2024 hat sich mit Leander Bönniger ein Regensburger den Weltmeistertitel im Kickboxen K1 geholt. Im Interview erzählt er, warum sein Tag um 5:15 Uhr beginnt, wie sein Training aussieht und wie er seine Ernährung kurz vor einem Wettkampf anpasst. Er verrät auch, wie sein Bruder ihn vom Eishockey zum Kickboxen brachte und wie sich Privatleben, Sport und Arbeit vereinbaren lassen.
Wie sieht eigentlich der typische Trainingstag eines Weltmeisters aus? Leander Bönniger hat erst im April den Weltmeistertitel der WKU im Kickboxen K1 gewonnen. Im Interview gewährt er uns einen Blick hinter die Kulissen.
Am 20. April hast du in der „Night of the Predators“ in Auerbach den Weltmeistertitel der WKU im Kickboxen K1 gewonnen, herzlichen Glückwunsch! Wie hast du dich direkt nach dem gewonnenen Kampf gefühlt?
Vielen Dank! Es war einfach ein unbeschreiblich schönes Gefühl, dass ich mit meinen „jungen“ 36 Jahren (lacht) nochmals Weltmeister geworden bin. Eigentlich kann man das gar nicht wirklich in Worte fassen, was einem in diesem Moment durch den Kopf geht.
„Weil ich klein und dick war und nie spielen durfte, war ich immer nur der Bankwärmer“
Was hat dich ursprünglich zum Kickboxen gebracht und was motiviert dich, weiterhin auf höchstem Niveau zu kämpfen?
Zuvor hab‘ ich fünf Jahre in Regensburg Eishockey gespielt und weil ich klein und dick war und nie spielen durfte, war ich immer nur der Bankwärmer. Irgendwann wurde mir das dann einfach zu blöd. Mein Bruder hat mitbekommen, dass es mir das dort keinen Spaß mehr macht und hat gesagt, dass ich mit ihm ins Thaiboxen kommen soll. Dort hab‘ ich festgestellt, dass das voll mein Ding ist. Heute ist mein größte Motivation, dass einige unserer Nachwuchskämpfer mich als Vorbild sehen. Die will ich natürlich nicht enttäuschen und ihnen zeigen, dass man mit Ehrgeiz und Disziplin in unserem Sport alles erreichen kann.
Hast du selbst Vorbilder oder Mentoren, die dich besonders inspirieren?
Damals hatten wir einen sehr guten Kämpfer bei uns im Galaxy Gym. Der war für mich eigentlich schon so etwas wie ein Vorbild. Ansonsten habe ich sowas eigentlich nicht.
Kannst du von deinem herausforderndsten Kampf erzählen und wie du diesen gemeistert hast?
Mein schwierigster Kampf war gegen den Chinesen Yi Long „the Monk“ im April 2015 bei einer Veranstaltung in Hamburg. Die Herausforderung für mich war sein untypischer Kampfstil, da er vom Kung Fu kam. Er hatte irgendwie keine Deckung und hat auch einige Schläge gefressen (so sagt man das bei uns), aber er war einfach nicht zu Boden zu bringen. Als ich einen seiner Kicks gegen den Oberschenkel bekommen hab‘, dachte ich, mich hat eine Stahlstange getreten. Der Kampfstil war einfach unglaublich extrem. Natürlich hat man vor jedem Kampf einen sogenannten Gameplan und den hab‘ ich dann einfach eiskalt durchgezogen. Ich hab‘ zwar nur knapp gewonnen, aber Sieg ist nunmal Sieg.
© FISNIK HAZIRI
Mentale Vorbereitung und mentale Stärke: „Selbstzweifel sind absolut fehl am Platz“
Wie gehst du mit Niederlagen um?
Ich hasse Niederlagen. Natürlich gehört das dazu, aber ein Sieg ist immer schöner.
Welche Rolle spielen die mentale Vorbereitung und mentale Stärke im Training und den Wettkämpfen? Wie kann man diese trainieren?
Mentale Stärke spielt bei uns eine sehr große Rolle. Wenn man nicht davon überzeugt ist, den Kampf zu gewinnen, dann braucht man auch gar nicht erst in den Ring steigen. Selbstzweifel sind absolut fehl am Platz!!! Während der Vorbereitung muss man auch im Training immer 150 Prozent geben. Mentale Stärke trainiert man am besten dadurch, dass man sich immer und immer wieder den Ablauf seines Kampfes im Kopf durchspielt und sich vorstellt, wie es sich anfühlt, wenn der Ringrichter deine Hand nach oben hält und damit deinen Sieg verkündet.
Wettkampf-Vorbereitung und Training
Wie sieht ein typischer Trainingstag aus? Welche speziellen Techniken oder Übungen nutzt du, um dich vorzubereiten?
Mein typischer Trainingstag sieht so aus, dass ich um 05:15 Uhr morgens aufstehe, dann jeden zweiten Tag meine acht Kilometer laufen gehe und da versuche ich schon jedes Mal, meine Zeit zu überbieten. Dann geh‘ ich bis 17:15 Uhr in die Arbeit. Danach fahr‘ ich ins Training und mache nach jedem Training zusätzlich noch zwölf Runden am Sandsack. Spezielle Techniken und Übungen sind immer von meinem jeweiligen Gegner abhängig. Dafür habe ich ein super Trainerteam, das mich speziell darauf einstellt beziehungsweise vorbereitet – danke an Cai und Reiner. Am Wochenende wird auch trainiert. Da mache ich aber meistens Sparring mit den Kämpfern aus anderen Gyms.
