Volvos kleinstes SUV ist jüngst auf den Markt gekommen. Klein, aber fein. Und ganz besonders fein für Freunde der elektrischen Fahrkultur, die dazu gerne ein durchaus nachhaltiges Materialkonzept genießen möchten. Ob brav motorisiert oder mit Power bis zum Abwinken, entscheiden Sie natürlich selbst – uns hat es diesmal zu Letzterem hingezogen.
Der Frühling lässt leider noch etwas auf sich warten und draußen ist es wechselhaft und noch kalt Mitte Februar. Ein Vorteil des „Kleinen“, denn jeder fehlende Kubikmeter Raum im Fahrzeug hat einerseits den mentalen Effekt, ein kuscheliges Raumgefühl zu bieten und andererseits muss tatsächlich weniger Heizleistung erbracht werden als zum Beispiel in einem größeren Auto oder gar Bus. Das sorgt wiederum für mehr Reichweite, wenn es kalt ist. Je weniger Außenfläche, desto weniger wird auch zum Halten der Innentemperatur gebraucht, da weniger abgestrahlt werden kann.
Dezent, elegant, Volvo
4,23 Meter lang, 1,83 Meter breit (plus Spiegel) – als Anhaltspunkt kann man hier einen T-Roc nehmen – dazu eine schnittig abfallende Dachlinie, die in einem Steilheck endet. Das Ganze mit den bestens gelungenen und flächig integrierten Heckleuchten und den hammerförmigen Scheinwerfern vorne – knackig. Dazu passen auch die oberhalb der Kotflügel radial eingezogenen Vertiefungen, welche optisch die Radkästen breiter aussehen lassen. Aber ganz klar bleibt alles dezent, elegant und damit der Linie Volvos treu: solides Understatement. Dazu passt auch der Lack: Weiß mit einem minimal blauen Einschlag – wie Wasser um einen Eisberg.
Innenraum mit verschiedenen Themenwelten und Infotainment deluxe
Innen erlebt der Fahrer ein neues Design, das sehr gut zum äußeren Stil passt – funktional, straight und schwedisch aufgeräumt. Trotz der kompakten Fahrgastzelle entsteht ein angenehm luftiges Raumgefühl – auch das Panoramadach trägt hier deutlich bei. Hinten ist der Raum etwas knapper bemessen – mit gut 1,80 bleiben die Knie aber trotzdem frei. Volvo verwendet recycelt beim Stahl 17 % und 25 % beim Aluminium. Im Innenraum hat der Käufer die Wahl verschiedener Themenwelten und kann auch hier einen umweltorientierten Beitrag leisten. Bezugsstoffe für Sitze und Teppiche bestehen dabei gerne aus recyceltem Polyester, Dekorstoffe aus recycelten Jeans, die Konsolen aus recycelten Rollläden und andere Flächen sind zum Teil aus finnischem oder schwedischem Kiefernöl. Alles inklusive dem lederfreien, aber handbezogenen und genähten Sportlenkrad wirkt wertig und durchgestylt. Mal was Neues: Das Handschuhfach ist zentral mittig angeordnet – gefällt. Als Fahrer entfällt somit lästiges Abschnallen (am besten unter dem Fahren), um etwas aus dem Handschuhfach herauszukramen. Ebenfalls hat Volvo in seinem Kleinen die Soundarchitektur verändert. Die Boxen sind nicht mehr in den Türen, sondern in einer Soundbar direkt unter der Frontscheibe. Das hat diverse Vorteile von Verkabelung über Masse, die rumschlägt. Der Sound ist dabei 1a!
Auch zum Infotainment bleibt lediglich zu sagen: alles da! Mittig thront der große, zentrale Bildschirm – bis auf die Fensterheber wird hier alles gesteuert und auch die Fahrdaten wie Geschwindigkeit und Verbrauch werden hier angezeigt. Hat man sich einmal mit der mehrstufigen Menüstruktur befasst, finden sich alle Funktionen schnell. Wichtige, oft zu verwendende Funktionen wie die Klimatisierung und die Menüs sind dauerhaft zum Antippen am Bildschirmrand ersichtlich und der Google Assistent funktioniert für alle Kommandos tadellos.
