Ein Museum bringt immer ein geheimnisvolles Flair mit sich – welche Geschichte steckt hinter den Ausstellungsstücken? Und wie kommt man auf die Idee, ein Museum zu gründen? Wir haben uns mit Michael Völker, dem Gründer des Dinosaurier Museum Altmühltal, über die Freude hinter seinem Job unterhalten.
Welche Geschichte steckt hinter dem Dinosaurier Museum Altmühltal?
Ich habe früher viele Jahre in einem Konzern gearbeitet und dort auch Freizeitparks und Erlebniswelten betreut, beispielsweise in Berlin oder Hamburg. Schon in den 90er Jahren wollte ich ein eigenes Museum bauen – nach zwanzig Jahren im Konzern hat es dann so gedrängt, dass ich tatsächlich gekündigt habe. Damals habe ich in der Nähe von Berlin gewohnt und habe mir die Frage gestellt, wo man sowas auf die Beine stellen könnte. Dann bin ich auch sehr schnell aufs Altmühltal gestoßen, das geschichtlich ja sehr bedeutend ist – mit dem Archaeopteryxund anderen Funden. Ich habe den Entschluss zum Umzug dann sehr schnell gefasst und bin gemeinsam mit meinem Sohn nach Bayern gezogen.
"Es macht einfach unheimlich viel Spaß"
Was ist Ihre tägliche Motivation hinter der Arbeit im Park und im Museum?
Es ist einfach ein schönes Gefühl, im Park oder im Museum zu sehen, dass die Gäste einen schönen Tag haben. Gerade erst vor kurzem bin ich einfach in der Museumshalle gesessen und habe dem Treiben zugeschaut: Wenn sie dann die begeisterten Gesichter sehen – nicht nur bei den Kindern –, das macht einfach unheimlich viel Spaß. Mittlerweile sind wir ein super Team und bekommen auch die entsprechende Rückmeldung von unseren Besucher:innen. Wir achten auch nicht penibel auf die Uhr: Wir schließen eigentlich um 09.00 Uhr morgens auf, aber wenn eine halbe Stunde früher schon die Ersten vor dem Eingang stehen, dann öffnen wir einfach früher – es sind nun mal die Kleinigkeiten. Es zeigt, dass wir alle Lust darauf haben, Gastgeber zu sein und mit unseren Besucher:innen den Tag gemeinsam zu verbringen.
Von Herausforderungen und Auflagen
Welchen Problemen muss man sich stellen, wenn man ein derartiges Unterfangen vorhat?
Das geht damit los, dass man überhaupt erstmal mehrere Genehmigungen bekommen muss. Das Museum befindet sich im Außenbereich und das ist mit einem langwierigen Genehmigungsprozess verbunden. So viele Auflagen, die man erfüllen muss… Um sowas in Deutschland zu organisieren, muss man einen wirklich langen Atem haben. Das ist eine große Herausforderung, auch wenn man sich weiterentwickeln möchte. Die Behörden wollen alles auf den Zentimeter genau wissen, aber ein Museum lebt ja von seiner Dynamik und seiner Weiterentwicklung. Zu wissen, was in fünf Jahren wichtig sein wird, ist eine große Herausforderung. Man muss planen: Welche Exponate werde ich haben? Brauche ich einen zusätzlichen Spielplatz? Welches Feedback kam von den Gästen, welche Wünsche haben sie? Den Behörden dann zu sagen, wo man in zehn Jahren stehen möchte, das ist eigentlich unmöglich.
