Siebenfacher deutscher Meister, dreifacher DFB-Pokal- und Supercup-Sieger, Weltmeister. Die Titelliste von Klaus Augenthaler geht runter wie Öl. Nun verschlägt es die deutsche Fußballlegende in den Amateurfußball, zum SV Donaustauf. Die Meldung hinterließ Skepsis und fragende Gesichter. Der Verein und seine Sponsoren freuen sich über die Aufmerksamkeit und schmieden große Pläne. Doch was treibt „Auge“ in die Provinz?
Zunächst dachten Fußball-Fans und Sportjournalisten an eine Ente, als die Gerüchte über eine Verpflichtung von Klaus Augenthaler beim SV Donaustauf durchsickerten. Der Verein, der in der Bezirksliga Oberpfalz Süd seine Spiele bestreitet, soll einen Weltmeister und ehemaligen Bayern-Profi als neuen Cheftrainer geholt haben? Absurd, verrückt und unglaubwürdig schien die Vorstellung. Doch tatsächlich präsentierte der Verein gemeinsam mit seinen Sponsoren am 18. Dezember niemand geringeren, als die „Auge“ getaufte Fußballlegende.
Das öffentliche Interesse an der Pressekonferenz im Donau Einkaufszentrum hätte dabei nicht größer sein können. Zahlreiche Schaulustige drängelten sich in und um den Glöckl-„Biergarten“, um einen Blick auf den großen Augenthaler erhaschen zu können. Immer wieder waren aus dem Publikum Aussagen wie „Das ist er wirklich!“ und „Der Auge hier, in unserer Stadt“ zu hören. Es dauert lange, bis die Nachricht wirklich in den Köpfen angekommen ist.
Wer glaubt, dass Klaus Augenthaler sofort das Ruder beim Verein übernimmt, der irrt jedoch. Bis zum Ende der Saison bleibt der bisherige Coach Thomas Semmelmann der Chef im Team, bis er dann als Mitglied des Trainerstabs im Schatten des großen Namens zu verschwinden droht. Doch in der aktuellen Spielzeit lastet noch der Druck des Aufstieges auf ihm. Auge führt lediglich beratende Tätigkeiten für die aktuelle Spielzeit aus. Lothar Rengsberger, Abteilungsleiter der Fußball-Abteilung, stärkt seinem Coach aber den Rücken: „Die Mannschaft ist gut aufgestellt und motiviert, das zeigen sie bei jedem Spiel und auch in jedem Training. Fußball darf man nie zu gelassen sehen, aber wir sind sehr positiv gestimmt.“
Zu Größenwahn möchte sich der Verein aber keineswegs hinreißen lassen. Die Verpflichtung von Augenthaler sehen die Verantwortlichen zwar als Chance, die Gedanken bleiben jedoch weiter im Amateur-Bereich. „Wir behalten jetzt erstmal die aktuelle Saison im Auge. Momentan stehen wir an der Tabellenspitze und das soll auch so bleiben. Deshalb liegt der Fokus auf den nächsten zwölf Spielen – und natürlich hoffen wir, dass es mit dem Aufstieg in die 6. Liga klappt. Dann sehen wir weiter“, gibt Rengsberger zu denken.
Als Fußball-Fan möchte man jedoch meinen, dass der Anspruch eines Klaus Augenthalers größer ist. Seine Trainer-Stationen waren unter anderem Wolfsburg, Leverkusen und Nürnberg. Die Entscheidung nach Donaustauf zu gehen, dürfte aber zu einem großen Teil eine Herzensangelegenheit gewesen sein. „Durch meine niederbayerische Herkunft fühle ich mich der Region und dem Verein eng verbunden. Und ich hoffe, hier auch endlich wieder Zeit zum Fischen zu haben“, gesteht der Weltmeister ein.
