VW bleibt dem Bully treu. Er war immer ein Liebling der VW-Kultisten, ein Rebell, er steht für Freizeit und Freude am Leben. Wer heute ein Model aus den 50ern sein Eigen nennt, hat damit oftmals ein Fahrzeug mit sechsstelligem Wert in der Garage. Daneben würde sich auf jeden Fall der neue ID.Buzz als vollelektrischer kleiner Bruder gut machen. Zwei Tage nach Markteinführung haben wir Mitte November ein wunderschönes Modell getestet.
Ein Kilometer am Tacho – das VW-Zentrum Regensburg gibt uns die erste Ausfahrt, direkt ab von der Ladesäule. Nummernschilder ran und los geht es. Und ja, die Ostsee ist toll, aber die Sonne scheint im bayerischen Wald. Er passt so schön zum letzten bunten Herbstlaub: Farbenfroh. Originell. Die (optionale) Zweifarblackierung leuchtet in der Sonne. Das Design ist peppig und verspielt und damit doch ein Bruch zu den eher funktionalen T-Modellen um die Jahrtausendwende. Auch innen setzt sich die Zweifarbgestaltung im Leder und dem Interieur fort. Dazu die großen Fensterflächen – man fühlt sich wie in einem Wintergarten, in den die Sonne scheint, während es draußen kalt ist. Wohlfühlzeit!
Ein gelungenes Konzept
In aller Ruhe gleiten wir die Donau entlang und über Wiesenfelden in Richtung Viechtach. Die Sprachsteuerung ist inzwischen wirklich fit und erkennt sofort jedes gesprochene Dorf. „Feyda“ (im Dialekt für Viechtach) wäre sicher zu viel verlangt, aber in der letzten Generation war „Navigation Kelheim“ auch dialektfrei einfach nicht möglich. Vorbei. Auch die Tasten am Lenkrad wurden von Berührungssensoren mit Wischfunktion wieder auf Drucktaster umgestellt – beim Lenken gibt es nun keine ungewollte Änderung der Distancecontrol oder der Lautstärke mehr. Die Software sitzt und es greift alles perfekt ineinander. Segeln Sie gerade ohne Gas rollend auf eine Ortschaft zu, so bremst der ID.Buzz rekuperierend sanft vor dem Ortsschild auf 50 km/h runter, so hält er auch in Gefällen die erlaubte Geschwindigkeit oder verzögert damit vor engen Kurven. Wie gesagt – nur unterstützend und soweit Sie keines der Pedale benutzen. Es fährt sich äußerst bequem damit, ohne dem Fahrer etwas aufzuzwingen. Ein gelungenes Konzept!
Elektropower immer und sofort
Ebenso passt der 150 kW (203 PS) starke Motor mit seinem 77 kWh (nutzbar!) großen Akku dazu. Elektropower: immer, sofort und mit 310 Nm Drehmoment. Es waren viele Lkws im bayerischen Wald – kein Problem, denn er zieht für einen Bus sehr gut durch, beschleunigt – falls erforderlich – in gut zehn Sekunden auf 100 km/h und regelt bei 145 km/h ab. In puncto Endgeschwindigkeit werden wir langfristig umdenken müssen, da der Energiebedarf luftwiderstandsbedingt exponentiell zur Geschwindigkeitserhöhung wächst (doppelt so schnell bedeutet etwa viermal so viel Energiebedarf).
Und so benötigt der immerhin knapp zwei Meter breite und auch ebenso hohe Bus in unserem Test bei 80 km/h um die 14kW/h (Reichweite damit bis zu 550 km), bei 100 km/h knapp 18 kW/h (ca. 420km) und bei 130 km/h schon knapp 28 kW/h, womit man noch knapp 280 Kilometer weit käme. Wer hier noch Verbraucher wie Heizung und Co. möglichst reduziert, schafft mehr, wer den Sitz heizt und auch sonst alles nutzt was im Fahrzeug Strom braucht, kommt merklich weniger weit.
Ein Lob sei hier auch dem Fahrwerk ausgesprochen. Erstaunlich, wie wenig da wankt oder einknickt. Mit dem guten Feedback der Lenkung lassen sich die doch 2,4 Tonnen Leergewicht präzise durch die kurvigen Straßen im Bergland treiben.
Ein Platzwunder ohne Gleichen
Mit einem Ladevolumen von 1.121 Liter und 2.123 Liter umgeklappt passt natürlich auch eine ganze Menge Freizeit rein, maximal 600 Kilo samt Fahrgästen. Die 4,72 Meter Fahrzeuglänge sind innen quasi in vollem Ausmaß nutzbar und ergeben für alle Mitreisenden ein großzügiges Platzangebot. 1.000 Kilo dürfen im Bedarfsfall noch hinterhergezogen werden. Ab ins bald wieder Grüne also – der Frühling naht!
Bulli ID.Buzz fahren kann man ab 64.581 Euro und sich dann mit zusätzlichen Optionen optisch und technisch (mit bis zu 30 Assistenzen) sein Fahrzeug perfekt abstimmen. Kleiner Sidefact – ein Bulli war scheinbar schon immer halb so teuer wie ein sportelnder Porsche. 1950, Bulli versus 356er: 5.580 Mark versus 10.200 Mark. Ein erprobtes Verhältnis zweier Giganten der Autogeschichte.
filter-Magazin/RNRed