Seit Jahren wächst die Begeisterung für American Football auch in Deutschland. Den Straubing Spiders gelang erst vergangenes Jahr der große Aufstieg in die German Football League. Wir haben mit Spieler Maximilian Andorfer und Lisa Andorfer – Cheerleaderin bei den Straubing Spiders – über die Faszination Football gesprochen.
American Football ist im Mittelpunkt Deutschlands angekommen – vor allem der Super Bowl genießt mittlerweile auch hierzulande Kultstatus. Doch nicht nur vor den Bildschirmen gewinnt die Sportart an Bedeutung: Die Straubing Spiders holen den „Spirit“ des American Football direkt vor unsere Haustür. Doch wie sieht der Alltag eines Football-Spielers aus? Wie streng ist ihr Trainings- und Ernährungsplan und wie sieht es tatsächlich unter der Ausrüstung mit den breiten Schulterpolstern aus? Wir werfen mit Maximilian und Lisa Andorfer einen Blick hinter die Kulissen.
Maximilian, weißt du, wie es zur Idee der Gründung eines Football-Teams in Straubing kam?
Letztendlich war es eine Idee eines kleinen Haufens Verrückter. Die erste Gründung erfolgte bereits 1979 als Straubing Bisons, das scheiterte am Ende aber noch. Als dann die Spiders 1984 gegründet wurden, begann so ein bisschen die Erfolgsgeschichte.
Warum denkst du, dass sich ein hierzulande relativ junger Sport im niederbayerischen Straubing so gut etablieren konnte?
Im „Mutterland des Footballs“ in den USA wird seit über 100 Jahren American Football gespielt, in Deutschland wurde 1979 der erste deutsche Meister gekürt. Straubing ist auch bereits seit 1984 auf der Football-Landkarte und Niederbayern seit vielen Jahren eine gefürchtete Macht. Neben Straubing waren in den vergangenen Jahren Teams wie Kirchdorf oder Plattling bereits in der Bundesliga. Der große Vorteil aber speziell in Straubing ist, dass wir eine Stadt sind, die für verschiedene Sportarten offen ist. Nicht umsonst haben wir so viele hochklassige Vereine, die überall für Furore sorgen – wie etwa Eishockey, Volleyball, Inline-Hockey oder eben Football.
Denkst du, dass American Football ein Trendsport ist, der auch in anderen Regionen wieder mehr im Kommen ist?
Positiv war für den deutschen American Football sicherlich neben der Übertragung des Super Bowls, dass seit einigen Jahren auch die gesamten Spiele der NFL im Free-TV übertragen werden. Das hat interessierte Zuschauer gefunden, die sich zuvor aufgrund von Pay-TV dafür entschieden haben, die Spiele nicht zu schauen. Weil gerade diese Saison auch hochspannend war, haben sich danach viele Fans entschieden, auch in ihren Städten in die Football-Stadien zu gehen und haben dann gesehen, wie toll der Football mittlerweile geworden ist. Im Endeffekt spürt man diesen Hype noch immer, die Leute sind richtige Fans geworden und unterstützen ihre heimischen Mannschaften. Egal wo, der American Football lebt und wird gefühlt in jeder Ecke des Landes gespielt. „Ich habe Fußball und Tennis gespielt, aber keine Sportart hat mich so gepackt wie diese Art von Teamsport.“
Was unterscheidet diese Sportart von anderen und macht sie für dich so besonders?
Das größte Plus dieser Sportart ist, dass im Endeffekt JEDER diesen Sport ausüben kann – klein oder groß, dünn oder ein bisschen fester gebaut, jeder Mann wird gebraucht, um erfolgreich zu sein. Football ist außerdem ein klassischer Mannschaftssport, wo du wirklich alle elf Mann brauchst, um Raumgewinn zu erzielen. Dir hilft der beste Einzelspieler nichts, wenn du nicht in der Lage bist, ihm die Räume zu ermöglichen. Ich habe Fußball und Tennis gespielt, aber keine Sportart hat mich so gepackt wie diese Art von Teamsport.
Was ist das Besondere an den Straubing Spider-Fans?
