Der Porsche 911 S Signature Edition. 200 mal gebaut: 100 Coupés, 100 Targas - leichtfüßig, pur und mit herrlichem Extra-Look. Ein limitiertes Sondermodell zu Ehren Ferdinand Porsches, das im Modelljahr 1976 ausgeliefert wurde – leider nur für Kunden in den USA und Kanada – ein Jahr nach dem hier bekannteren „25 Jahre Fahren in seiner schönsten Form“ 911 Jubiläumsmodell in Silber, welches immerhin 400 Coupés und 14 Targas umfasste.
1963 präsentierte Porsche den 911 auf der IAA. Das erste Model (genannt Ur-model/F-Reihe) wurde bis ins Jahr 1973 gebaut und dann durch das G-Model ersetzt. Der Hubraum wuchs derweil auf 2.7 Liter an.
Neben der im folgenden Jahr auslaufenden Produktion der 2.7er legte man zu Ehren Ferdinand Porsches 1975/1976 eine kleine Sonderserie auf und nannte sie „Signature Edition“. Kein ABS, kein ESP, keine Servo und nicht mal ein Bremskraftverstärker. Ein letzter leichter Elfer im Quasi-Urformat.
Porsche baute davon ab dem Sommer 1975 (also Model 1976, am Bild unserer übrigens mit nachweislichem Planungsauftrag bei Porsche für den Juni 1975) insgesamt 100 Coupés und 100 Targas und lieferte sie an ausgesuchte Händler in den USA und in Kanada aus. Allen gemein war die namensgebenden, ins Lenkrad geprägte Unterschrift Ferdinand Porsches. Ein weiteres Merkmal war der extra hierfür entwickelte Sonderlack „Platin-Diamant-Metallic“. In diesem Ton wurden auch die montierten ATS Hackmesser-Felgen und die Lampenringe lackiert. In Wagenfarbe und hier erstmalig verwendet wurde der beheizte, elektrische Seitenspiegel - in den USA „Elefantenohr“ genannt.
Der Signature hat dabei noch die schmale und leichtere Karosserie. Während viele Sonderserien (wie etwa „25 Jahre Fahren in seiner schönsten Form“ ein Jahr zuvor, 900 Stück, silbern) reichlich mit Ausstattung wie zum Beispiel Klimatronic oder elektrischen Sitzen und Fensterhebern vollgepackt und beschwert wurden, blieb der Signature eigen und puristisch. Fenster zum Kurbeln, manuelle Sitzverstellung, einfaches Luftgebläse, Motor und ein Konifahrwerk in rot (Serie: grün, Boge): fertig. Das Auto blieb bei 1.075 Kilogramm – reines Fahren.
Im Innenraum stattete Porsche die Signature Edition mit braunem Kunstleder (Farbcode Kork) und eigenem Tweetstoff an den Türpanelen, den Sitzmittelbahnen und den Hintersitzen aus. Es passt zum Gold der Außenhaut und keult den Fahrer direkt in die 70er. Dazu kommt ein inzwischen nicht mehr zu erwerbender Holzschaltknauf und der in Interieurfarbe belederte Lenkradkranz. Ergänzt wird die Kombination durch schwarze Zierleisten allerorts. Schwarz und Gold. Eine wunderschöne Kombination. Zu diesem Produktionszeitraum war die "Entchromung" lediglich dem Carrera (rund 3.500 Stück) als seltenem Spitzenmodell mit der RS-Maschine vorenthalten.
Im Signature arbeitet der 2,7 Liter große „S“ Boxer. Er ist die letzte Ausbaustufe des drehfreudigen Rumpfmotors mit 2.0, 2.2 und 2.4 Litern Hub in den vorhergehenden Elferreihen (Ur bis F). Die US-Abgasvorschriften verlangten stellenweise fast Unerreichbares, und es wurden (nur!) für Kalifornien „Thermal Reactors“ als Kat-Vorläufer angeflanscht und das Lüfter-Rad auf fünf Flügel reduziert: Heiß läuft sauberer - aber tötet den Motor. Oft war dort nach 50tsd Meilen schon Schluss. Wird er sehr heiß, lässt das weichere Magnesiumgehäuse bei manchen die Stehbolzen samt Gewinde wandern (zum Beispiel dehnen sich die Stahlstehbolzen weniger als die sonstigen Komponenten aus). Auch die Ventilführungen aus Kupfer wünschen bei meist 100tkm einen Austausch – Nachfolger- und Vorgängermotoren sind da haltbarer.
Aber dafür erhält man eben reinrassiges Sportfeeling dank lautem Gekreische und die leichtfüßige Drehfreudigkeit, die nur die alten Motoren haben. Ist die 2.7er Maschine in Ordnung (oder wie viele der heute laufenden eben schon überholt und vielleicht wieder mit elf Flügeln am Lüfterrad und einem möglichst kurzen Abgastrakt ausgestattet), ist sie der Garant für echtes Porschefeeling. Der legendäre 2.7 Carrera RS (Entenbürzel, 1.580 Stück, 1972/73, 210-PS-Motor) ist der Bruder. Im Vergleich zu ihm sind die 2.7 und 2.7 S mit der leichteren, verbrauchs- und wartungsarmen K-Jetronic-Einspritzung versehen welche dafür etwas Power kostet. Diese ist im übrigens extrem zuverlässig und kann auch großteils selbst überholt werden.
Offiziell liegen beim Signature die 165 PS des S an. Der Motor ist jedoch derselbe wie bei den europäischen S mit locker 175 PS und guten 235 Nm. Hier wird tiefgestapelt. Unser inzwischen fertig restauriertes und ursprünglich nach Kanada ausgeliefertes Sondermodell hat auch werkseitig keine Kats und keine Zusatzluftpumpe, die die Leistung de facto abschnüren. Fünf Gänge verhelfen zu sportlichem Durchzug.