Ein weiterer Aspekt ist natürlich, das bestehende Niveau aufrecht zu erhalten. Wir sehen uns auf internationalem Niveau und haben mehrere Weltsensationen in unseren Ausstellungen. Das bedeutet aber auch, dass wir viel Kraft aufwenden müssen, diesen Standard zu halten und weiterhin derartige Exponate für uns zu bekommen. Wir haben Ausstellungsstücke, die eigentlich den großen Museen der Welt vorbehalten sind, aber die es trotzdem zu uns ins beschauliche Denkendorf geschafft haben. Da muss man natürlich mit den Besitzer:innen reden, denn oftmals hätten die es lieber, stünde ihr Stück in New York statt in Bayern. Inzwischen haben wir aber so einen guten Ruf bei den Sammler:innen, die wissen, bei uns sind ihre Stücke gut aufgehoben und ideal präsentiert. Sie wissen, wie diese bei uns ins beste Licht gerückt und gepflegt werden. Und uns ist klar, dass wir uns in dem Bereich wirklich nicht verstecken müssen. Das ist aber auch eine Heidenarbeit.
Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht? Insbesondere auch während der letzten Jahre mit der Corona-Pandemie?
Es war eine extrem schwierige Zeit. Wir hatten ja beispielsweise zweimal keine Osterferien mehr in der Pandemie. Es gab einen Ostermontag, an dem normalerweise ein, zwei Tausend Gäste bei uns im Park wären – stattdessen saß ich alleine bei uns am See und trank meinen Kaffee. Eigentlich hatten wir so gesehen acht Monate Berufsverbot, das ist absurd. Es war wirklich schwierig, wir mussten auch erstmal unsere Finanzierung klären. Wir mussten uns mit den Finanzierungspartner:innen absprechen, die auch gehofft haben, dass es bald weiter geht. Zum anderen mussten wir auch für unsere Mitarbeiter:innen sorgen, was auch mein Hauptanliegen war. Sie kennen die Regelungen, mit dem Kurzarbeitergeld und solchen Themen – aber das deckt ja nur einen Bruchteil. Also haben wir auch organisiert, dass wir Geld bereitstellen, damit wir das Lohnniveau halten können. Jeder Euro wurde mehrfach umgedreht, wir brauchten zusätzliche Kreditmittel und haben Investitionen geprüft oder gestrichen, damit wir unseren Mitarbeiter:innen weiter den Lohn zahlen konnten. Das nimmt einem gewissermaßen auch Wind aus den Segeln, was die Zukunft angeht – man wollte ja investieren. Für uns war aber das Entscheidende, dass unsere Mannschaft versorgt ist. Das halte ich auch für die richtige Entscheidung, da wir im Gegensatz zu anderen keine:n einzige:n Mitarbeiter:in verloren haben. Fest angestellt sind bei uns mittlerweile über dreißig Personen und im Sommer – mit unseren Aushilfen und Ferienjobbern – sind wir sogar knapp über achtzig Leute.
Rocky: Der ganze Stolz des Dinosaurier Museums
Welches Feedback hat Sie bisher erreicht? Worüber freuen Sie sich immer besonders stark?
Ich glaube, dass die Menschen die Gestaltung des Parks und die Mischung mit dem Museum sehr zu schätzen wissen. Viele wissen wahrscheinlich gar nicht, was sie erwartet und sie kommen mit der Erwartung von einem Kunststoff-Disney-Park. Wenn sie dann aber den Aufwand dahinter erkennen, dann begeistern sie sich für das Gesamtergebnis.
Auf welches Ihrer Exponate sind Sie besonders stolz? Was ist Ihr persönliches Highlight im Park oder im Museum?
Das ist eindeutig der Rocky. Er ist das einzig existierende Original-Skelett eines jugendlichen T-Rex‘. Allein durch Hollywood Filmwelt wurde er in der allgemeinen Wahrnehmung zur bedeutendsten Dinosaurierart. Und er ist auch einzigartig: Ein Tier, das in dieser Kombination Kraft, Intelligenz und Schnelligkeit kombiniert, gab es weder davor noch danach noch einmal. Dieses einzigartige Exemplar bei uns zu beheimaten, ist natürlich unbezahlbar.
Wie fühlt es sich an, jeden Tag mit den Zeugnissen unserer Geschichte zu arbeiten? Verliert man irgendwann die Ehrfurcht vor den riesigen Dinosauriern?
