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Sobald die Faschingszeit vorbei ist, zieren reichlich dekorierte Schaufenster mit Osterhasen und Ostereiern die Stadt, und auch die Kaufhäuser sind prachtvoll geschmückt. Die Händler locken mit einer Vielzahl an tollen Schnäppchen und Angeboten die Kunden an. Und das obwohl Ostern streng genommen ein christliches Fest ist. Was haben bunt geschmückte Straßen und Kaufhäuser mit der Auferstehung Jesu Christi zu tun? Steht der religiöse Aspekt überhaupt noch im Fokus? Wir haben die Entwicklung des Osterfestes und des Konsums aus vier verschiedenen Perspektiven betrachtet und Experten des Bistums Regensburg, der Caritas sowie der Vergleichenden Kulturwissenschaft der Universität Regensburg zu Rate gezogen.


Vergangenheit: Entwicklung der Konsumgesellschaft

Entwicklung des Konsumverhaltens
Die frühere hauptsächlich anzutreffende Wirtschaftsform war die Subsistenzwirtschaft. Diese ist heutzutage in unseren Kulturkreisen kaum mehr anzutreffen. Der Konsum, so wie wir ihn kennen, entwickelte sich bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach dem Ersten Weltkrieg, der Weltwirtschaftskrise und schließlich dem Zweiten Weltkrieg nahm der Konsum immer stärker Formen des heutigen Massenkonsums an. Durch steigenden Wohlstand und wachsender Freizeit wurde die Basis geformt, da nun auch die Möglichkeit bestand, die massenhaft produzierten Konsumgüter zu nutzen. Die Nachkriegszeit war zunächst geprägt von Armut, bei welcher ein großer Bevölkerungskreis um seine Existenz kämpfen musste. Darauf folgte die Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Steigender Wohlstand, Massenproduktion und Massenkaufkraft ermöglichten in relativ kurzer Zeit einen bis dahin kaum für möglich gehaltenen  materiellen  Wohlstand. In den 1950er Jahren beginnt auch die Globalisierung des Konsums. Ende der 1990er Jahre eröffnete uns schließlich das World Wide Web eine völlig neue Dimension.

 
Entwicklung des Osterkonsumverhaltens
Eben auf dieser Grundlage des steigenden Wohlstands und des steigenden Konsums, hat sich auch das Osterfest verändert. Zunehmende Individualisierung und Pluralisierung führten in der Gesellschaft zu einer Veränderung der Bedeutung der Kirche und deren Botschaft, Bräuche und Traditionen. Vor 50 Jahren war die Gesellschaft deutlich mehr kirchlich geprägt, aber durch die Fülle an alternativen Sinnangeboten bekamen der Glaube und die Kirche eine andere Bedeutung. Die christlichen Feste standen früher mehr unter dem Aspekts des "Zusammenkommens", der Begegnung im Familien- und Freundeskreis, dem Mittun und Miterleben. Die kirchlichen Strukturen waren ganz anders als heute. Die kirchliche Festgestaltung war hauptsächlich Familien- oder Gruppenbrauch. Ostern wurde gelebt und erlebt – das Spüren, Erleben, Essen und Trinken. Thomas Brunnhuber – Religionspädagoge und Fachberater für Kindertageseinrichtungen des Diözean- Caritasverbandes Regensburg – merkt an: „Die Osterzeit hat keinen markanten familiären Mittebrauch ausgebildet wie wir ihn z.B. vom Adventskranz oder vom Christbaum her kennen. Wenn wir die weihnachtliche Zeit als Vergleich hernehmen, dann haben gerade diese Mittebräuche in einer säkularisierten Zeit und Welt in irgendeiner Form überlebt, wenn auch verweltlicht. Bei Ostern ist das anders gelagert, so dass auch nicht viel überleben konnte, was heute zumindest Anlass zum Nach- und Hinterfragen gäbe. Auch der Festinhalt ist besonders: An Ostern sind wir konfrontiert mit einen Auferstandenen und einer Verdächtigung: die Jünger dieses Gekreuzigten hätten den Leichnam gestohlen, um das Gerücht von einer Auferstehung in die Welt zu setzen. Ostern ist vom Festinhalt nicht so greifbar wie Weihnachten. Das muss und musste geglaubt werden. Dementsprechend kann keine Kultur von Ostern entstehen. Den Kindern geht heute eine stimmungsvolle Aufladung der österlichen Atmosphäre ab. Somit entwickelt sich das Osterfest in Bereiche hinein, die mit dem Wesen dieser Tage in der Tiefe nicht mehr viel gemein haben. Ostern wird zum Geschenkefest, wie Kommunion, Geburtstag und Weihnachten.“ Durch die Eltern und das gesellschaftliche Umfeld sind Kinder und Jugendliche früher einfach auch in die Kirche und deren Traditionen und Feste  hineingewachsen. Heute ist das nicht mehr selbstverständlich. Professor Dr. Gunther Hirschfelder, der an der Universität Regensburg Vergleichende Kulturwissenshaft lehrt, fügt hinzu: „Dies alles führte zu einem rasanten Bedeutungsverlust des kirchlichen Glaubens und auch von christlichem Brauch. Bedeutungshoheiten im öffentlichen Raum haben nicht mehr die Kirche, sondern Freizeitgesellschaft, Konsum und Medien. Und das ist mit sicher die größte Veränderung. Das andere ist, dass wir auch in weiten Teilen der Gesellschaft eine fast Nichtakzeptanz der generellen Vorstellung vorfinden, dass Jesus Christus leibhaftig am Kreuz gestorben und wieder auferstanden ist. Das zu akzeptieren gelang vor einer oder zwei Generationen deutlich mehr Menschen als jetzt.“

