Was macht uns glücklich?
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Für die einen ist es schon der erste Schluck Kaffee am morgen. Für andere ein Ausflug mit der Familie oder Lob für eine gute Leistung. Viele Wege, ein Ziel: Wir alle wollen das Glück in unserem Leben finden. Doch was bedeutet Glück und wie bekommt man es?
Ist Glück Geld? Schönheit? Ruhm? Oder zählen andere Werte wie Freundschaften und Familie? Machen Kinder glücklich? Eine schwierige Frage, denn Glück ist subjektiv, jeder verbindet etwas anderes damit. Trotzdem gibt es Faktoren, die zu einem glücklichen Leben beitragen. Die Glücksforschung untersucht Glück empirisch und gibt Antworten auf diese Fragen.
Dr. Karlheinz Ruckriegel ist Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg und ein Experte auf dem Gebiet der Glücksforschung. Die Glücksforschung beschäftigt sich mit den Bedingungen, unter denen sich Menschen als glücklich bezeichnen. Ihr Ziel ist es, mit ihren Erkenntnissen das menschliche Glück zu maximieren. Seit den 1980er Jahren wird die Forschung in Deutschland betrieben. Um Glück wissenschaftlich zu untersuchen, muss man sich zunächst die Frage stellen: Was ist Glück überhaupt? Die Glücksforschung unterscheidet in zwei Arten von Glück: das Zufalls- und Lebensglück. Das Zufallsglück ist für die Glücksforschung nicht relevant, da es starken Schwankungen unterliegt und nur einen geringen Einfluss auf das Lebensglück hat. Das Lebensglück, auch als Ziel oder Sinn des Lebens bezeichnet, ist Dreh- und Angelpunkt der Forschung. Um es zu messen, fragt die Glücksforschung nach dem subjektiven Wohlbefinden, das zwei Ausprägungen hat. Die beiden Ausprägungen sind das emotionale und kognitive Wohlbefinden. Das emotionale Wohlbefinden stellt die Frage: Wie fühlen wir uns, während wir unser Leben leben? „Das bedeutet sozusagen: Wie reagiere ich auf Emotionen“, erklärt Prof. Dr. Ruckriegel. „Werde ich schnell wütend und gestresst, wenn ich im Stau stehe oder bleibe ich gelassen?“ Das emotionale Wohlbefinden wird mittels eines Fragebogens gemessen. Er zeigt in welchem Verhältnis positive und negative Ereignisse stehen. „Weil negative Gefühle weit stärker wirken als positive, brauchen wir ein 3:1 Verhältnis von Positivem zu Negativem“, sagt Ruckriegel. Dabei ist es vor allem wichtig, sich die schönen Dinge im Leben bewusst zu machen. Das kann schon damit beginnen, dem Nachbarn einen „guten Morgen“ zu Wünschen, öfter „Danke“ zu sagen, etwas Ermutigendes in seinen Mailabsender zu schreiben oder Meetings mit positivem Feedback zu beginnen. „Unsere Gefühle sind ein Teil von uns und wir müssen lernen sie zu kontrollieren. Wir sind nicht die Emotion! Lassen Sie sich von negativen Gefühlen nicht überwältigen. Führen Sie zum Beispiel ein Dankheitstagebuch, um sich an die kleinen Dinge, die Sie in Ihrem Alltag erfreuen, zu erinnern.“
DO IT YOURSELF TIPP: Schöne Tage Box
Wer sich Positives in Erinnerung ruft, lässt sich von negativen Erlebnissen nicht so schnell aus der Bahn werfen. In der schönen Tage Box können Sie die kleinen und großen Glücksmomente festhalten. Füllen Sie eine Box mit 365 Karten (z.B. Karteikarten) und schreiben Sie jeden Tag etwas auf, das Sie glücklich gemacht hat. Führen Sie die Box über einen längeren Zeitraum, werden Sie automatisch an schöne Momente erinnert.
