziel dieser Reform ist die Verkleinerung des Bundestages. Im alten Wahlrecht lag die gesetzliche Regelgröße bei 598. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate war diese jedoch ständigen Schwankungen unterworfen, sodass sie nach der Wahl des 20. Deutschen Bundestages auf 736 Abgeordnete angewachsen war.
Was ändert sich genau durch die Wahlrechtsreform?
Um das künftig zu verhindern und somit die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu verbessern, wird die Zahl der Sitze im Bundestag auf 630 festgelegt. Dafür werden die Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft, wodurch die Sitzverteilung ausschließlich durch die Zweitstimmen festgelegt wird (=Zweitstimmendeckung). Die Grundmandatsklausel bleibt nach Diskussion weiter bestehen und auch die Anzahl der Wahlkreise bleibt bei 299.
Wegfall der Überhang- und Ausgleichsmandate
Bis 2024 war das deutsche Wahlsystem so gestaltet, dass Direktkandidaten mit den meisten Erststimmen in einem Wahlkreis automatisch in den Bundestag einzogen – unabhängig vom Ergebnis der Zweitstimme – die eigentlich darüber entscheidet, wie viele Sitze einer Partei insgesamt im Bundestag zustehen.
Ein einfaches Beispiel: Wenn von einer Partei 45 Direktkandidaten über die Erststimme gewählt wurden, der Partei aufgrund ihrer Zweitstimmen jedoch nur 40 Sitze zustanden, dann zogen trotzdem die 45 über die Erststimme gewählten Direktkandidaten in den Bundestag ein, erhielten also je einen Sitz. Das führte zu sogenannten Überhangmandaten, die wiederum durch sogenannte Ausgleichsmandate für andere Parteien ausgeglichen wurden. Somit wuchs der Bundestag weiter an. Um dem entgegenzuwirken, werden aufgrund der Wahlrechtsreform 2025 Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft.
Was ändert sich durch die Abschaffung der Überhangmandate?
Künftig dürfen Parteien nur noch so viele Abgeordnete ins Parlament entsenden, wie es ihrem Zweitstimmenanteil entspricht (= Zweitstimmendeckung). Gewinnen Direktkandidaten einer Partei also nun in Wahlkreisen, aber die Partei hat schon ihre Sitze gemäß dem Zweitstimmenanteil (im Beispiel 40 Sitze) vergeben, ziehen diese Direktkandidaten nicht mehr ein. In unserem Beispiel führt das dazu, dass nicht mehr die 45 direkt gewählten Kandidaten (Erststimme) in den Bundestag einziehen, sondern nur noch 40.
Die Grundmandatsklausel bleibt erhalten
Auch über die Abschaffung der Grundmandatsklausel wurde diskutiert. Diese Klausel bleibt jedoch unverändert, da sie dafür sorgt, dass regional starke Parteien, die in den Umfragen insgesamt schwächer sind, nicht benachteiligt werden.
Was regelt die Grundmandatsklausel? Sie ermöglicht es Parteien, die weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen erhalten (an der 5-Prozent-Hürde scheitern), trotzdem in den Bundestag einzuziehen – aber nur dann, wenn sie mindestens drei Direktmandate (Erststimmen) bekommen. So konnte beispielsweise die Partei Die Linke 2021 mit nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen, aber drei gewonnenen Direktmandaten, trotzdem Sitze im Bundestag erhalten. Sie bekam nicht nur die drei Sitze, sondern so viele, wie es ihrem Zweitstimmenanteil entsprach, das waren 39 Sitze.
Parteien, die etwa nur zwei Direktmandate gewannen (Grundmandatsklausel greift nicht) UND unter 5 Prozent Zweitstimmen lagen, zogen vor der Wahlrechtsreform ebenfalls mit diesen beiden Direktmandaten in den Bundestag ein – unabhängig von der Zweitstimmenzahl. Sie erhielten lediglich keine zusätzlichen Sitze aufgrund ihrer Zweitstimmen.
Nach der Reform ist es nun jedoch so, dass in diesem Fall KEIN Kandidat der Partei in den Bundestag einzieht, da die Zweitstimme entscheidend für den Einzug in den Bundestag ist und das Scheitern an der 5-Prozent-Hürde sozusagen 0 Prozent entspricht. In einem solchen Fall bliebe der Wahlkreis ohne Vertretung. Das kann zur Folge haben, dass kleinere Parteien möglicherweise gar nicht mehr in den Bundestag einziehen.
Was bedeutet das nun für die Wählerinnen und Wähler?
Künftig ist die Zweitstimme entscheidend für die Sitzverteilung im Bundestag. Stimmensplitting – also die Abgabe der Erst- und Zweitstimme für unterschiedliche Parteien – bleibt weiterhin möglich, aber Wähler sollten sich bewusst sein, dass ein Direktkandidat möglicherweise trotz Gewinns im Wahlkreis (Erststimme) nicht in den Bundestag einzieht, wenn seine Partei nicht genügend Zweitstimmen erhält. Damit wäre Ihre Erststimme „verloren“. Besonders in Wahlkreisen mit starken Kandidaten kleinerer Parteien ist es daher wichtig, auch die Zweitstimme gezielt zu setzen, um sicherzustellen, dass die Stimme für den gewünschten Kandidaten und die bevorzugte Partei zählt.
Themen im Wahlkampf
Wir haben mit den größten Parteien in Regensburg gesprochen und sie mit den drängendsten Fragen konfrontiert. Hier kommen Sie zur Übersicht: Bundestagswahl 2025: Regensburgs Kandidaten und ihre Antworten auf drängende Fragen.
Marina Triebswetter | filterVERLAG