Es sieht brutal aus, aber wenn alles nach Plan läuft, verletzt sich niemand ernsthaft dabei: Professionelles Wrestling! Wir geben einen Einblick, wo dieser „etwas andere“ Ringkampf seinen Ursprung hat. Außerdem sprechen wir mit dem Mann, der als erster deutscher Athlet einen Titel in der größten Wrestling-Liga der Welt, der WWE geholt hat: Axel Tischer kämpft am Freitag, den 24. Februar, live im Airport Obertraubling.
Der Begriff „Wrestling“ bedeutet übersetzt so viel wie „Ringen“. Zwei nackte Männer, die vor begeisterten Zuschauern eng umschlungen gegeneinander kämpfen – solche Bilder sind schon auf 15.000 Jahre alten Höhlenmalereien zu sehen. Doch aus der einst olympischen Sportart, dem Freistil-Ringen, hat sich im 19. Jahrhundert eine neue Variante entwickelt: das „Catch-Wrestling“. Die unterhaltsamen Kämpfe fanden damals meist auf Jahrmärkten statt, hatten aber kein Zeitlimit und dauerten oft über fünf Stunden – für potentielle Zuschauer zu lang. Deshalb gingen die „Catcher“ dazu über, Teile des Kampfes vorab wie in einem Drehbuch zu notieren, um mehr Publikum anzulocken.
Wrestling-Stars verkörpern bestimmte Rollenbilder
Heute ist professionelles Wrestling eine der beliebtesten Formen der Sportunterhaltung und besonders in den USA, Japan und Mexiko sehr verbreitet. Jeder Wrestler hat einen eigenen Charakter und spielt seine Rolle. Der Sieger und auch die Abläufe stehen - abgesehen von kleinen Improvisationen – von Beginn an fest. Das Ziel der Athleten: die beste sportliche Leistung und Performance des Abends abzuliefern und möglichst glaubwürdig einen Kampf darzustellen.
Man könne es sich vorstellen wie ein Theaterstück, bei dem sich die Handlung um einen sportlichen Wettkampf dreht, erklärt Tassilo Jung. Er ist seit 25 Jahren Ringrichter und aktuell sogenannter COO (Chief Operations Officer) von wXw, dem größten Wrestling-Veranstalter in Deutschland. „Jeder Veranstalter betreibt quasi seine eigene Wrestlingliga. Es gibt davon unzählig viele. Deutschland hat sicherlich 30 Stück, Japan über 100. Manche machen nur ein Event im Jahr vor 50 Zuschauern. Wir als wXw sind der größte solcher Veranstalter in Deutschland mit 60 - 80 Events im Jahr“, so Jung.
© Sophia Ferguson, Westside Xtreme Wrestling
Ist der Wrestling-Hype der 90er in Deutschland vorbei?
Wrestling sei in Deutschland nicht mehr so Mainstream wie Mitte der 90er, sagt der COO. „Wrestling ist sicherlich unter dem Radar vieler, aber es ist auch keine ganz winzige Szene mehr“, so Jung. Die meisten Athleten bei uns in Deutschland arbeiten als Freiberufler und können entscheiden, für welchen Veranstalter sie antreten. Bei wXw haben sie die Chance, auch gegen internationale Gegner anzutreten und vor einem größeren Publikum zu kämpfen. „Ein klares Abgrenzungsmerkmal zu dem Wrestling aus dem TV ist für uns die Nähe. Wir haben bewusst nirgendwo Absperrungen und unsere Fans treffen die Wrestler in der Pause und nach dem Event am Merch - egal ob vor 200 oder 1500 Zuschauern“, so COO Tassilo Jung. Der deutsche Wrestling-Veranstalter hat auch in Regensburg einen solchen Wettkampf der Superlative angesetzt. Am 24. Februar steigt der deutsche TOP-Star Axel Tischer im Airport in Neutraubling in den Ring. Wir haben vorab im Interview mit ihm gesprochen.
STECKBRIEF
Ringname: Axeman (WWE: Alexander Wolfe)
Wohnort: Dresden
Alter: 37 Jahre
Größe: 187 cm
Gewicht: 95 kg
Merkmale: Verbissenheit
Stärken: Durchhaltevermögen
Schwächen: Impulsivität
© Sophia Ferguson, Westside Xtreme Wrestling
INTERVIEW
Wann hat die Begeisterung für Wrestling angefangen? Wer waren deine Idole?Ich kann mich daran erinnern, dass mich als junger Mensch Comics sehr fasziniert haben, und Wrestling war für mich der lebendig gewordene Comic. Hulk Hogan, Bret Hart, The Undertaker – das waren meine Helden in der Kindheit. Mit 13 hatte ich dann die Gelegenheit, selbst mal bei einem Wrestling-Training mitzumachen und dann war es quasi um mich geschehen.
Heute hast du einige deiner Vorbilder schon getroffen. Welche Begegnung ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
In Erinnerung geblieben ist mir die Begegnung mit einem meiner größten Vorbilder - „Stone Cold“ Steve Austin! Ich hatte die Gelegenheit, mich persönlich mit ihm zu unterhalten, das war für mich ein sehr besonderer Moment. Er ist menschlich gesehen ein super Typ und total respektvoll, egal ob du ein alter Kollege, Fan oder Neuling bist.
Du warst zwischen 2015 und 2021 bei WWE unter Vertrag und hast dort als erster deutscher Wrestler einen Titel „gewonnen“. Wie kam es zu diesem Sieg?