Das kognitive Wohlbefinden misst unsere Zufriedenheit anhand unserer Wünsche und Erwartungen. Wer sich realtistische Ziele setzt, kann diese auch erreichen und erfährt Erfolgserlebnisse. „Außerdem sind die Werte, nach denen man handelt, entscheidend. Geld, Schönheit und Ruhm werden Sie nicht auf Dauer glücklich machen.“ Das kognitive Wohlbefinden wird auf einer Skala von 0 bis 10 gemessen. „Ziel ist es, einen Faktor ab 8 zu erreichen.“
Glück: Eine Frage der Persönlichkeit?
Ob wir glücklich sind, hängt auch von unserer Persönlichkeit, unserem Charakter, ab. Ausgeglichene Menschen sind widerstandsfähiger und können daher besser mit Rückschlägen umgehen. Wie ausgeglichen ein Mensch ist, zeigt das 5-Faktoren-Modell der Persönlichkeit (Big Five). Anhand der Eigenschaften Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Extrovertiertheit und emotionale Labilität ordnet es den Menschen ein. „Besonders emotional labile Menschen erfahren starke Schwankungen in Bezug auf Glück.“ Einen viel größeren Einfluss als die Persönlichkeit haben soziale Beziehungen auf das Glück. „Sie sind der Glücksbringer Nummer eins!“, weiß Ruckriegel. Enge Kontakte geben uns Sicherheit und Rückhalt in allen Lebenslagen. In schwierigen Situationen können wir uns aufeinander verlassen. Soziale Kontakte helfen uns aus unserem Unglück und umgekehrt. Daher wirkt sich das Leid anderer auch nicht negativ auf uns aus. Wir fühlen zwar mit, erleben jedoch ein Glücksgefühl, wenn wir Unterstützung bieten können. Hand in Hand durchs Leben. Dabei muss es sich nicht immer um einen Partner handeln. Das Bild vom umglücklichen Single, der abends alleine auf der Couch sitzt und Eis aus dem 5-Liter-Eimer löffelt, ist Unsinn. „Wer keinen Partner hat, kann das auch durch zwei oder drei richtig gute Freundschaften kompensieren.“ Freundschaften im echten Leben, nicht auf facebook – ergänzt der Glücksexperte noch. In unserer Sehnsucht nach Gemeinschaft liegt auch begründet, dass Religion einen Einfluss auf unsere Glücksbilanz hat. „Religiöse Menschen sind in eine Gemeinde eingebunden und haben dadurch starke soziale Bindungen.“ Außerdem kann Religion helfen, schlimme Ereignisse zu verwinden und ihnen einen Sinn zu geben. „Die Religion liefert eine dritte Instanz, an die sich der Mensch wenden kann.“
In a rich man´s world
„Glück kann man nicht kaufen“ Stimmt diese alte Volksweisheit? Das sozioökonomische Panel führt im jährlichen Rhythmus seit 1984 Befragungen von 12.000 Privathaushalten mit den immer gleichen Personen und Familien durch. Das Ergebnis der Befragungen ist ganz klar: Das Einkommen hat bis zu einem gewissen Maß Einfluss auf unser Lebensglück. „Einkommen steht für eine bestimmte Hierarchie. Wer in den unteren 10 Prozent der Einkommenskategorie angesiedelt ist, büßt 1 bis 1,5 Punkte auf der Zufriedenheitsskala ein. Das ist eine Menge.“ Der Grund: Wenn das Grundeinkommen nicht gesichert ist, hat dies einen großen Einfluss auf unser Leben. Wir werden stark in unserer Freiheit eingeschränkt, die Zukunftsperspektive für uns und unsere Kinder sinkt. Macht Geld also glücklich? „Nein“, ist die klare Antwort des Glücksforschers. Denn ist die Mindestabsicherung vorhanden, gleicht der Mensch seine Ansprüche schnell nach oben hin an. Zu sehen ist dies zum Beispiel bei Gehaltserhöhungen. „Am Anfang steigt die Motivation des Mitarbeiters, doch schon nach einigen Monaten pendelt sie sich wieder auf das Niveau zu Beginn ein.