Eine nicht unwesentliche Rolle haben auch die Sponsoren gespielt. Der SV Donaustauf hat sich große und zahlungskräftige Unternehmen ins Boot geholt. „Wir konnten bereits für diese Saison mit Neckermann Strom, Buchbinder Rent-a-Car und Campus-Immobilien starke Sponsoren gewinnen. Damit werden natürlich auch neue Wege möglich“, so Rengsberger. Diese garantieren Augenthaler etwas, was ihn zusätzlich zur Unterzeichnung des Vertrages motiviert hat. Neben dem Fußball, soll künftig nämlich auch soziales Engagement im Fokus stehen, wie der Weltmeister mitteilt: „Neben der sportlichen Aufgabe sehe ich hier die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Verein und seinen Unterstützern verschiedene soziale Projekte in Bewegung zu bringen. Hier habe ich Erfahrungswerte – und das ist mir persönlich auch sehr wichtig.“
Doch wieso ausgerechnet in Donaustauf? Die Frage ist einfacher zu beantworten, als es scheinen mag. Geschäftsführer des neuen Hauptsponsors ist Florian Wessely, ein gebürtiger Regensburger und guter Freund von Matthias Klemens, einem weiteren Gönner des Vereins. Bei nüchterner Betrachtung der Vorgänge in Donaustauf, schleicht sich der Eindruck ein, dass im modernen Fußball die Kommerzialisierung langsam auch im Amateurbereich Einzug hält. Ganz wie bei den Großen sollen Sponsoren zum sportlichen Erfolg beitragen. Eine Entwicklung, die auch Klaus Augenthaler nicht abzustreiten vermag: „Auch die Amateure passen sich dem an, was so in den Medien gezeigt und angesprochen wird und die Spielsysteme ändern sich ebenfalls. Im Amateurbereich wird auch hart gearbeitet.“
An der Tradition und Emotion des Fußballs soll sich deshalb aber nichts verändern. „Die Mannschaft und die Trainer haben sich in der Vergangenheit über Niederlagen und verpasste Torchancen geärgert – und das werden sie auch in Zukunft tun. Mit einem ebenso engagierten Chef-Coach, der selbst sagt, dass er sich über Niederlagen in der Bezirksliga genauso ärgert wie in der Bundesliga. Das öffentliche und mediale Interesse ist vergessen, sobald das Spielfeld betreten wird: Dann zählt nur noch das Spiel!“, erklärt Lothar Rengsberger.
Von all diesem Trubel und der damit einhergehenden Aufmerksamkeit bekommen die Spieler zwar einiges mit, für sie ist die Verpflichtung aber aus einem anderen Grund etwas ganz besonderes. Für die Kicker geht ein echter Traum in Erfüllung. Sie dürfen künftig unter einem Weltmeister trainieren. Die Aufregung ist deshalb groß in Donaustauf, wie Rengsberger bestätigt: „Die Mannschaft und die Trainer freuen sich ungemein! Unser Trainer-Duo Trainer Thomas Semmelmann und Andreas Vilsmaier stehen schon im engen Kontakt mit Klaus Augenthaler, die drei verstehen sich jetzt schon sehr gut.“
Bei aller Aufmerksamkeit, aller Aufregung und dem ganzen Trubel scheint am Ende also doch eine Sache ganz besonders im Mittelpunkt zu stehen: echte und unverfälschte Emotion für den Fußball. Vielleicht der wahre Grund, weshalb es Klaus Augenthaler in die Provinz verschlägt.
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Bild 1: Klaus Augenthaler bei der Pressekonferenz zu seiner Verpflichtung. (Foto: Neckermann Strom)
Bild 2: Fußball-Abteilungsleiter Lothar Rengsberger, amtierender Trainer Thomas Semmelmann, Weltmeister Klaus Augenthaler und Sponsoren-Vertreter Florian Wessely (Foto: Neckermann Strom
Bild 3: Der Ansturm bei der Pressekonferenz war sehr groß.