Wenn alle Stricke reißen, die Laune der Kinder stetig sinkt und Eltern nur einen Kaffee brauchen, dann soll das Peacehändchen für Familien ein Ort zum Verweilen sein. So stellen sich die Inhaberinnen Lydia Labahn und Claudia Rauscher ihren gemeinsamen Kinder-Second-Hand-Laden vor. Im Gespräch verraten sie, warum Second Hand gerade bei Kindern von Vorteil sein kann und wieso sie Regensburg für „das coolste Dorf der Welt“ halten.
„Peacehändchen – here we grow“, lautet das Motto des neuen Kinder-Second-Hand-Shops unter den Schwibbögen. Unweit davon entfernt findet man auch das PEACEHAND – der Ort, an dem die Idee eines Ladens mit Fokus auf Kinderkleidung das erste Mal zu keimen begann. Gegründet wurde das Peacehändchen von Lydia Labahn und Claudia Rauscher, letztere arbeitet selbst seit 2018 im PEACEHAND. Der Slogan soll dabei nicht nur ein schickes Wortspiel sein, sondern einen Einblick in die Philosophie des Unternehmens geben: Hier soll nämlich eine bunt gemischte Community entstehen, in der Familien und deren Kinder gemeinsam wachsen können. Bis zur Ersteröffnung im März musste jedoch noch einiges geschehen.
Wie alles begann…
Nachdem Claudia vor vier Jahren im PEACEHAND zu arbeiten begonnen hatte, stellte sich schnell heraus, dass sie sich für Nachhaltigkeit und Second Hand begeistern konnte. Dort entdeckte sie zuerst Second Hand für Erwachsene für sich und anschließend, wie man derartige Ladenkonzepte so gestalten kann, dass sie auch Spaß machen. Als Mutter zweier Kinder weiß sie aber auch, wie es ist, für die Jüngeren unter uns einzukaufen. Daher habe es für sie auch viel Sinn ergeben, Second Hand für Kinder im Auge zu behalten: „Die haben ja noch einen viel stärkeren Kleidungswechsel und in Regensburg mangelt es noch an passendem Angebot“, erklärt sie und fügt hinzu, dass der Bedarf eigentlich vorhanden wäre. Und als – „Corona sei Dank!“ – in der Straße unter den Schwibbögen eine passende Ladenfläche frei wurde, stand die Frage im Raum, ob Claudia ihre Idee des Kinder-Second-Hands auch tatsächlich umsetzen könnte.
Eigentlich hatte Claudia ihrem Partner schon zugesichert, dass sie diesen großen Schritt nicht wagen würde. Aber dann fügte es sich doch anders: Nach einem erneuten Gespräch mit ihrem Mann, entschied sich Claudia ursprünglich dazu, dem Vermieter der Räumlichkeiten schweren Herzens abzusagen – und sicherte ihm im Telefonat letztlich trotzdem ihre Zusage zu.
An dieser Stelle stößt Lydia Labahn hinzu: Nachdem die selbstständige Grafikerin eigentlich zurück in ihre niederbayerische Heimat wollte, bleibt nun eine wichtige Verbindung zu Regensburg bestehen. Claudia bat Lydia zunächst, ihr bei der Einrichtung und Gestaltung des Peacehändchens zu helfen. Aber die beiden Mütter entschieden sich spontan dazu, den Laden als Duo zu führen – und freuen sich auf die kommenden Monate gemeinsamer Arbeit. ‚‘
… und wie es weitergehen soll
Nun stehen Claudia und Lydia in den Startlöchern und freuen sich, dass sie bereits Kundschaft im Peacehändchen begrüßen durften. Nach dem inoffiziellen Start Anfang März soll der 07. Mai – also der Tag vor dem diesjährigen Muttertag – ihr Jubiläumsdatum werden. Aber was erwartet Regensburgs Eltern eigentlich, wenn sie das Peacehändchen betreten?
„Wenn man mit den Kindern beim Shoppen ist, alle Stricke reißen und die Stimmung am Tiefpunkt ist – das Kind brüllt, ‘ne volle Windel oder Hunger hat und man selbst eigentlich nur ‘nen Kaffee braucht. Wo geht man dann hin?“, schildert Claudia eine Situation, die vielen Eltern wahrscheinlich nur allzu bekannt ist. Gerade in der Innenstadt sei es unglaublich schwierig, einen Platz zu finden, an dem Eltern und Kinder gleichermaßen runterkommen können. Daher haben sich Claudia und Lydia zum Ziel gesetzt, im Peacehändchen einen Raum zu schaffen, in dem man sich einfach wohlfühlen kann. „Man darf bei uns einfach sein – dazu gehört auch, dass die Kinder vielleicht einfach mal brüllen und sich austoben, aber das ist dann auch okay“, so die Vision vom Zusammenleben im Laden. Dazu gehört auch, dass Still- und Wickelmöglichkeiten angeboten werden, damit man einen ruhigen Ort hierfür auch zentral in der Innenstadt findet.
