Nachdem wirklich fantastisch gelungenen Taycan, den wir im letzten Motofilter einem ganztägigen Reichweitentest unterzogen haben, hat Porsche den Taycan Cross Turismo hinten ordentlich aufgepumpt und bietet einen eleganten Sportkombi mit dezenter Geländefreudigkeit und rassiger Fahrdynamik an.
Und das Heck kann sich wirklich sehen lassen: fein gezeichnet und trotzdem ein Auftritt, der massive Bodenhaftung kombiniert mit unersättlichem Vorwärtsdrang signalisiert. Ein Knopf in der Mitte der Stoßstange öffnet dabei den Zugang zum Fond mit umklappbarer und geteilter Rückenlehne: Stolze 1.212 Liter können hier bequem zugeladen werden. Das reicht für alle normalen Urlaube und Sportaktivitäten, die etwas Ausrüstung fordern. Dazu kommen fünf Zentimeter mehr Kopffreiheit für Fondpassagiere. Wer will, montiert einen speziellen Fahrradträger hinten (da geht sogar die Heckklappe noch auf wenn Räder dran sind) und eine Dachbox (bis 200 km/h zugelassen).
Für das Gelände ist der Taycan Cross Turismo ebenfalls gerüstet – er trägt den Namen nicht umsonst. Kantenschutz an den Radkästen, geschützte Türschweller und das Luftfederfahrwerk, das dem Cross etwas mehr Bodenfreiheit verschafft, sind nur Teil der Multifunktionsstrategie. Wer sein Ziel in den Alpen hat oder den ein oder anderen Feldweg ohne großes Nachdenken befahren will, pumpt hier gerne dezent nach oben. Das fordern regional auch immer mehr Straßen im Schweizer-Käse-Look, Fräskanten wie Gletscherspalten oder Bordsteine in willkürlicher Höhe nach Tagesform des Baumeisters. Spielerisch wählt der Fahrer samt seinem Vierradantrieb (Cross eben) dann auch den „Gravelmodus“, und der Tay passt unter anderem Gas, Dämpfung und Drehmoment an die momentane Fahrsituation an.
Aber natürlich wechselt der Dompteur - zurück auf der Straße - zackig auf Sport Plus, senkt die Karosserie dabei automatisch ab und lässt je nach Laune des Beifahrers den Kopf in die durchaus widerstandsfähige Nackenlehne tauchen. Hier wäre ein etwas weicheres Kissen, wie bei Seniorenautomarken, durchaus auch eine Option, um Familienkrisen zu vermeiden. Der Taycan macht aber eben eines auch als Cross nicht: zart sein. Da gibt es keine Gedenksekunde, keinen langsamen Leistungsaufbau. Wird das Pedal schnell durchgetreten, wird der Hund umgehend aus dem Fußraum – vorbei an seinen Herrchen – nach hinten in den Fond gespült. Das gilt für alles, was nicht befestigt ist. Basta. Und so ist auch die Dämpfung: Wird hart gewählt, dann werden die grob 2,3 Tonnen zu einem gefühlten Block, bei dem es den Fahrer in der Kurve, trotz wohlgeformten Sitzen mit gutem Seitenhalt, mehr zu bewegen scheint als die Karosserie wankt und federt. Hier steht der Cross der sportlichen Taycan Limousine nicht wirklich nach: 25 Kilogramm Mehrgewicht, das Gewicht eines Schiebedachs.
In unserem Test hatten wir den „braven“ Cross 4 mit 380 PS. Mit 5,1 Sekunden auf 100 km/h ein wirklich sportliches Erlebnis, das bei 220 km/h eingeregelt wird. Als 4S werken dann schon 571 PS, die bis 240 km/h verfügbar sind und in 4,1 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Wer sich gar nicht im Griff hat, nimmt den „Turbo“ und hat dann 680 PS (und 1.050 Nm), 3,3 Sekunden auf Hundert und Spaß bis 250 km/h. Alle verbindet Vier-Rad-Antrieb und zwei Gänge im hinteren Antriebsteil sowie der 93,4 kWh Leistung bringende Akku. Wie weit Sie damit kommen, hängt rein von Ihnen ab. Der CW-Wert ist Dank des schönen Hecks ein bisschen schlechter als bei der Limousine, hat also geringfügig mehr Luftwiderstand: Wer ihn peitscht, kommt 300 Kilometer weit, wer ihn streichelt, schafft erfahrungsweise das Doppelte. Wir werden im Motofilter (Herbst 2021) dazu wieder einen eigenen Langstreckentest machen.
Porsche bietet alles an Assistenzen, was die Zeit gebietet, jedoch steht der Fahrer gefühlt mehr im Mittelpunkt. Wer in einen VW ID.4 steigt, wird von Assistenz sofort umgarnt, was mir persönlich in einem Alltagsstromer mit eben weniger Leistung sehr gut gefällt. Hier, in einem sportlich angehauchten Fahrzeug, ist es gut, dies erst aktiv abrufen zu müssen und von Haus aus erst mal reines, eigenständiges Fahren zu genießen. Einsteigen, Wahlhebel kurz nach oben auf D, Sport Plus am Lenkrad gewählt und Feuer frei, beziehungsweise „Lass blitzen!“, wie Luke Skywalker schon im (echten) ersten Teil von „Krieg der Sterne“ auf der Suche nach R2-D2 in seinem Landgleiter rief.
Ähnliche Kommentare kann der Taycan-Fahrer von sich geben, wenn er das Startgeld von knapp 85.543 Euro an das Porsche Zentrum seines Vertrauens, hier Regensburg, übertragen konnte. Dann darf er seinen Tay auch Millennium Falcon nennen und damit den Kossal-Flug in unter zwölf Parsec meistern: Läuft!