Von Null auf 100 km/h in 3,6 Sekunden
ACHTUNG FÜHRERSCHEIN! Nun aber zu den ganz inneren Werten. 3,6 Sekunden auf 100 km/h. Holla die Waldfee! Was will man da noch sagen? Wir lassen uns kurz auf der Zunge zergehen: Ein Porsche Taycan GTS (Modell 2022) benötigt 3,7 Sekunden. Bis zur ersten Kurve wird das also zu einer äußerst schmerzverzerrten Gesichtsmimik im Nachbarauto führen. Die überbordende Power in dem kompakten Fahrzeug führt zu Motorradfeeling: Kraft und Speed, die den Fahrer zwingen, aufzupassen. Ortsschild aus, Vollstrom und der Kopf ruckt an die Stütze! 100 km/h? Fliegen nach wenigen Metern durch. Dabei geht das Heck runter und die Nase hoch, denn das Fahrwerk ist alltagstauglich und komfortabel ausgelegt, federt also, schluckt dafür Löcher und kann auch im urbanen Gelände Komfort bieten. Tritt man hinter einem Lkw das Pedal ruckartig durch, muss man konzentriert sein und das Lenkrad für Korrekturen benutzen – die Power zieht. Das macht es dafür zu einem endlich wieder aktiven Fahren – wenn maximale Kraft abgerufen wird. Im Normalmodus hingegen ist alles souverän und ruhig. Bringt der Dompteur den Volvo dann doch mal an die Grenze des Grips, regelt die Traktionskontrolle nach.
Ja, so ist das mit den Stromern eben: satte Motoren, massive Steuerelektronik mit viel Saft aus dem Akku und es geht vorwärts, bis der Arzt kommt. Man darf gespannt sein, wann die ersten Nutzer in Beschleunigungsohnmacht fallen oder die ersten Pedalverwechsler dann am Parkplatz mal den Supermarkt komplett durchschlagen. Gut, dass Volvos radargestützte Sicherheitsassistenten bei drohenden Kollisionen auf die Bremse treten. In diesem Haus arbeiten jedenfalls zwei Motoren, die notwendigerweise alle vier Räder antreiben. Massive 428 PS kommen dabei maximal heraus und es liegen maximal satte 543 NM an. Diese müssen etwas über 1.900 kg bewegen, weshalb auch hier die üppigen 19-Zöller mit den 235ern für guten Grip sorgen müssen.
Volvo regelt bei 180 km/h ab – geschenkt – Highspeed ist nicht die Domäne eines Stromers. Wer jedoch normal oder etwas achtsamer fährt, kommt im Mix damit bis zu 450 km weit, wer sich langsam bewegt (Stadt, Landstraße) und nicht dauernd gegen hohen Fahrtwind bolzt, sogar bis knapp zu 600 km. Unser Test bestätigt dies. Bei 100km/h verbrauchen wir ca. 17 kW/h, bei 130 km/h schon derer 23 und bei 50 km/h nur 11 für 100 km. Der Akku lässt maximal 69 kW/h entnehmen.
Liste der möglichen Fahrassistenten ist lang
Die Liste an je nach Ausstattungslinie serienmäßig verbauten oder optionalen Fahrassistenten ist übrigens ewig lang. Schön ist zudem eine erstmalig eingesetzte Umfeldüberwachung, die beim Türöffnen Alarm schlägt, wenn Fahrzeuge oder Radfahrer von hinten kommen. Wer was ziehen möchte, darf bis zu 1.600 kg anhängen. Ein Frunk frisst Kleinteiliges wie Warndreieck und Sonstiges, was ein Mann gerne mitführt, also Axt und Klappspaten. Hinten passen regulär 318 Liter rein, umgeklappt 904 Liter und unter dem Boden gibt es 61 Liter versteckten Stauraum für noch mehr Äxte. Frauen verwenden die vielen Stauräume und Boxen im Innenraum natürlich sinnvoller. Es passt viel rein in den Stromer!
Deutsche Autohersteller beneiden den Startpreis des EX30: dieser beginnt mit der Ausstattungslinie „Core“ bei 36.590 Euro – damit geht es übrigens in sportlichen 5,7 Sekunden auf 100 km/h samt Akku für 344 km Reichweite. Für den größeren Akku (476 km) kommen 5.200 Euro dazu. Wer die maximale Power mit der Twin Motor Performance erleben möchte, startet bei 48.490 Euro – bereits inklusive der höheren Ausstattungslinie „Plus“ und dem großen Akku!
Auto: Svenscar Regensburg
Pilot: Nick Lengfellner
filterVERLAG | Nick Lengfellner