Profiboxer Jürgen Brähmer im Interview
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Seit gut 25 Jahren steht er im Ring, lernte seine Gegner einzuschätzen, zu fixieren, haargenau zu beobachten. Jürgen Brähmer zählt zu den erfolgreichsten Profiboxern aus Deutschland und gibt als Boxtrainer seine Erfahrungen weiter. Seine größte Schwäche: das Verlieren.
Jürgen Bräher wurde am 5. Oktober 1978 in Stralsund geboren. Mit 13 Jahren wechselte er von Leichtathletik zum Boxsport. Er ist ehemaliger WBA-Weltmeister (World Boxing Association) , WBO-Weltmeister (World Boxing Organization) und Europameioster der EBU (European Boxing Union) – jeweils im Halbschwergewicht.
Sie sind sowohl als Profiboxer als auch als Boxtrainer unterwegs. Wie geben Sie Ihre Erfahrung als Boxtrainer weiter?
Natürlich in erster Linie durch die Erfahrungen aus meiner aktiven Laufbahn. Ich kann den jungen Sportlern dadurch viel mitgeben, in- und außerhalb des Rings. Aber die Sportler leben natürlich Ihr eigenes Leben und müssen wissen, welchen Ratschlag sie annehmen und welchen nicht. Das ist auch völlig in Ordnung so.
Schon mit 13 Jahren wechselten Sie von Leichtathletik zum Boxen – hat Ihnen schon damals der Kick gefehlt?
Nein, ich habe die Sportart gewechselt, da damals meine Trainerin entlassen worden ist und ich keine Lust mehr auf den Sport hatte. In der Schule wurde ich dann angesprochen, ob ich nicht Lust hätte auf Boxen. So bin ich dann zum Boxtraining gekommen und dabei geblieben.
Was macht Boxen zu Ihrer Sportart? Was lieben Sie besonders an diesem Sport?
Die Vielseitigkeit. Wenn die Beine nicht stimmen, klappt es oben mit den Fäusten und dem Oberkörper nicht und umgekehrt. Dazu kommen im Boxen Handlungsschnelligkeit, Explosivität und Ausdauer. Plus mentale Stärke. Das alles in Kombination gibt es in keiner anderen Sportart. Zudem können in keiner anderen Sportart Fehler so hart und schnell bestraft werden wie im Boxen. Es ist ein komplexer und fantastischer Sport.
Schon am Anfang Ihrer Karriere, in Ihrer Amateurlaufbahn, gelangen Ihnen 95 Siege von 100 Kämpfen – Woran liegt das Geheimnis im Siegen?
Ich glaube bei mir ist es der ungemeine Wille zu siegen. Ich gehe ungern als zweiter nach Hause. Das war bei mir als Kind schon so und ist auch heute noch so.
Beschreiben Sie einmal den Moment, wenn Sie im Ring stehen und Ihnen bewusst ist, dass sich der Kampf zu Ihren Gunsten entschieden hat?
Wenn das Adrenalin nach dem Schlussgong weg ist, dann spürt man in erster Linie die körperliche Erschöpfung. Innerlich freue ich mich darüber, die Trainingsleistung im Ring bestätigt zu haben.
Ändern Sie als Profiboxer immer wieder Ihre Strategien, damit sich die Gegner schlecht auf den Kampf vorbereiten können?
Ich ändere in der Regel nichts an meinem Stil. Ich persönlich schaue mir auch als Trainer sehr viel mehr Videos an als ich es als Boxer tue. Ich versuche immer dem Gegner meinen Stil aufzudrücken, sodass sich der Gegner auf mich einstellen muss.
Ist das Boxen ein guter Weg um Aggressionen abzubauen?
Ungemein. Das zeigen ja auch die vielen Projekte, in denen z.B. Jugendliche mithilfe des Boxsports lernen mit Aggressionen umzugehen und diese sukzessive abzubauen. Boxen hat einfach nichts mit roher Gewalt zu tun. Beim Boxen sind so viele Fähigkeiten gefragt, die einen körperlich und geistig anstrengen. Von der mentalen Vorbereitung bis zur körperlich intensiven Arbeit. Wenn die Psyche im Boxen nicht da ist, dann nutzen alle Muskeln nichts. Man braucht einen klaren Kopf und muss zu jeder Zeit konzentriert sein.
Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Wirklich ganz schlecht. Ich bin ein echt schlechter Verlierer. Gleichzeitig motivieren mich Niederlagen ungemein und meistens möchte ich so schnell wie möglich wieder in den Ring, um das Ergebnis richtigzustellen. Verlieren ist wirklich nicht meine Stärke.
Gab es mal einen Gegner / Kampf vor dem Sie besonders nervös waren? Warum?
Mein erster Kampf als Amateur. Bei der Kreismeisterschaft. Da war ich ungefähr 13 Jahre alt. Ich musste gegen einen guten Kumpel in den Ring, mit dem ich sonst meine Freizeit verbrachte habe. Wir sind zusammen Fahrradgefahren oder haben gemeinsam gespielt. Und dann stand ich ihm auf einmal im Wettkampf gegenüber. Diesmal als Gegner im Ring und nicht als Verbündeter wie sonst in unserer Freizeit. Das war schon etwas Ungewöhnliches und hat mich wahnsinnig nervös gemacht. Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Zumal er einer derjenigen war, die mich zum Boxsport gebracht hatten. Den Kampf habe ich dann gewonnen, vorzeitig.
Welchen Satz geben Sie als Boxtrainer Ihren Schützlingen mit in den Ring?
Das bleibt mein Geheimnis.