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Paleo, Clean-Eating, Low-Carb, Veganismus, wer behält bei all den exotisch klingenden Ernährungstrends noch den Überblick? Worin unterscheiden sie sich alle? Und sind sie wirklich empfehlenswert?

Noch nie gab es ein größeres und vielfältigeres Angebot an Nahrungsmitteln und Kochbüchern. Wohl noch nie gab es so viele Menschen, die im Namen der Gesundheit freiwillig auf so vieles verzichteten und die richtige Ernährung zur Lebensphilosophie erklärten. Es scheint, als gehe es heute bei dem Thema Ernährung nicht mehr allein um die Zufuhr von Kalorien und den Genuss dessen, was unserem Gaumen Freude bereitet, sondern um vieles mehr: Der Ernährungsstil avanciert mittlerweile zum Ausdruck einer moralischen Überzeugung. Das stoische Einhalten eines strikten Ernährungsplans sowie das Auferlegen von Verboten drücken unser Bestreben nach Selbstoptimierung aus. So unterschiedlich sie auch klingen mögen, eines haben sie alle gemeinsam: „Bewusst“ und möglichst „frei von“ sollte das heutige Essen sein – frei von chemischen und industriellen Zusatzstoffen, frei von Industriezucker. Nur hochwertige, ökologisch erzeugte (und teilweise durchaus kostspielige Produkte) kommen auf den Teller. Alkohol, Süßigkeiten, Fertiggerichte und gelegentliche Ausflüge in ein Fast-Food Restaurant sind tabu. Dass eine derart selektive Ernährungsweise eine gesellschaftliche Einschränkung bedeuten kann, muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Doch was genau steckt hinter den Trends?

Beginnen wir mit der Paleo-Ernährung. Ihr Mantra lautet „Ernähren wie in der Steinzeit!“. Doch was genau aßen unsere Vorfahren vor abertausenden von Jahren? Kann sie denn in unserer heutigen Zeit überhaupt umgesetzt werden? Das Menü eines Paleo-Anhängers besteht überwiegend aus Fleisch, Eiern, Obst, Samen und Nüssen. Tabu sind Kohlenhydrate in jeder denkbaren Form. Fraglich bei dieser Art zu leben ist, ob eine derart einseitige und kohlenhydratarme Ernährung auf Dauer wirklich sinnvoll ist. Neben Baguette und Nudeln gibt es schließlich auch gesündere Alternativen zu den schnellen Kohlenhydraten: Buchweizen, Graupen, Linsen und Bohnen. Doch selbst diese sind tabu.

Immer populärer wird auch das in England entworfene Konzept des sogenannten „Clean-Eating“, welches, wie der Name bereits vermuten lässt, nur „saubere“ (also oft auch gluten- und laktosefreie, vegane und vegetarische) Lebensmittel erlaubt. Was nach einer sehr mageren Auswahl an Gaumenfreuden klingt, wird auch aufgrund seines extrem anmutenden Charakters kritisiert. Müssen sich Menschen, die regelmäßig Fleisch, Fisch, Nudeln und Milchprodukte verzehren, die Frage stellen, ob sie „schmutzige“ Lebensmittel zu sich nehmen? Beeinflusst nicht bereits die Einteilung unserer Nahrung in „gut“ und „böse“ unsere Einstellung ihr gegenüber?

Sowohl die beiden vorgestellten Ernährungsphilosophien als auch der bekanntere Veganismus und die Low-Carb-Diät versprechen ein gesteigertes Wohlbefinden und eine „Reinhaltung“ des menschlichen Körpers (in diesem Sinne auch die vielfach promoteten „Detox“-Kuren). Natürlich hat eine mögliche Mischform der Ernährungsmethoden auch Vorteile: Der Verzicht auf zu viel industriell hergestellte Lebensmittel und der bewusstere Umgang mit ihnen wären hier an erster Stelle zu nennen. Dass ein übermäßiger Verzehr von zuckerhaltigen und stark verarbeiteten Produkten nicht gut für die Gesundheit sein kann, liegt nahe. Ein wichtiger Aspekt muss jedoch an dieser Stelle betont werden: Essen sollte mehr als nur Optimierung der Gesundheit sein. Wir dürfen den Genuss an unseren Lebensmitteln nicht verlieren. Jeder Organismus funktioniert zudem anders: Einige Menschen können auf Dauer ohne tierische Produkte auskommen, andere hingegen verdauen und verarbeiten die Mineralien eines Steaks besser als die einer Schüssel voller Quinoa, Chiasamen, Gojibeeren und püriertem Obst.

Zuletzt bleibt noch der Blick zu unseren Nachbarn rund ums Mittelmeer. Ist eine Portion Pasta mit Parmesan und einem Glas Rotwein in Gesellschaft von Familie und Freunden nicht auch Essen für die Seele? Runden ein Tiramisu und ein Espresso eine Mahlzeit nicht auf wunderbare Weise ab? Gehört es denn nicht auch zum Leben, einmal über die Stränge zu schlagen und zu essen, worauf der Körper eben Lust hat? Dem Leser sei an dieser Stelle ans Herz gelegt, aus Ernährung keinen Extremismus zu machen, denn ehe man sich versieht, gilt folgendes: Wer nichts genießt, wird selber ungenießbar. Oder, wie es Graf Giacomo Leopardi im 19. Jahrhundert bereits sagte: Die Welt gehört dem, der sie genießt.

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