 
Gegenwart: Wie wird Ostern praktiziert?

Ostern aus theologischer Sicht
Heidi Braun- Pastoralreferentin im Bischöflichen Seelsorgeamt Regensburg- erklärt: „Ostern ist für uns Christen das höchste Fest im Kirchenjahr. Hier feiern wir das Zentrale unseres christlichen Glaubens: den Tod und die Auferstehung Jesu. Dies wird auch dadurch deutlich, dass dem Osterfest eine lange Vorbereitungszeit vorausgeht, die 40-tägige Fastenzeit. Und dem Osterfest schließt sich eine 50tägige Osterzeit an. Wir feiern dieses Fest nicht an einem einzigen Tag, sondern über drei Tage. Wir nennen diese auch die „österlichen drei Tage“, die zusammengehören und die sich wie eine große Feier über die Tage erstreckt. Am Abend des Gründonnerstags versammeln wir uns zum Gottesdienst und feiern die „Einsetzung der Eucharistie“, d.h. wir erinnern uns daran, wie Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl gefeiert und ihnen zum Auftrag gegeben hat, dies immer wieder zu tun zu seinem Gedächtnis. So wie Jesus beim letzten Abendmahl seinen Jüngern die Füße gewaschen hat, findet in der Kirche und auch in manchen Pfarreien die Fußwaschung statt. Nach dem Gottesdienst sind die Gläubigen zu Gebet und Anbetung eingeladen. Am Karfreitag versammeln wir uns zur Todesstunde Jesu, also um 15.00 Uhr zur Karfreitagsliturgie. Wir erinnern uns an das Leiden und Sterben Jesu. Zentrum dieser Feier sind die Kreuzverehrung und die großen Fürbitten. Es ist ein stiller Gottesdienst, ohne Orgel und ohne Glocken. Dieser Tag ist auch ein strenger Fastentag. Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe. Zwischen dem Sonnenuntergang am Karsamstag und dem Sonnenaufgang am Ostersonntag feiern wir die „Nacht aller Nächte“. Wir erwarten und feiern die Auferstehung. Sie beginnt mit einer Lichtfeier: dem Segnen des Osterfeuers, dem Entzünden der Osterkerze und dem Osterlob. Es schließt sich der Wortgottesdienst an mit Lesungen aus dem Alten Testament, dem Anstimmen des Glorias, dem Halleluja und dem Verkünden der Frohbotschaft von der Auferstehung Jesu. In dieser Feier wird das Taufwasser gesegnet. Erwachsene Taufbewerber/innen werden durch Taufe, Firmung und Eucharistie in die Kirche aufgenommen und die Getauften erneuern ihr Taufversprechen. Am Ostersonntag, dem Hochfest der Auferstehung, finden feierliche Gottesdienste statt. Am Ende der Osternacht, so wie auch am Ende der Festgottesdienste am Sonntagmorgen werden Speisen, die die Gläubigen mitbringen, gesegnet. Die Osterfreude soll sich zu Hause fortsetzen beim gemeinsamen Frühstück. Diesen „österlichen drei Tagen“ schließt sich der Ostermontag an. Manche Pfarreien laden an diesem Tag zu einem sog. „Emmausgang“ in Anlehnung an das Evangelium, welches erzählt: Zwei Jünger waren von Jerusalem nach Emmaus unterwegs und Jesus, der Auferstandene, begleitet sie, zunächst unerkannt. Beim Brotbrechen erkennen sie ihn. So ist Jesus auch mit uns unterwegs – oft unerkannt.“