Wert: Wirklich geleckte Modelle sind bei den 2.7ern (Bauzeit: 1973-1976) - egal ob S oder "normal" - generell selten geworden und dementsprechend mit 70tsd+ teuer (Preise 2020). Darunter findet sich Durchwachsenes. Fahrzeuge, die für 30tsd. bis 40tsd angeboten werden, bedürfen entsprechender und oft teurer Nacharbeit, gerade bei Porsche. Die Signature-Modelle sind noch relativ unbekannt und werden aufgrund der geringen Stückzahlen auch selten gehandelt (und haben oft Fehlteile). Der Wert im Topzustand wird 2020 auf rund 100.000 Euro geschätzt. Als Vergleich eignet sich eher die hier bekannte Jubiläumsedition „25 Jahre Fahren in seiner schönsten Form“, die auch zur damaligen Zeit verkauft wurde. Diese Modelle werden je nach Motor für rund 150.000 Euro gehandelt, obwohl weit mehr Fahrzeuge gebaut wurden und auf dem Markt sind. Mit dem G-Model begann Porsche übrigens überhaupt erst mit dem Auflegen von limiterten Sondermodellen.
Übrigens: Ein 911er kostete Mitte der 70er um die 30.000 DM, ein S 40.000 DM in der Basisausstattung. Es wurden insgesamt wohl nur rund 27tsd 2.7er als Nachfolger der F-Reihe gebaut.
Tipp: 2.7er ölen ab und an etwas mehr, zu viel ölen (Kopf/Fuß) kann jedoch auf gerissene Stehbolzen (s.o.) hinweisen, und das wird bald teuer (größere Motorrevisionen ab 10.000 Euro, mit viel Arbeit selbst ab 5000 Euro). US-Modelle verfügen oft nur über eine Kühlschlange vorne oder haben sogar überhaupt keinen zusätzlichen Ölkühler (ggf. nachrüsten, Teile gibt es für rund 1.800 Euro bei bekannten Lieferanten). Jedes Grad zählt!
Ebenso haben 2.7er gerne etwas weniger Öldruck, wenn die Betriebstemperatur erreicht ist, als man das von anderen Elfern kennt. Dies führt jedoch normalerweise zu keiner Unterversorgung – so zumindest die Meinung von vielen Eignern und Werkstätten mit Erfahrung, für den Einzelfall stellt dies aber keine belastbare Regel dar. Je weniger an Kats und Co. thermisch stören, desto besser ist es für den Motor – das Zurückrüsten auf europäischen Standard ist eine gute Option! Mangels viel Technik sind diese 911er die letzte wirklich leichte und für Einsteiger erlernbar wartbare Version.
Die Ersatzteillage ist sehr gut. Egal ob man besagten Tweet sucht oder die teuren Zündungskomponenten (z.B. HKZ) Ersatz benötigen – ist etwas einmal getauscht, hält es wieder 40 Jahre. Zur Instandsetzung der Bosch K-Jetronic Einspritzung haben wir im Motofilter (s.u.) eine komplette Funktionsbeschreibung verfasst. Hier ist alles mechanisch und kann mit Liebe selbst repariert werden.
Wer eine Sonderedition erwerben will, lässt sich diese bei Zweifeln über die VIN von Porsche kostenpflichtig bestätigen. Beim Signature steht dann unter anderem „SONDER-MOD“, „Lackierung Platindiamant“ und „Tweet“ im damaligen originalen Fahrzeugauftrag. Auch Motor und Getriebenummer werden dann zugeordnet – wer „matched“ gewinnt. Achten Sie auch auf noch erhaltenes Originalzubehör wie Radio, Boxen, Bordwerkzeug, elektrische Reifenpumpe und Anleitungen. Das macht schnell tatsächlich ein paar Tausend Euro im Nachkauf aus und komplettiert Ihr Fahrzeug.
Ein „normaler“ einzelner 911 S 2.7 erlangte übrigens 2009 ein großes Maß an Popularität und hatte zeitweise sogar einen eigenen Blog: der jägergrüne Elfer der Kommissarin Saga Norén aus der Krimiserie „Die Brücke - Transit in den Tod“. Die Filmgesellschaft hatte ihn 2009 beiläufig als runtergenudelten, aus Kalifornien importierten Elfer für ungefähr 8.000 Euro gekauft und anschließend aufbereitet, damit Saga und ihr Partner Martin Rhode Verbrechen in Schweden und Dänemark rund um die Öresundbrücke aufklären können. Letztendlich wechselte er 2018 als Spende für wohltätige Zwecke für knapp 140.000 Euro den Besitzer. Wir hoffen, er musste nicht allzu lange auf salzigem Parkour dienen – nicht gerade sein Revier.
Einen weiteren Bericht über die gesamte 911-History, den Signature und die K-Jetronic finden Sie im Magazin motofilter (Ausgabe Nr. 6, 2020), besagte Ausgabe ist auch online unter www.motofilter.de (PDF) einzusehen. Bei Porsche findet sich etwas zur Modelhistorie der G´s ab 1974 und zu historischen Unterlagen wie dem Ersatz von Bedienungsanleitungen. Wir haben unsere jedoch tatsächlich als originales Fahrerhandbuch (englisch, denn die Signatures wurden ja nur nach USA und Kanada geliefert) auf Ebay erworben. Gut erhaltene Anleitungen werden mit bis zu 1.000 Euro gehandelt – ein teurer Spaß für Originalfetischisten!
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