Beim Volvo XC40 Recharge fließt lautlaus und doch umso kraftvoller Strom durch die Adern. Urgewaltig und doch so ruhig. Unser erster Volvo-Test mit einem reinen Stromer!
Wenn eines Volvos Frontpartie geschlossen ist und er dazu hinten einen schwarzen Heckdiffusor trägt, dann verbrennt keine klassische Wärmekraftmaschine Sprit, um das Auto vorwärts zu bringen. Nein, dann fließt lautlos und doch umso kraftvoller Strom durch seine Adern. In unserem XC40 Recharge werden damit bis zu insgesamt 408 PS beide Achsen angetrieben. Urgewaltig und doch so ruhig.
One-Pedal-Driving oder die übliche Manier?
Ja, unser erster Volvo-Test mit einem reinen Stromer! Da, wo normal im Vorderwagen der Verbrenner haust, erfreut nun – zusätzlich zum bis zu 1.382 Liter großen regulären Kofferraum im Heck – ein kleiner zusätzlicher Laderaum unter der „Motorhaube“. Das erfreut auch den sich damit heimisch fühlenden 911er Fahrer sofort, der natürlich in seinem Sportler (nahezu) nur diesen einen zur Nutzung hat. Einsteigen (keyless), den Wahlhebel auf „D“ stellen und los geht es. Fast. Denn wer mag, der nutzt noch den zentralen Bildschirm mit dem neuen Android-Betriebssystem und konfiguriert sich zuvor sein Fahrerlebnis: zum Beispiel, ob man via One-Pedal-Driving fahren möchte – also ob das Loslassen des Pedals auch gleichzeitig die Bremse sanft aktiviert – oder ob man lieber Brems- und Gaspedal in üblicher Manier völlig getrennt hält, sodass beim Loslassen einfach nur „gesegelt“ wird. Auch die Fahrmodi werden hier bestimmt: Straße oder Gelände? Sportlich oder eher sanft? Bei Gelände (bis 40 km/h) gibt es jedenfalls eine andere Übersetzung sowie eine Bergabfahrhilfe und mit 19 Millimeter genug Bodenfreiheit für die stadtnahe Pampas samt Wasserläufen – soweit diese nicht tiefer als 45 Zentimeter sind. Auch regelt man hier, welche Assistenzen man benutzen möchte, nutzt Spotify oder andere Dienste wie Google Maps – inklusive der aus dem Alltag vertrauten sehr guten Navigation samt Verkehrsflussinfos. Die Steuerung der Klimatisierung erfolgt ebenfalls unten am Bildschirm und ist – in aller Ruhe – einfach zu bedienen.
Reichweitenwunder in der Stadt
4,9 Sekunden auf 100 km/h? Absolut! Die beiden E-Motoren sorgen für mächtigen Vortrieb, der – wie bei Volvo eben inzwischen üblich – bei 180 km/h endet. Und hier passt das auch. Denn mit 78 kWh (75 kWh nutzbar) an Akku hat man seine Reichweite selbst in der Hand – und die hängt stark vom Speed ab. Bei 100 km/h haben wir einen Verbrauch von 22 kW pro Stunde gemessen. Das würde für grob 340 Kilometer reichen. Bei 180 km/h braucht es hingegen viel Power, um gegen den Luftwiderstand anzukämpfen, und zwar um die 100 PS (wie eben ein Verbrenner auch) oder eben um die 70 kW pro Stunde. Das entleert den Akku innerhalb von 200 Kilometern. In der Stadt wird der Stromer dafür zum Reichweitenwunder. Er gönnt sich bei unserem Test in Regensburg in der Stunde um die 17 kW. Im Stehen braucht er nichts, beim Bremsen kann er viel zurückgewinnen und der Fahrtwind ist mangels Speed gering. Damit käme man dann auch gerne mal 440 Kilometer weit. Volvo selbst gibt die Reichweite gemäß dem WLTP-Zyklus mit 418 Kilometer an.
Gefühl eines Raketenstarts
Bis zu 660 Nm Drehmoment erzeugen die Motoren. Ein prächtiges Feuerwerk, dass dem Fahrer fast das Gefühl eines Raketenstarts mit Jeff Bezos verschafft. Dabei geht der XC 40 hinten sanft in die Knie und vorne etwas hoch – wie ein massiver V8. Aber die Power verführt eben auch zum flotten Ritt und verlangt dem Fahrer das Schlimmste ab: Beherrschung! Das Fahrwerk ist gut abgestimmt und kann mit der Power mithalten, ohne unkomfortabel zu sein. Auf Wunsch gibt es eine knackige Verzögerung – und das trotz knapp 2,2 Tonnen. Dabei ist der Übergang von der reinen Rekuperation zum Miteinbezug der Bremsanlage fließend. Der XC 40 ist mit diesem Antrieb einfach herrlich dynamisch und unser Ritt durch die herbstlichen Landstraßen in das Gebiet des Bayerischen Waldes ist ein wahrer Genuss. Egal ob gemütlich oder mit Pfeffer – mehr als gelegentliches, leises Surren ist vom Antrieb nicht zu hören. Es bleibt fast nur der Fahrtwind als Geräusch.
Erfrischend eigenständige Designlinie
Im Innenraum erwartet den Fahrer die hochwertige und erfrischend eigenständige Designlinie der Schweden. Das digitale Cockpit vor dem Fahrer hat seine gewohnten (und leicht vereinfachten) Funktionen samt den Bedienelementen behalten. An Assistenzen ist in einem Volvo natürlich alles an Bord oder optional erhältlich, was der Fahrer sich derzeit wünschen kann.
XC 40 Recharge in zwei Versionen
Volvo bietet den XC 40 Recharge in zwei Versionen. Der Twin mit 408 PS beginnt bei 57.990 Euro, hat aber in der Grundausstattung schon die „Plus“-Variante und somit viel an Bord. Als zweites Model gibt es den Recharge mit reinem Vorderradantrieb und 231 PS. Hier wird bei 47.390 Euro gestartet. Bei beiden werden aber noch bis zu 9.000 Euro an Fördergeldern abgezogen – na dann her damit!
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RNRed