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Es ist ein Gefühl, das man eigentlich keinem wünscht. Auch Uli Hoeneß nicht. Wenn sich hinter einem eine schwere, grüne Stahltür schließt und nicht etwa wieder öffnet, wenn man selbst es möchte. Weggesperrt. Wenn der Wärter den langen Schlüssel dreimal in der schweren Stahltür dreht. Dann hat man sein Leben quasi in der "Kammer" abgegeben.



Das Schild "Zimmer frei" suche ich vergeblich an der Eingangspforte der Männerpension in der Augustenstrasse 4. Die besten Zeiten hat das Etablisment freilich längst hinter sich. Die JVA Regensburg erinnert eher an ein Stasi-Verließ aus den Siebzigern als an eine moderne Haftanstalt - daran kann selbst das durchwegs freundliche Personal nicht hinwegtrösten. Zum Glück beschränkt sich die Aufenthaltsdauer der Gäste hier auf maximal ein Jahr. Mir hat schon ein Tag gereicht. Ganz allein ist in einer trist gekachelten Zelle mit Stehkloh in der Ecke. Einzelzimmer mit Wandblick.

Im Grunde hatte ich diese 24 Stunden abgeschottet von der Außenwelt ("muss ich das Iphone wirklich auch abgeben") bereits vergangenen Winter gebucht. Denn da war mir klar: Ich mach das - ich will sehen, wie das ist. Obwohl - mit fremden Federn schmücken macht man nicht. Denn eigentlich habe ich diese besinnliche Auszeit vom Alltag einem anderen zu verdanken: Dem reizenden Herrn G-Punkt vom Verkehrsüberwachungsdienst der Stadt Regensburg. Denn dort gibts diesen Adventure-Trip frei Haus.


Denn da Herr G-Punkt natürlich wissen will, an wen er die Gewinn-Benachrichtigung schicken soll, fragt er Sie nun in schroffem Ton "Und wer sind jetzt Sie?". Natürlich geben sie bereitwillig Auskunft, denn Sie haben ja mit der ganzen Sache nichts zu tun. Sie erwähnen, dass Sie hier in Hausnummer 8 wohnen und wie Sie heißen. Was Sie nicht wissen: Sie haben schon fast gewonnen. Also bei mir war das so. Jippie.

Schon vier Wochen nachdem ich Herrn G-Punkt in seiner Verwarnwut unterbrach, kam die erste Gewinnbenachrichtigung: Ein Anhörungsbogen für "Betroffene wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit". Achtung: Als Fahrer! Eines Autos, in dem ich mein LKeben lang noch nie gesessen bin. Bin ich David Copperfield ? Oder ist es Herr G-Punkt. Einer von uns beiden scheint magische Fähigkeiten zu haben.

Da unsereinst ja auch viel auf Recherche- und Reportagereisen ist, erreichte mich erst - weitere fünf Wochen später - der dazugehörende Bußgeldbescheid, sozusagen die zweite Gewinnbenachrichtigung. Aber nun stellte sich heraus, dass der Gewinn so seinen Haken hatte. Plötztlich wollte Herr G-Punkt nicht mehr 10 Euro - wohlbemerkt fürs "damit gar nichts zu tun haben" - sondern 38,50 Euro. Prima dachte ich, da ruf ich doch jetzt mal an.

Leider war die Einspruchsfrist bereits überschritten und man könne mir auf mein mehrfaches Erklären, dass ich mit dem Fahrzeug so rein gar nichts zu tun hätte, nicht mehr helfen. Das gehe jetzt seinen Weg. Außerdem könne das ja auch jeder behaupten. Das war Ende Oktober 2013. Ich dachte - naja, vielleicht hat Herr G-Punkt endlich doch seine Arbeit gemacht und im Computer nachgesehen, wem das besagte Auto ohne Anwohnerparkausweis wirklich gehört. Denn ein Nummernschild war ja dran!

Bis im Januar plötzlich die Ankündigung der Vollstreckung ins Haus flatterte, aus welchem ich selber wieder ein drei Wochen ausgeflogen war. Im Februar wollte man plötzlich schon 59,50 Euro. Jetzt reichte es endgültig. Erneut griff ich zum Hörer und stellte klar: Ich habe mit diesem Vorfall nichts zu tun. Das - hieß es - hätte man schriftlich gebraucht, weil Ausreden von Verkehrssündern gebe es immer wieder. Hallo - es ist nicht so, dass es zwar mein Fahrzeug ist und ich anzweifle, dass man dort mit Parkausweis stehen müsse. Es ist auch nicht so, dass ich behauptete mit meinem Fahrzeug gar nicht an besagtem Ort gewesen zu sein. Es ist einfach so, dass ich mit diesem verdammten scheiß Auto überhaupt nichts aber auch gar nichts zu tun habe!!!

Auch jetzt schaffte es Herr G-Punkt und seine Vorgesetzten - die mich inzwischen mehrfach in der Leitung hatten - nicht, mal einen Blick in das Halter-Verzeichnis zu werfen. Ich wurde als zahlungsunwillig (!) eingestuft und so beantragte Frau Eff vom Verkehrsüberwachungsdienst einen Tag Erzwingungshaft beim Amtsgericht. Hurra - JETZT hatte ich gewonnen. Lang hat's gedauert - gut ein Jahr nachdem ich Herrn G-Punkt dies einzige Mal persönlich kennenlernen durfte.

Jetzt musste ich mir nur noch über die Buchungshotline bei der Staatsanwaltschaft einen passenden Urlaubsantritt aussuchen. Aber auch der wurde recht unkompliziert und schnell gefunden. Den Rest kennen Sie schon. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Die Herrn G-Punkt wohl nichts ausmachen würde, weil er sogar viel länger als nur 24 Stunden ohne einen Blick in seinen Dienst-Computer auskommt.

Eigentlich wünsche ich jedem, einmal im Leben diese Erfahrung zu machen. Dann weiß man wirklich, was es heißt, ein Leben in Freiheit leben zu können. Viele auf dieser Welt können es leider nicht. Alles was Sie tun müssen: Nur zum rechten Zeitpunkt neben einem falschparkenden Auto stehen. Danke, Regensburger Verkehrsüberwachung.

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Foto: Bigstock / Inked Pixels

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