Ich habe das Ding nicht alleine gewonnen, sondern quasi mein komplettes Team, mit dem ich dort war. Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir hatten im Vorfeld mit unserer Leistung überzeugt, die Leute standen immer mehr hinter uns, sodass am Ende entschieden wurde, dass wir die damaligen Champions quasi entthronen und zum ersten Mal besiegen werden.
Ist Wrestling ein Sport oder nur Show? Was ist deine Meinung dazu?
Jeder der sagt, das Wrestling nur Show ist, der stand noch nie selbst im Ring. Und dem kann ich nur empfehlen, mal zum Training zu kommen. Wenn man es schafft, das Warm-Up mitzumachen und vielleicht auch das erste Mal fällt, dann wird man erkennen, dass man mit der Aussage falsch liegt. Man muss trainieren, stabil sein, athletisch sein. Klar gibt es ein Drehbuch, aber man muss genauso körperliche Leistungen zeigen, wie beim Fußball oder Handball auch.
Wie viele Stunden pro Woche verbringst man zusätzlich im Fitnessstudio?
Es kommt drauf an was man möchte. Ich persönlich trete in sog. Trunks an - zu Ddeutsch: in Unterhose - und da möchte ich natürlich auch eine gewisse körperliche Ästhetik darstellen. Ich gehe mindestens drei Mal pro Woche ins Fitnessstudio. Für mich gehört das dazu, nach einem Kampfsportler auszusehen und dadurch vielleicht auch mehr ernst genommen zu werden.
Trotz aller Absprachen und guter Vorbereitung, man kann sich auch ziemlich verletzen oder?
Ich bin da zum Glück recht gesegnet mit meiner körperlichen Gesundheit. Das Schlimmste ist letztes Jahr passiert, da habe ich mir das rechte Schlüsselbein gebrochen. Ich bin im Kampf auf meiner Schulter gelandet und hab sofort gemerkt, dass was nicht stimmt. Die Ärzte haben zwar gemeint, 3-6 Monate soll ich pausieren, aber ich war nach gut zwei Monaten wieder „ready to go“.
Kann man lernen, sich „richtig“ auf den Boden fallen zu lassen, um sich eben nicht zu verletzen?
Ja, das ist Teil des Trainings. Wenn man zum Beispiel beim Fallen nicht weiß, wie man richtig ausatmet, dann kann es sein, dass man seine Lunge schädigt. Oder man hat keinen trainierten Nacken und schlägt mit dem Hinterkopf auf der Ringmatte auf, da kannst du dich auch böse verletzen von der Gehirnerschütterung bis zur Kopfverletzung. Du lernst im Endeffekt, auf welche Körperpartien du fallen kannst, um den Schmerz so gering wie möglich zu halten.
© Sophia Ferguson, Westside Xtreme Wrestling
Der ganz große Wrestling-Ruhm hat auch seine Schattenseiten. Viele Superstars der 90er haben gedoped. Bist du damit schonmal in Berührung gekommen?
In den USA gab es ständig Drogentests, man musste oft Urin-Proben abgeben. Die Leute, die da erwischt wurden, wurden hart bestraft. Wenn man im Aufbauteam zweimal erwischt wurde, gab es die fristlose Kündigung. Da gab es keine Toleranz und fette Geldstrafen. Meine Meinung ist: wenn das jemand nehmen möchte, ist das jedem seine Sache, ich persönlich habe nie in irgendeiner Art und Weise was in der Richtung gemacht und halte mich davon auch fern.
Welche Opfer bringt man für den Traum vom Wrestling? Hast du Frau und Kinder? Wie oft siehst du sie?
Klar, es geht viel Freizeit drauf, auch gerade jetzt, wo wir miteinander sprechen. Ich bin auch fast jedes Wochenende unterwegs, das gehört einfach mit dazu und meine Familie hält mir da zum Glück den Rücken frei. In Amerika war es so, dass meine damalige Freundin – jetzt Frau – mit umgezogen ist und mich unterstützt hat, mir meinen Traum zu erfüllen. Mein Sohn ist in Amerika geboren. Er ist jetzt gerade fünf Jahre alt geworden und war auch schon bei einer Wrestling-Show mit dabei, um Papa mal in Action zu sehen. Er versteht das und sagt, dass er auch mal Wrestler werden möchte, was natürlich zuckersüß ist.
Im Mai 2023 hast du in deiner Heimatstadt Dresden eine Wrestling-Schule eröffnet. Ist die Nachwuchs-Förderung deine Zukunft? Wie lange möchtest du aktiv bleiben?
Das ist natürlich der Plan, dass wenn ich den Beruf mal nicht mehr ausüben kann, dass ich dann von der Tätigkeit an der Schule leben kann. Ich bin jetzt 37 und fühl mich wie 25, also ich bin echt fit wie ein kaputter Turnschuh (lacht), aber ich möchte natürlich auch in der Zukunft gesund und munter mit meinen Kindern spielen ohne die typischen Gebrechen, die der Sport mit sich bringt. Dann ist es halt irgendwann an der Zeit, dass man sagt, es reicht. Am Samstag steigt Axel Tischer bei uns in der Eventall Airport in Obertraubling gegen Elijah Blum, einem jungen aufstrebenden Talent der Szene, in den Ring. Die Beiden standen sich schon einmal in einem Teamkampf gegenüber. Axel wollte uns natürlich nicht verraten, wer am Ende als Sieger aus diesem Kampf hervorgeht. Er ist sich allerdings ziemlich sicher: „Am Ende hau ich ihm einfach so vor den Latz, dass ich gewinnen werde!“
Alle Infos unter www.eventhallairport.de
Alex Tischer / Tassilo Jung / RNRed