 
Ostern aus Sicht der Gesellschaft
Man kann gar nicht genau sagen, wie unsere Gesellschaft Ostern feiert. Hirschfelder begründet dies damit, dass „die Gesellschaft einfach zu vielschichtig und in zu viele verschiedene Lebensstile und Fäden aufgeteilt ist. Die christliche Fraktion gibt es noch, die Ostern als Auferstehungsfest feiert, aber sie ist in den Letzten Jahren deutlich kleiner geworden, vor allem aber ist sie medial weniger sichtbar.“  Wir haben zunehmend eine Verlagerung des religiösen Lebens von dem öffentlichen Raum in den privaten Raum. Hirschfelder geht davon aus, dass die Zahl der Menschen, deren Fokus immer noch auf der Religion liegt, eventuell sogar die Mehrheit der Gesellschaft sein könnte, allerdings ist dies nicht deutlich erkennbar. Im öffentlichen Raum ist Ostern vom eigentlich höchsten christlichen Fest zu einem Event geworden ist. So wie wir Ostern im öffentlichen Raum wahrnehmen und wie uns das in den Medien vermittelt wird, steht nicht die Kreuzigung, der Kreuztod und die Auferstehung im Mittelpunkt. Dadurch, dass diese Tage für einen Großteil der Gesellschaft freie Tage darstellen, an welchen nicht gearbeitet werden muss, steht oftmals die Freizeit im Mittelpunkt. „Hier liegen Freizeitgestaltung und Vergnügen und Fun und Sport deutlich vor Einkehr, Buße und Freude an Wiederauferstehung“. Und auch Braun merkt an, dass die religiöse Bedeutung von Ostern bei vielen immer mehr zu schwinden scheint. So werden diese Tage auch anders gefüllt. Karfreitag ist dann nicht mehr der stille Tag, der Fasttag, sondern wird genutzt für Ausflüge, als Tag des besonderen Fischgenusses. Die Kar- und Ostertage werden für Kurzurlaub genutzt. Symbole und Traditionen, die mit dem Osterfest verbunden und im Laufe der Zeit entstanden sind, werden oft zu hohlen Traditionen, weil man nicht mehr weiß, was sie bedeuten, z.B. das Osterlamm, die Ostereier. Dennoch muss man wertschätzen, dass Ostern in der Gesellschaft noch eine Rolle spielt.

 
Ostern aus Sicht der Händler
Vor Ostern erwarten viele Händler einen zusätzlichen Umsatzimpuls. Es werden gerne Süßwaren, Spielzeug und Dekorationsware eingekauft und so ist Ostern für Kinder nach Weihnachten und dem eigenen Geburtstag einer der wichtigsten Geschenkeanlässe. Auch ist bemerkbar, dass die Geschenke und ihr Preis immer weiter steigen. Allerdings ist anzumerken, dass ein enormer Abstand zu Weihnachten zu verzeichnen ist, an welchem um ein vielfaches mehr eingekauft und konsumiert wird. Ein wichtiger Grund an Ostern ist, dass auch die Outdoor- Saison beginnt, worauf sich die Händler speziell an Ostern auch einstellen. So gehört die Zeit für zahlreiche Händler zu einer der stärksten Umsatzzeiten des Jahres. Gegenüber Januar und Februar ist eine Steigerung bemerkbar. Auch Metzger- und Bäckereien und Blumen- und Dekorationsläden erleben einen Umsatzaufschwung. Doch was sie an Ostern mehr einnehmen, verdienen sie danach weniger. Das Ostergeschäft hat für viele Händler in Deutschland eine große Bedeutung. Gezielt werben sie mit speziellen Rabattaktionen zu Ostern, um den Verkauf zu steigern. Ob Rabatte auf Produkte oder auch spezielle Osterdekoration, in Form von Hasen, Ostereiern oder kleinen Lämmchen, die Händler locken die Kunden gezielt an, da dies sich zusätzlich positiv auf den Umsatz auswirkt.