Wie unterscheidet sich dein Training in den unterschiedlichen Vorbereitungsphasen?
Die Vorbereitungsphase beginnt drei Monate vor dem Kampf und wird von Woche zu Woche intensiver und härter.
Ist Kraftsport Bestandteil des Trainings?
Natürlich ist der Kraftsport ein wichtiger Bestandteil meiner Vorbereitung. Dreimal in der Woche sollte man das schon machen. Kondition ist zwar das Wichtigste, aber eine ordentliche Schlagkraft benötigt jeder.
Leander bedankt sich bei Dominik und VOLVO Regensburg für das Sponsern des Volvo V60, der ihn immer sicher an das Ziel für die Wettkämpfe bringt. © Galaxy Gym Regensburg
„Kaffee und einen Riegel aus Kohlenhydraten bis das Weigh-In vorbei ist“
Wie sieht die Ernährung in den Vorbereitungs- und Wettkampfphasen aus? Hast du einen Ernährungsberater?
Früher hatte ich zwar jemanden, der mir ein bisschen dabei geholfen hat, aber durch meine jahrelange Erfahrung weiß ich selbst am besten, wie ich mich am gesündesten ernähre, um das passende Gewicht am Tag der Waage zu haben. Natürlich dürfen auch bei uns die passenden Supplements nicht fehlen und hier bekomme ich Unterstützung von Power und Fitness in Regensburg. Wichtige Supplements sind für mich in erster Linie natürlich Eiweiß (Whey), dann benötigt der Körper genügend Vitamine, da er diese bei einem intensiven Training herausschwitzt und auffüllen muss. Hierzu eigenen sich meiner Meinung nach am besten Micro Nutrients (enthalten alle wichtigen Vitamine und Mineralien), Zink, Eisen und Magnesium. Zum Laden nach der Waage esse ich immer einen Oat Bar.
Was machst du in der letzten Woche vor dem Wettkampf hinsichtlich deines Gewichts? Wie ergänzt du den Ernährungsteil? Inwiefern ist das abhängig davon, ob ihr euch am Tag zuvor oder am Tag des Wettkampfs einwiegt?
Ich habe immer das gleiche Ritual, das geht in der Kampfwoche bis zum Mittwoch. Je nachdem, wie mein Gewicht am Donnerstag aussieht, esse ich noch ein paar Kohlenhydrate zum Aufladen und gehe abends zum Entspannen in die Sauna. Am Freitagmorgen gibt es nur noch einen Kaffee und einen Riegel aus Kohlenhydraten bis das Weigh-In vorbei ist (was meistens erst abends ist).
Die Waage ist dann immer abends einen Tag vor dem Kampf (freitags) und danach kann endlich wieder getrunken und gegessen werden (lacht), damit der Körper wieder laden kann.
Direkt nach der Waage ist es in erster Linie wichtig, flüssige Kohlenhydrate und Elektrolyte zu sich zu nehmen, danach portionierte kleinere Portionen von circa 400 Gramm (Reis oder Nudeln) mit Tomatensoße – zeitversetzt immer 30 bis 45 Minuten zwei bis drei Portionen. Die haben am meisten Kohlenhydrat. Fett und Eiweiß sollte man vermeiden, weil schwer zu verdauen sind.
Am Wettkampftag (Samstag) Frühstücke ich normal, aber keine fettigen und zuckerhaltige Lebensmittel, sondern wieder nur Kohlenhydrate. Je nachdem, wie viel Hunger ich mittags noch habe, esse ich noch einen kleinen Snack und zuletzt werde ich drei bis vier Stunden vor dem Kampf nur noch einen Kohlenhydrate-Riegel essen.
© FISNIK HAZIRI
„Diese Frage solltest du lieber meiner Frau stellen“
Kickboxen machst du neben deinem Beruf. Wie viel deines Privatlebens geht in der Wettkampfphase, aber auch in der Vorbereitung drauf? Wie viel Zeit für das Privatleben bleibt da noch?
Diese Frage solltest du lieber meiner Frau stellen (lacht).
Wie bringst du Privatleben, Beruf und Sport unter einen Hut?
Das funktioniert nur, wenn man jemanden hat, der zu 100 Prozent hinter einem steht. Egal, ob es mein Arbeitgeber oder meine Frau ist.
Welche Ziele hast du für die Zukunft?
Ein Ziel ist es auf jeden Fall noch, meine 100 Kämpfe voll zu machen – sonst gibt es Ärger mit meiner Frau. Vorher darf ich nicht aufhören (lacht). Natürlich möchte ich auch meinen WM-Titel verteidigen.
Wir bedanken uns bei dir für das spannende und offene Interview und wünschen Dir, dass du auch den nächsten WM-Titel nach Hause nach Regensburg holst!
Ein Interview von Marina Triebswetter | filterVERLAG