Die Atmosphäre in Straubing ist schon etwas Besonderes – eigentlich ein kleines Stadion, kann aber zu einem richtigen Hexenkessel werden. Das macht dann auch gestandene Gegner nervös und bringt uns den wichtigen Heimvorteil. Das hat man vor allem 2021 gesehen, als die ersten Partien wegen Corona noch reglementiert waren von den Zuschauern her.
Sind in der ersten Mannschaft der Straubing Spiders hauptsächlich Profi- und Berufssportler?
Nein, wir sind nur Amateure, zahlen Mitgliedsbeitrag und tragen zum Gesamterfolg des Vereins bei. Es gibt Spesen und Sprit-Unterstützung für Spieler, die längere Wege fahren müssen zum Training, aber das war es auch schon. Wir spielen nicht um Geld, sondern um der Freude am Sport und Spiel.
Maximilian Andorfer Position: Offense Line / Größe: 1,87 Meter /Gewicht: 125 Kilogramm / Trikotnummer: #75
Straubing Spiders: Kraft oder Taktik?
Die wahrscheinlich „coolsten Trikots“ gibt es im Football. Mit den breiten Schulterpolstern sind sie auf jeden Fall ein Hingucker. Aber wie sieht es darunter aus? Wie wichtig ist es für einen Football-Spieler, groß zu sein und Muskeln beziehungsweise Kraft zu haben? Sind hier Schnelligkeit oder Kraft wichtiger?
Das macht diesen Sport so besonders – man braucht eben beides. Nur allein muskelbepackt zu sein reicht nicht, man muss auch die Beweglichkeit und Schnelligkeit aufs Feld bringen, um erfolgreich zu sein. Hier gilt es im Winter vor allem die Grundlage zu legen, mit variablem Training, um den Körper zu stärken, aber auch die Schnelligkeit und Koordination. Da kann man nicht sagen, was wichtiger ist. Der Körper muss im Ganzen fit sein, um eine Saison durchzuspielen.
Wie sieht ein Training im Football aus? Wie viel wird tatsächlich gegeneinander gespielt, wie viel ist Taktikvorbereitung und wie viel eben auch Kraft- oder Ausdauertraining?
Unterm Strich gibt es zwei Phasen in der Saison, was das Training betrifft – in der Vorbereitung sind es fünf bis sieben Trainingseinheiten pro Woche, gepaart mit Video-Meetings zur Taktik, dazu Fitness-Training und Football-Training auf dem Feld. Wenn die Saison begonnen hat, sind es vier bis sechs Einheiten, um den Körper zwischen den einzelnen Partien ein bisschen zu schonen. Während der Saison ist vor allem das Video-Studium des Gegners ein elementarer Bestandteil der Trainingseinheiten. Wir sind dann zwei bis drei Mal in der Woche auf dem Trainingsplatz, der Rest ist Fitnessstudio oder Videomeeting.
Müssen Football-Spieler auf eine bestimmte Ernährungsweise achten? Habt ihr hierfür einen Ernährungsberater und bekommt Ernährungspläne, an die ihr euch halten müsst?
Grundsätzlich ist jeder für sich selbst verantwortlich – wie gesagt, wir sind Amateure und daher ist hier Selbstverantwortung gefragt.
„Perfect Season“ der Straubing Spiders – Ausblick und Persönliches
Wie beurteilst du eure letzte Saison? Siehst du noch irgendwo Aufholbedarf oder bist du schon sehr zufrieden mit eurer Team-Leistung?
Die letzte Saison war natürlich phänomenal – Perfect Season, Meisterschaft und Aufstieg in die 1. Bundesliga. Das war ein absoluter Traum. In diesem Jahr läuft es für uns als Aufsteiger hervorragend, nur eine Niederlage aus fünf Spielen ist mehr, als wir uns erhofft hatten. Jetzt wollen wir in die Play-Offs und dort richtig für Furore sorgen!
Worauf freust du dich vor einem Spiel besonders?
Einfach auf das Spiel – man arbeitet im Herbst und Winter so hart dafür, dass man im Sommer auf dem Feld stehen darf. Daher ist es einfach die pure Vorfreude darauf, den Sport auszuüben.
