Jahn-Keeper im Interview: Pentke's Papa Parade
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Seit dem 30. Mai 2017 genießt er quasi Heldenstatus. Es war der Tag, an dem Philipp Pentke mit dem SSV Jahn Regensburg im zweiten Jahr in Folge eine Etage im Profifußball höher klettern durfte. Es war der Tag, als er sein Tor in der Allianzarena gleich in zwei Richtungen sauber hielt: Nach vorne von den Schüssen der Spieler vom TSV 1860 München, nach hinten von den fliegenden Sitzschalen der aufgebrachten Löwenfans.
Am 23. Januar startet der SSV Jahn nach der Winterpause in die zweite Liga gleich mit einem Kracher: Das Derby beim 1. FC Nürnberg ist noch dazu das Topspiel des 1. Spieltages. Dritter gegen Achter. Maßgeblichen Anteil am hervorragenden Abschneiden der Regensburger bislang hat die Konstante im Tor: Keeper Philipp Pentke. Mit uns sprach er über den Jahn, seine Rolle im Team und seine bevorstehende Rolle als Familienvater.
Nach den Stationen Dynamo Dresden, 1860 München, Energie Cottbus und zuletzt sechs Jahren beim FC Chemnitz bist Du nun die dritte Saison in Regensburg und hast quasi hier erst den richtigen Durchbruch im Profifußball geschafft. Das Beste kommt quasi zum Schluss?
Es war sowohl vom Verein als auch von mir die Vorstellung, dass ich komme um als Stammtorhüter zu spielen. Dass das am Ende so glatt mit zwei Aufstiegen in Folge klappte war natürlich ein Traum.
Bis auf wenige Änderungen ist Euer Team zusammen geblieben und gewachsen. Schweißt so etwas zusammen?
Es waren schon zwei Jahre mit unglaublichen Emotionen. Es ist schon was anderes als wenn man eine durchwachsene Saison spielt und sich nach Dienst für vier Wochen in den Urlaub verabschiedet. Der erste Aufstieg war schon berauschend. Aber der Aufstieg gegen die Münchner Löwen zählte schon zu meinen spektakulärsten sportlichen Erlebnissen.
Hast Du überhaupt mitbekommen, was da um Dich herum in der Allianzarena abging?
Uns war natürlich bewusst, dass es etwas unangenehm werden könnte, wenn wir in Führung liegen. Und dann kam das nach dem hervorragenden Hinspiel in Regensburg ja auch so. Die Löwen-Fans realisierten wohl erst so langsam während der zweiten Halbzeit, dass das mit dem Ligaverbleib nichts mehr werden würde. Mit Sitzschalen hatte ich allerdings nicht gerechnet. Bis auf eine wirklich raffiniert geworfene konnte ich aber alle abwehren.
Der erste Weg auf der Jubelrunde im Stadion führte Dich auf der Tribüne direkt zu Maura (Die niederländische Handball-Nationalspielerin Maura Visser seit vier Jahren seine Lebensgefährtin – die Red.), die hinter der Spielerbank wartete, um Dir den Siegerkuss abzuholen (Bild links). Da zog es Dir direkt die Schuhe aus. Was geht da in einem vor?
Das begreifst Du erst später. Das ist wie im Rausch. Da ist alles perfekt. Man möchte so einen Moment einfrieren und ewig davon zehren. An diesem Abend tanzten beim ganzen Team die Glücks-Endorphine.
Von diesen Glücksgefühlen beflügelt ging es danach in den Urlaub, entspannt auf die schöne griechische Insel Zakynthos (Bild unten). Und siehe da – gut neun Monate später erwartet Ihr eine kleine Sportskanone. Zum ersten Mal Papa werden – wie fühlt sich das an?
Das lässt sich schwer beschreiben. Es ist was ganz Besonderes. Etwas wundervoll Verrücktes. So langsam wird es immer greifbarer und auch das Kinderzimmer ist fast fertig.
Zwei Profis, die in ihrem Sport in unterschiedlichen Bundesländern unter Vertrag stehen – schon eine sportliche Aufgabe für die Elternrolle, oder?
Es ist natürlich schon eine Herausforderung gerade bei zwei Leistungssportlern (Maura Visser gewann mit der SG Bietigheim 2017 die deutsche Handball-Meisterschaft – die Red.). Aber im Team bekommen wir das auf jeden Fall hin. Zunächst wird sich Maura um den Spross kümmern und ich versuchen, so oft es geht da zu sein.
Ansonsten bist Du in Regensburg und dirigierst Deine Abwehrreihen, die sehr oft munter durchgetauscht wurden Ist das nicht schwierig als Torwart, wenn man nie sicher weiß, wer da vor einem aufgestellt wird?
Sicher ist das schwierig. In der Regionalliga hatten wir eine Phase, da stand gefühlt jedes zweite Spiel eine neue Abwehr vor mir. Immer wieder wirbelte Verletzungspech die Reihen durcheinander. Gerade ein Torhüter braucht natürlich eine gewisse Sicherheit vor sich und muss wissen, wie welcher Abwehrspieler tickt. Da ist ein eingespieltes Zusammenwirken extrem wichtig. Jetzt passt das mit Wastl, Knolli, Bene und Alex sehr gut. Sollte da mal einer ausfallen, haben wir aber auch Topleute in der Hinterhand.