“ Mehr Geld, mehr materieller Besitz: Das alles macht nicht glücklich, denn der Mensch gewöhnt sich zu schnell daran. Geld ist ein Mittel zum Zweck. Wer sich zu sehr darauf versteift, wird dessen Sklave. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass wir unser Glück nicht alleine im Job suchen sollten. Ein erfülltes Berufsleben ist wichtig, da der Mensch hier Anerkennung erfährt, die wiederum sein Selbstbewusstsein stärken. „Wir müssen jedoch auf eine Work/Life Balance achten. Wer zu viel Zeit mit seinen Job verbringt, vernachlässigt soziale Beziehungen.“
Verantwortlich für das Glück am Arbeitsplatz: Feel-Good-Manager
Firmenfeiern veranstalten, den Kollegen einen Geburtstagskuchen backen, ausländischen Mitarbeitern bei Behördengängen zur Seite stehen, neuen Angestellten bei der Wohnungssuche helfen – das alles sind Aufgaben des Feel-Good-Managers. Eine handvoll Unternehmen in Deutschland gibt es bereits, die eine solche Position besetzen. Warum? Sie haben erkannt, dass ein gutes Betriebsklima, Wertschätzung und das Wohlbefinden der Mitarbeiter mitunter wichtiger sein können als das Gehalt.
Braucht es Kinder, um glücklich zu werden?
Einen Partner finden, ein Haus bauen, eine Familie gründen. Ist der Pfad zum Weg gepflastert mit Schnuller und Strampelanzug? Eine pauschale Antwort, ob Kinder zum Glück dazu gehören, gibt es nicht. Für viele fühlt es sich jedenfalls so an. Nicht zuletzt durch die Werbung, die einem genau das vorlebt. „Wir vergleichen uns ständig mit anderen und machen uns daher selbst Druck. Die Werbung trägt natürlich einen Großteil dazu bei.“ Wir werden konfrontiert mit Menschen, die schöner sind als wir, reicher, die einen interessanteren Job haben, einen aufregenderen Partner und die scheinbar perfekte Familie. „Kinder bringen natürlich viele Glücksmomente mit sich. Auf der anderen Seite aber auch viele Sorgen. Ich glaube nicht, dass die Pubertät eine glückliche Zeit für Eltern ist“, lacht Ruckriegel. Außerdem stellen Kinder auch eine finanzielle Belastung dar. „Dennoch sind sie eine soziale Beziehung, die man so sonst nicht erleben würde. Eine Beziehung über einen langen Zeitraum hinweg.“ Ob Kinder zum Lebensglück gehören, sollte jeder – ohne Einfluss von außen – für sich selbst festlegen. Ein Garant fürs Glück sind sie nicht.
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Das Glück verläuft U-förmig
Forscher fanden heraus, dass das Glück im Lauf unseres Lebens U-förmig verläuft. Mit Anfang 20 und kurz vor dem Rentenalter sind wir am glücklichsten. Weshalb? Anfang 20 ist unsere persönliche Freiheit am größten, wir haben wenig Verpflichtungen. Ein Einbruch des Glücks kommt Anfang/Mitte 30 – in der „Rush Hour des Lebens“. Stress im Job, Konkurrenzdenken, Wettbewerb bei der Partnerwahl und der Druck, eine Familie zu gründen – diese Stressfaktoren belasten uns dann. Wir hetzen durch diese Zeit und gönnen uns kaum eine Verschnaufspause. Mitte 50 sinken die Stressfaktoren wieder und wir können unser Leben mehr genießen. Uns auf uns selbst zurück besinnen.
Und genießen sollten wir unser Leben auch. Wer Glück findet – sei es in den großen oder kleinen Dingen – erhöht seine Lebenserwartung deutlich. Zufriedene Menschen sind ausgeglichener, haben ein besseres Immunsystem. Um dies zu erreichen – so fasst Prof. Dr. Ruckriegen zusammen – müssen wir besonders an unseren sozialen Beziehungen arbeiten. „Enge Freunde, Engagement, Freiheit und Dankbarkeit. Das sind die Dinge, die auf jeden Fall glücklich machen.“