(lacht) Nein, die verliert man nicht. Es ist schön, dass diese Frage gestellt wird – ich wünsche unserem Rocky beispielsweise auch jeden Abend „Gute Nacht“. Der antwortet natürlich leider nicht. Aber nein, man verliert die Ehrfurcht sicher nicht. Im Gegenteil: Je länger ich mich mit unseren Exponaten beschäftige – mit der Fundgeschichte, Lebensumständen in der Zeit, in, in der sie tatsächlich lebten –, desto mehr nimmt die Ehrfurcht zu.
"Wenn man Menschen Verantwortung gibt, handeln sie auch so"
Im Konzept des Museums und des Parks legen Sie großen Wert auf verschiedene Aspekte – beispielsweise auf die Eigenverantwortung Ihrer Gäste und die Nachhaltigkeit. Wie funktioniert das?
Ich beschäftige mich schon seit meiner Jugend mit dem Thema Nachhaltigkeit – als ich mit 20 Jahren Vegetarier wurde, gab es das in Deutschland quasi noch nicht. (lacht) Auch bei der Gründung des Dino-Parks haben wir großen Wert darauf gelegt. Wir sind Kunden eines Bio-Lebensmittelgroßhandels in München und waren damals – 2016, also vor sechs Jahren – deren erster Kunde im Altmühltal. Auch das Eingangsgebäude und unsere Museumshalle sind – soweit technisch möglich – komplett ökologisch gebaut worden. Das geht bis zur Dämmung, die aus Hanf besteht. Wir achten auch beispielsweise beim Heizen sehr auf sparsame Maßnahmen. Eigentlich wollte ich damals sogar die Abwasserreinigung des Parks autark und dezentral gestalten, das funktionierte letztendlich ökologisch leider nicht.
Das Konzept des Parks beruht viel auf kleinen Details und auf dem Vertrauen zu unseren Gästen. Sie werden bei uns im Museum kein einziges Verbotsschild finden – lediglich die Bitten, beispielsweise auf die Exponate aufzupassen. Daher hatten wir seit unserer Eröffnung bislang keinen einzigen Vandalismusschaden. Schulklassen und Kindergärten gehen bei uns ein und aus, trotzdem musste bisher noch kein einziger Toilettendeckel ersetzt werden. (lacht) Auch an den Parkwegen gibt es keine Zäune – stattdessen bitten wir darum, die Wege einfach nicht zu verlassen. Die Menschen werden durch solche Ansprachen einfach motiviert und in eine gemeinsame Verantwortung gezogen und nicht stumpfen Verboten ausgesetzt. Wenn man den Menschen die Verantwortung zurückgibt, dann werden sie auch dementsprechend handeln.
Immer neue Impulse setzen
Wie soll die Zukunft des Dinoparks aussehen? Was ist für das Jahr 2022 geplant und worauf dürfen sich Besucher:innen freuen?
Wir haben mit unserem Allosaurusskelett ein neues Ausstellungsstück, was uns extrem freut. Und was ebenso schön ist, ist unsere neugebaute Terrasse, die nun fertig ist.
Das Museumsgebäude ist außerdem auch für Veranstaltungen angemeldet und freigegeben – man kann also Events zwischen echten Dinosaurierskeletten durchführen. Das ist in Europa in dieser Form einzigartig. Ansonsten müssten Sie nach Amerika fliegen, um eine solche Atmosphäre zu genießen. Auf solche Events, sei es eine Firmenfeier oder ein Galadinner, wollen wir noch zusätzlich unseren Fokus legen.
Außerdem werden wir noch mehr Platz im Museumsgebäude brauchen, denn wir wollen Live-Präparationen realisieren. Das heißt, dass unsere Gäste live dabei zuschauen können, wie wir die Dinosaurierknochen präparieren. Dazu wird es immer wieder kleine Einführungen geben. Dafür befinden wir uns noch in der Planung. Aber: Egal, was kommt, wir wollen uns immer weiter entwickeln. Unser Schwerpunkt ist und bleibt, immer wieder neue Impulse zu setzen.
RNRed/ Nicole Michalak, filterRedaktion