Was war dein persönliches Highlight, seit du bei den Spiders bist?
Das ist relativ einfach – Meisterschaft in der 2. Bundesliga und der Aufstieg in die GFL 2021!Deine Frau ist ja Mitglied bei den Straubing Spiders Cheerleaders.
Wie wichtig ist euer Cheerleading Squad allgemein für euch und euren Erfolg?
Cheerleading und American Football gehören zusammen – Punkt. Man kennt sich, man hat unterm Strich die gleichen Ziele und wir kämpfen alle unter der gleichen Flagge. Das ist schon phänomenal und gibt es so einfach sehr, sehr selten. Daher pusht man sich gegenseitig schon enorm und verhilft sich jeweils, die Ziele zu erreichen!
Lisa Andorfer: Cheerleaderin und Trainerin (mittlere Reihe, 2. v. r.)
Mit Stolz und ganz viel Leidenschaft feuern die Cheerleading Squads der Straubing Spiders, von den ganz Kleinen bis zu den Seniors, ihr Team bei jedem Spiel an und motivieren es so – gemeinsam mit den Fans – alles aus sich herauszuholen. Bereits seit 1989 unterstützt der Cheerleading Squad die Footballer lautstark bei jedem ihrer Spiele. Wie der Alltag einer Cheerleaderin aussieht, wie hart sie trainieren müssen und ob sie noch immer mit den typischen Klischees kämpfen müssen, hat uns Lisa Andorfer im Interview erzählt.
Arbeit und Alltag einer CheerleaderinSowohl der Senior Squad als auch die Juniors und die PeeWees werden ja auch oft auch für private Feiern, öffentliche Auftritte oder Faschingsveranstaltungen beauftragt. Wie sehen typische Auftritte außerhalb von Football und Meisterschaften aus und wie unterscheidet sich die Vorbereitung darauf?
Im Grunde sehen die Vorbereitungen immer gleich aus, der Head Coach überlegt sich ein Programm, was im Training dann eingeübt wird. Die Programme werden aufeinander aufgebaut und so kommt man dann später seinem Programm für die Meisterschaft immer näher. Kurz vor der Meisterschaft wird natürlich der Fokus anders gelegt, man konzentriert sich dann nur noch auf das Meisterschafts-Programm.
Nehmen alle eure Mannschaften regelmäßig an Wettbewerben teil?
Es finden jedes Jahr verschiedene Meisterschaften statt, es gibt welche die vom Verband ausgerichtet werden und auch diverse offene Meisterschaften. Wir in Straubing möchten dieses Jahr wieder mit allen Teams auf die Landesmeisterschaft fahren und unser Bestes geben, um uns für die Regionalmeisterschaft zu qualifizieren.
Läuft die Arbeit als Cheerleader unter Freizeitbereich oder wird die Tätigkeit auch vergütet? Wie unterscheidet sich das etwa durch Buchungen für Unternehmensveranstaltungen?
Wir Cheerleader üben den Sport als Hobby aus, allerdings bekommen wir für unsere Auftritte eine Vergütung, die wir dann für verschiedene Sachen nutzen. Zum Beispiel haben wir bisher immer unsere Schleifen selbst produziert und somit konnten wir unseren Mädels diese auch „günstiger“ anbieten.
Die Seniors trainieren zwei Mal pro Woche, einmal ein eineinhalb und einmal zweieinhalb Stunden. Wie genau sieht so eine typische Trainingsvorbereitung aus? Wird hier immer auf die Choreographie hintrainiert oder stehen auch Kraft- und Ausdauertraining auf dem Programm?
Es kommt immer darauf an, ob wir gerade einen Auftritt vorbereiten oder nicht. Wenn wir für einen Auftritt trainieren, dann machen wir Kraft- und Ausdauer nicht zusätzlich. Es kann aber auch mal vorkommen, dass unsere Trainerin eine Conditioning Einheit macht, ehrlich das hat noch keinem von uns geschadet (lacht).
Wir versuchen, im Training immer von allem was zu machen: Stunts, Pyramiden, Tanz und Tumbling (Anm. d. Red.: Turnsportart, die dem Trampolinturnen zugerechnet wird).