Aber Du hast die Jungs von hinten ganz gut im Griff…
Naja, man wächst in so eine Führungsrolle hinein. Ich bin natürlich auch schon in einem erfahrenen Alter wo das auch vom Trainer von mir verlangt wird. Die Jungs hören auf mich und ich auf sie. Lieber hat man sich einmal etwas mehr in den Haaren als gar nicht. Denn sonst kommt man nicht voran. Wir pflegen aber einen absolut respektvollen Umgang miteinander und wollen alle nur das Beste für den gemeinsamen Erfolg.
So wie das Team aufgestellt ist – könnt Ihr die Liga packen ? Es wäre historisch – und das erste Mal in der Vereinsgeschichte.
Ich denke schon. Wir haben es nicht nur uns bewiesen sondern wohl auch dem letzten Kritiker gezeigt, dass wir zweitligatauglich sind. Wir stehen auf einem hervorragenden achten Tabellenplatz. Das hätte vor der Saison wohl kaum jemand vermutet. Es gab nur ein einziges Spiel, in dem der Gegner klar besser war. Und das ist mit Holstein Kiel auch ein klarer Aufstiegskandidat. In allen anderen Partien war für uns was drin und konnten mithalten. Hier und da waren wir auch noch etwas grün hinter den Ohren.
Dass es gerade in den letzten Spielen vor der Winterpause so gut lief – das hat Euch aber schon etwas überrascht, oder?
Ich müsste lügen wenn ich nein sagen würde. Wir haben natürlich für jedes Spiel einen Matchplan. Wir wissen was der Gegner kann und was der Gegner nicht so mag. Und genau letzteres versuchen wir zu machen. Da leistet unser Trainerteam um Achim Beierlorzer (Foto) mit der Videoanalyse wirklich hervorragende Arbeit. Wir wissen, wenn wir uns hinten reinstellen und abwarten wird es schwer für uns. Aber das wiederspricht ja ohnehin nicht unserer Spielidee. Dem Gegner tut man am meisten weh, wenn man ihm frühzeitig auf die Nerven geht. Das haben wir jetzt ein paar Mal eben gut gemacht.
Bist Du selber in Regensburg angekommen? Wie wohl fühlst Du Dich hier?
Hervorragend. Ich habe mir die Umstellung wirklich schlimmer vorgestellt. Nach sechs Jahren Chemnitz war das schon eine Art Kulturschock. Auch die Sprache. Aber die Lederhose hat sich in meiner Garderobe längst etabliert – ich besitze mittlerweile sogar vier Stück. Ich bin hier super aufgenommen worden und fand von Anfang an professionelle Verhältnisse vor – was wirklich nicht selbstverständlich ist. Die Stadt ist sowieso wunderschön – und das gesamte Umfeld nicht zu toppen.
Und die bayerische Küche?
Hervorragend. Ich esse wirklich alles – außer Schweinshaxe. Da bin ich raus.
Machst Du die Küche denn ab und zu auch Deinem Spielfeld oder ist das eher gegnerischer Strafraum?
Was die wenigsten wissen – ich habe vor meiner Profi-Laufbahn eine Ausbildung zum Diätassistenten gemacht. Daher koche ich tatsächlich oft und gerne. Ich habe mit Maura (ist exakt einen Monat jünger als Philipp – die Red.) letztes Jahr auch Plätzchen gebacken – und die waren echt lecker.
Du bist mittlerweile 32, nicht alle spielen so lang wie Dino Zoff oder Gianluca Buffon. Denkt man schon an ein Leben nach dem Fußball?
Daran möchte ich noch nicht denken. Wir sind in der privilegierten Situation, dass wir unser Hobby zum Beruf machen konnten. Und das möchte ich natürlich so lange wie möglich genießen.
Als gelernter Diätassistent – ist da ein Zurück möglich?
Das lässt sich wohl nicht mehr so umsetzen wie früher (lacht). Mittlerweile kann man jeden Diätplan im Internet googeln, da braucht es keinen, der Dir das sagt. Meine Leidenschaft ist eben das Kochen.
Ok – das heißt, es gibt irgendwann Pentke’s Taverne?
Ist doch klar – wer nichts wird, wird Wirt (lacht). Das Lustige ist, in Holland macht wirklich jeder beinahe jeden Tag was Neues auf. Und alles ist wirklich lecker. Da gibt es schon ein Überangebot. Und die holländische Küche ist wirklich exzellent. Aber die lasse ich lieber im Restaurant für mich kochen. Meine Spezialität sind Gnocchi mit sämtlichen Pesto-Varianten.
Was wünscht Du Dir für dieses frisch angebrochene 2018?
Rein privat natürlich Mitte März ein gesundes Baby. Rein sportlich wünsche ich uns, dass wir mit diesem Team etwas für die Jahn-Geschichtsbücher schaffen. Wir sind auf einem guten!