Es soll eine Art "Facebook ohne Facebook" werden: Gemeinsam mit Wissenschaftlern unter anderem aus Finnland, Italien, Irland, Spanien und der Schweiz wollen Passauer Juristen ein neues soziales Netzwerk entwickeln, das sich an die Bedürfnisse der Nutzer anpasst und ihnen zugleich Kontrolle über ihre Daten gibt.
Derzeit funktionieren große Online-Plattformen folgendermaßen: Es gibt einen zentralen Akteur, also große Unternehmen wie Facebook, Google oder Amazon. Nutzerinnen und Nutzer sowie kleinere Unternehmen, die auf diesen Plattformen Werbung schalten, sind von diesem zentralen Akteur in gewisser Weise abhängig - auch wenn die großen Plattform-Betreibenden an Regeln gebunden sind, wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Derzeit funktionieren große Online-Plattformen folgendermaßen: Es gibt einen zentralen Akteur, also große Unternehmen wie Facebook, Google oder Amazon. Nutzerinnen und Nutzer sowie kleinere Unternehmen, die auf diesen Plattformen Werbung schalten, sind von diesem zentralen Akteur in gewisser Weise abhängig - auch wenn die großen Plattform-Betreibenden an Regeln gebunden sind, wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt "Helios" im Rahmen von "Horizont 2020" arbeiten Forscher europaweit an einer Lösung, soziale Netzwerke grundlegend anders aufzustellen: "Wir entwickeln eine Plattform ohne zentrale Instanz, eine Art Facebook ohne Facebook", sagt Professor Dr. Meinhard Schröder, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht an der Universität Passau. "Digitalisierung hängt bislang immer an zentralen Akteurinnen und Akteuren", ergänzt Projektmitarbeiterin Carolina Goberna Caride. Es sei jetzt an der Zeit, dezentrale Möglichkeiten ernst zu nehmen und anzuwenden.
Die Forscher entwickeln eine Struktur für ein soziales Netzwerk, das die "Dynamik der menschlichen Beziehungen in drei Dimensionen" abbilden soll - mit Blick auf Kontext, Raum und Zeit. Das soziale Netzwerk soll sich an die Bedürfnisse anpassen, die Nutzer in verschiedensten Situationen und Umgebungen haben, sei es im Alltag, im Beruf oder im Hobby. Es soll Nutzern im beruflichen Zusammenhang andere Vorschläge machen als im Privaten. Es soll auch lernen, wie sich Beziehungen im Laufe der Zeit verändern.
User sollen hier allerdings nicht von einer zentralen Instanz überwacht werden. "Vielmehr sollen sie stets die maximale Kontrolle über ihre eigenen Daten haben", so Professor Schröder. Dass rechtliche Fragen im Bereich Datenschutz, Privatsphäre und Urheberrecht von Beginn an mitgedacht werden, dafür ist das Passauer Team zuständig. Die niederbayerischen Wissenschaftler begleiten alle juristischen Aspekte des Projekts. Dazu zählt beispielsweise auch die Frage, wie sich das in der neuen Datenschutz-Grundverordnung vorgesehene "Recht auf Vergessenwerden" mit der Blockchain-Technologie verträgt.
Technisch setzt das Projekt insbesondere auf Peer-to-Peer-Anwendungen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, auf der das frühe Internet basierte. Es bezeichnet Rechner-Netze, bei denen mehrere Geräte miteinander verbunden sind. Inzwischen wäre auch eine Anbindung an das so genannte "Internet der Dinge" denkbar.
Das Technische Forschungszentrum Finnland VTT koordiniert das Projekt. Die Einrichtung ist die größte Organisation für Auftragsforschung in Nordeuropa. Neben der Universität Passau sind unter anderem das Centre for Research and Technology Hellas in Griechenland, die Universitäten Helsinki in Finnland, Pisa in Italien, Barcelona und Valencia sowie das irische Trinity Colleg in Dublin beteiligt. Praxispartner aus Spanien, Deutschland, Schweden und der Schweiz ergänzen das Forschungsvorhaben.