Kaffee für die Eltern und eine Spielecke für die Kleinen
Das Peacehändchen selbst ist mit mehr als nur Kleidung und Kinder- oder Schwangerschaftsbedarf ausgestattet: Im Laden selbst bieten Claudia und Lydia für müde Elternteile außerdem auch Kaffee von der Regensburger Rösterei Rehorik an, mit dem man sich dann in die Sofaecke setzen kann, während die Kinder – so der Plan – im Baumhaus spielen. Das Baumhaus hat eine eigens reservierte Ecke in der Ladenfläche und soll auf Kunstrasen Platz zum Austoben und Spaß haben bieten. Auch sonst wird den Kleinen nicht langweilig: Spielzeug und Kinderbücher sind zu genüge vorhanden. In Kooperation mit der Schneidermeisterin Julia Liedke vom Regensburger Label „MarieJuliee“ sollen auch Upcycling und Nähkurse angeboten werden – beispielsweise für Kinderkostüme zu Halloween und Fasching. Die Schneidermeisterin zieht mit ihrem Atelier aus der Glockengasse in die Räume des Peacehändchens um und bekommt dort ihren eigenen Platz. Auch für Reparaturen oder andere Näharbeiten an Kinderkleidung wird man sich dort an Julia Liedke wenden können.
„Das coolste Dorf der Welt!“
Dass sie mit ihrem Ladenkonzept Erfolg haben werden, dessen sind Claudia und Lydia sich sicher: „Während der Umbauten haben sich die Kinder die Nase am Schaufenster plattgedrückt – so eine Baustelle ist ja auch spannend.“ Aber auch die Eltern zeigten reges Interesse. Claudia berichtet von durchweg positivem Feedback, sobald sie neugierigen Menschen das Peacehändchen erklärte. Zum Teil habe das Peacehändchen-Team sogar Hilfe von bislang Unbekannten angeboten bekommen, erzählt Claudia und freut sich über die vielen schönen Rückmeldungen, die sie erreicht hätten.
Das würde Regensburg als Standort auch ausmachen, sind sich Lydia und Claudia einig: Die Stadt lebe von ihren Menschen, die offen für Neues seien und gerne entdecken, was Regensburg so zu bieten habe. „Regensburg ist als Standort auf jeden Fall eine gute Stadt, um einfach etwas komplett Neues zu versuchen und zu sehen, wie es bei den Menschen ankommt. Zu wissen, dass der Bedarf vorhanden ist, war ein zusätzlicher Einblick – daher hat man Gewissheit, dass es laufen wird“, beurteilt Claudia die Lage als Gründerin in der Altstadt. Für sie ist Regensburg eindeutig „das coolste Dorf der Welt“ – auch weil der Zusammenhalt zwischen den Menschen so groß ist. Daher freuen die vielen Reaktionen auf das Peacehändchen umso mehr: Die Stadt sei offen für neue Angebote, wenn sie denn einmal vorhanden sind.
Second Hand auch endlich offline
„Es geht auch um Erreichbarkeit. Solche Angebote müssen zugänglich gemacht werden! Ansonsten haben die Menschen gar keine Chance, sich mit Themen wie Second Hand zu beschäftigen“, erklärt Claudia Rauscher. Gerade für Menschen, die weniger finanzielle Mittel zur Verfügung hätten, sei Second Hand oftmals von großem Interesse – sei es als Familie, im Studium oder in der Ausbildung. Und solche Möglichkeiten vor Ort auch in Regensburg endlich wahrnehmen zu können, würde für viele Kunden und Kundinnen einen großen Unterschied machen. Auch mit dem Einkauf in online Second-Hand-Portalen sei das einfach nicht zu vergleichen, bekräftigt Lydia: „Dann ist man dort unterwegs, wo vielleicht günstige Sachen zu finden sind, die aber viel Versand kosten. Man muss auch drauf warten und wenn die dann da sind, kann es sein, dass sie so verwaschen sind, dass sie gar nicht passen. Natürlich will man‘s vielleicht mal in der Hand haben, anprobieren und schauen, ob es wirklich so ist, wie man es sich vorstellt.“ Gerade deswegen sei insbesondere bei Kindern die Möglichkeit zum Second Hand-Kauf vor Ort eine Nische, die in Regensburg dringend bedient werden müsse.
Mit der Neugründung steht Claudia und Lydia zwar noch einiges an Arbeit ins Haus, aber ihr Traum vom Peacehändchen hat sich damit endlich manifestiert. Die Gründung des Ablegers vom PEACEHAND zeigt dabei zudem: Inhaber- und inhaberinnengeführte Läden haben in Regensburg guten Boden, auf dem sie bauen können. Es gilt also nicht nur fürs Peacehändchen, sondern für die gesamte Altstadt: „Here we grow.“
Nicole Michalak | RNRed