Fernab vom alltäglichen Lärm und Stress, in grenzenloser Freiheit, direkt unter den Wolken. Gleitschirmfliegen in sechs Kilometern Höhe setzt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen voraus. Ein einziger Fehler, ein Moment der Gedankenlosigkeit, kann das Leben kosten. Schorsch Höcherl fliegt in Ländern auf der ganzen Welt – mit höchster Konzentration – und genießt jeden einzelnen Moment hoch oben in der Luft.
Die Sonne scheint, der Wind pfeift leicht. Optimale Wetterbedingungen für die ersten Erfahrungen mit dem Gleitschirm. Schon die erste Übung ist für die Flugschüler von Schorsch Höcherl eine kleine Herausforderung: Den Schirm direkt mittig über dem Helm zu halten. Doch nach einer guten Stunde haben sie den Dreh raus, wissen welche Seile wie funktionieren. Sorgfalt ist gefragt, kein Seil darf sich mit dem anderen überkreuzen. Dann heißt es losrennen, den Berg hinunter, über dem Kopf der riesige Schirm. Immer schneller, bis die Füße schließlich den Boden verlassen und man nur noch vom Gleitschirm getragen wird.
„Diese unendliche Freiheit und Ruhe verpasst mir den Kick“, erklärt Schorsch Höcherl. Vor 27 Jahren entdeckte er zufällig durch einen befreundeten Skilehrer seine Leidenschaft für das Gleitschirmfliegen. „Eigentlich wollte ich es nur einmal kurz ausprobieren. 20 Meter weit fliegen. Fertig“, erinnert sich Höcherl. Aus den 20 Metern wurden dann jedoch 1.000 Höhenmeter. „Das Gefühl war unglaublich, auf einmal wirbelten mich die Aufwinde immer weiter nach oben.“ Noch im gleichen Jahr legte er seinen Luftfahrerschein ab und gründete das Flugzentrum Bayerwald, die einzige Flugschule in ganz Ostbayern. Hier hat er bis dato über 5.000 Flugschülern das Gleitschirmfliegen gelernt.
Höcherl so viel wie möglich selbst mit dem Gleitschirm unterwegs. Auf allen Teilen der Erde. Das schönste Flugerlebnis? Er überlegt kurz. „Jeder Ausflug ist etwas besonders, aber am Besten hat es mir bisher über dem Indischen Ozean gefallen. Die Aussicht und die Luft sind einfach unvergleichlich.“ Während die Flughöhe normalerweise zwischen 2.000 und 3.000 Metern liegt, erreichte Höcherl im australischen Flachland schon 5.500 Meter, über dem Sierra Nevada in Amerika seine Rekordhöhe von stolzen 6.000 Metern. „Das funktioniert wirklich erst nach einer ganzen Stange an Erfahrungen. Man darf sich keinen Fehler erlauben.“ Schon ein Wind über 30 Kilometern pro Stunde kann für Probleme sorgen. „Je mehr Übung man hat, desto besser kann man die einzelnen Situationen einschätzen und dementsprechend richtig reagieren.“ Wechselndes Wetter, egal ob Sonnenschein oder Regen, veränderte Windverhältnisse… alle Faktoren beeinflussen den Flug mit dem Gleitschirm. Höcherls längster Flug dauerte neuneinhalb Stunden, 150 Kilometer legte er in dieser Zeit zurück. Ohne Pause. „Gerade in der Urlaubszeit bin ich viel außerhalb von Deutschland unterwegs. Ansonsten lässt es sich auch gut im Bayerischen Wald fliegen, die Thermik ist dort optimal.“
Das richtige Verhalten und Gespür vermittelt Schorsch im Vier-Tages- Grundkurs. Nach vier Stunden Theorieunterricht stehen bis zu 20 Flüge vom Übungshang aus an. Um weltweit fliegen zu können, müssen Gleitschirmfans für den sogenannten beschränkten Luftfahrerschein die Höhenflug- Ausbildung absolvieren - mit 40 Höhenflügen unter Anleitung von zwei Fluglehrern und 20 Theoriestunden über Wetterkunde, Luftrecht, Verhalten, Gefahreneinweisung und Aerodynamik. „Mittlerweile sind die Gleitschirme so gebaut, dass das Fliegen für jeden ziemlich einfach zu lernen ist. Es geht relativ schnell, bis man sich zutraut zwei Stunden in der Luft zu bleiben.“
Für die Anfänger im Schnupperkurs ist der erste Flug ein paar Sekunden und Meter später schon vorbei. Doch das Gefühl der Freiheit, der Ungezwungenheit, der Grenzenlosigkeit hält an und lässt nur wage erahnen, was Schorsch Höcherl erst in sechs Kilometern Höhe spüren muss.
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Bilder: Flugzentrum Bayerwald
Bilder: Flugzentrum Bayerwald