Wie sieht der Alltag einer Cheerleaderin aus? Muss auf eine bestimmte Ernährungsweise geachtet werden oder gibt es sogar Verbote?
Mein Alltag ist manchmal ein bisschen chaotisch, ich habe einen kleinen Sohn und ich werde bald wieder das Arbeiten anfangen. Auf die Ernährung achte ich nicht wirklich, meine Familie und ich versuchen, von Haus aus auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, allerdings gibt es auch mal Pizza, Burger und Eis. Ich esse eben auch mal das, worauf ich Lust habe, ich verbiete mir nichts und darf trotzdem die Position Flyer (Anm. d. Red.: Flyer ist die Person in einem Stunt, die in die Luft gehoben oder geworfen wird) ausüben.
„Puschel schwingende Mädels“ – Das Image einer Cheerleaderin
Ist Cheerleading wirklich so, wie es in Highschoolfilmen dargestellt wird? Die Cheerleaderinnen sind die beliebtesten Schülerinnen der Schule und jede davon ist mit einem gutaussehenden Quarterback zusammen?
Ich persönlich empfinde das in Deutschland überhaupt nicht so. Meine Schulzeit ist schon ein paar Jahre her, aber da konnte keiner wirklich was mit Cheerleading oder Football anfangen. Wir üben den Sport in einem Verein aus und nicht wie in Amerika in der Schule.
Wird Cheerleading mittlerweile als anstrengende Sportart ernst genommen oder denken die Menschen dabei immer noch an ein „gutaussehendes Blondchen“, das sich gerne in knappen Outfits präsentiert?
Es gibt zwei Gruppen, die einen sehen den anstrengenden Sport und die anderen immer noch die „Puschel“ schwingenden Mädels. Aber die meisten haben mittlerweile erkannt, dass Cheerleading nicht nur schön aussehen bedeutet, sondern auch Kraft und Ausdauer gefordert ist. Einige Dokumentationen zeigen das auch sehr schön.
Nervosität vor Auftritten und Teamzusammenhalt der Straubing Spiders
Du bist Trainerin der Jugendmannschaft und Cheerleaderin gleichzeitig. Was gefällt dir besonders am Cheerleading und an der Trainer-Position?
Am besten gefallen mir die Vielseitigkeit und der Teamzusammenhalt, man übt nicht immer nur eine Sache und man macht es als Team – nur so kann das Cheerleading funktionieren. Als Coach finde ich es schön, den Jugendlichen den Sport näher zu bringen und sie dabei zu unterstützen.
Worauf freust du dich vor einem Auftritt am meisten?
Am schönsten ist es, unseren Sport zu präsentieren und unsere wunderschöne neue Uniform zu zeigen.
Bist du vor Auftritten immer noch nervös und hast du vielleicht Tipps gegen die Aufregung?
Ich mache den Sport nun seit fast 18 Jahren, bei Auftritten bin ich nicht mehr nervös. Ich stelle mir einfach vor, es wäre ein Training. Vor Meisterschaften sieht das allerdings anders aus, aber ich versuche Ruhe zu bewahren und ein paar Mal durchzuatmen.
Ausblick: Straubing Spiders
Werden aktuell noch Mitglieder in den einzelnen Cheerleading Teams gesucht oder seid ihr im Moment voll besetzt?
Wir sind immer auf der Suche nach neuen Talenten für unseren Sport, aktuell haben wir fünf Teams im Alter von 6 bis 32 Jahren. Bei uns ist jeder herzlich willkommen.
Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um für die Spiders Cheerleaders auftreten zu dürfen?
Es wäre von Vorteil, wenn man schon ein bisschen sportlich ist, das ist aber kein muss. Was nicht ist, kann ja noch werden (lacht).Was sind eure Ziele für die Zukunft?
Unser Ziel für die kommende Saison 2022/23 wird auf alle Fälle sein, dass wir uns für die Regionalmeisterschaft qualifizieren und vielleicht reicht es ja sogar für die Deutsche Pokalmeisterschaft, unsere PeeWees haben es in der vergangenen Saison geschafft. Nichts ist unmöglich.
Marina Triebswetter / RNRed