 
Ostern im Zwiespalt zwischen Religion und Konsum?
Zu der Frage ob nun Ostern im Zwiespalt zwischen Religion und Konsum steht, oder ob sich die beiden Komponenten miteinander vereinbaren lassen, merkt Heidi Braun an, „dass Konsum in einem gewissen Rahmen mit dem kirchlichen Osterfest durchaus zu vereinbaren ist. Aber umso mehr die religiöse Bedeutung verloren geht, umso mehr scheint der Konsum zuzunehmen bzw. ist dieser auch losgelöst vom eigentlichen Fest. Interessant finde ich, dass z.B. ein Discounter in seiner Osterbroschüre für Kinder erklärt, was sich hinter dem Osterfest verbirgt.“ Thomas Brunnhuber führt an, dass „Ostern schon immer zwischen den beiden Polen stand. Doch heute treten die Religion und der damit verbundene Glaube bei vielen Menschen in den Hintergrund und der Konsum in den Vordergrund.“ Und auch Prof. Dr. Hirschfelder meint, dass „es letztlich ein Zwiespalt ist, da wenn wir Christentum oder den christlichen Glauben ernst nehmen, dann ist das ja keine Zeit des herausgehobenen Konsums. Wir haben ja auch nicht einen konkreten Schenkanlass wie bei Weihnachten. An Weihnachten wurde uns Jesus geschenkt und deswegen schenken sich die Menschen etwas gegenseitig. Das hat also eine religiöse Bedeutung. Das ist bei Ostern nicht unbedingt der Fall. Wir feiern nur die Auferstehung. Die Tatsache, dass wir in einer Konsumgesellschaft leben, führt eben dazu, dass das Besondere, nur besonders ist, weil eben auch besonders konsumiert wird.“

 
Spielt die Kindererziehung eine Rolle?
Zur Frage, ob die Kindererziehung auch einen Teil zur Veränderung des religiösen Sinn beiträgt, erklärt Brunnhuber: „Natürlich leisten sich Eltern für ihre Kinder heutzutage viel mehr als früher. Aber das scheint mir ein generelles Problem zu sein. Nahezu jeder Gedenktag wird unverhältnismäßig beschenkt und auch an der Erstkommunion oder die Firmung ist dies erkennbar. Dahinter stehen natürlich die Eltern, die mit einer Fülle auftrumpfen und sich von Mal zu Mal hochschaukeln. Wer in Punkto Geschenk anders denkt, bleibt meist zurück - und die "einfach erzogenen" Kinder tun sich schwer, den Anschluss an die Kameraden zu halten.“ Eigentlich war Ostern nie ein Geschenkefest. Dies ging von der Industrie und der einhergehenden Werbung aus, die in dem Osterfest natürlich auch ihre Chance sehen.

 
Zukunft: Wie wird es mit Ostern weitergehen?
Braun ist der Meinung, dass Ostern  auch weiterhin ein religiöses Fest bleiben wird. „Aber es ist notwendig, die Bedeutung des Festes mit seinen Symbolen und Traditionen immer wieder zu erschließen und auch die Bedeutung dieses Festes für unser alltägliches Leben. Es liegt auch an uns Christen dieses Fest mit Leib und Seele zu feiern.“ Hirschfelder merkt an: „Es ist schwer zu sagen, wie es weitergehen wird. Ich glaube, dass die grundsätzliche Suche nach Sinn bestehen bleibt und dass jede Generation neue Fragen stellen wird und sich damit auch permanent neu auseinandersetzen wird. Es kann genauso sein, dass der Bedeutungsverlust noch voranschreiten wird.“ Es ist spannend, da wir uns aktuell in einer so starken gesellschaftlichen Veränderung befinden. Wir haben neue politische Richtungen am Horizont und Europa befindet sich in einem starken Wandel, von europabejahend  und europaverneinenden Fraktionen, sodass wir einen zunehmenden Rechtpopulismus haben, auf der einen Seite und eine zunehmende Bedeutung des Islams auf der anderen Seite. In diesem Kontext ist auch eine europäische Rückbesinnung auf das Christentum denkbar und einer wachsenden Bedeutung der drei christlichen Hochfeste. Brunnhuber geht davon aus, „dass es Religion, Glaube und Brauchtum in der nächsten Generation schwer haben werden. Ich glaube, dass wir Ostern nur ‚retten‘ können, wenn wir dem Wirken Gottes wieder mehr zutrauen. Ob wir dazu die Einstellung, die rechte Gesinnung, die Begeisterung und den Mut zum Bekenntnis haben, weiß ich nicht.“

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