Hier kommt Cupras neuer Wurf: der Tavascan. Das eigenständige Compact-SUV mit der Plattform-Technik des ID.4/5 (VW) oder des Audi Q4 e-tron lehnt seinen Namen übrigens an das in den Pyrenäen gelegene Dorf Tavascán an. Und das passt: Schöne Kurven, Power – dieses Auto lädt zur Fahrt in die Berge ein.
Schöne Kurven? Ja, gerade von der Seite sieht man wie stimmig alle Designelemente ineinandergreifen und damit den wohl sportlichsten Look in diesem Segment schaffen. Gerade auch die großzügig dimensionierten Felgen und Reifen (hier 21 Zoll) tragen hierzu deutlich bei. So wenig Kotflügel über dem Vorderrad sieht man sonst nur bei flachen Sportlern.
Cupra bietet zwei Antriebe an. In den Ausstattungslinien Edge und Endurance gibt es heckgetriebene 210 kW (286 PS – magische PS-Zahl der frühen M3) und einer Reichweite laut Werk (WLTP-Zyklus) von 568 km. Im mit allen vier Rädern angetriebenen VZ regieren 250 kW (340 PS). Damit geht es dann 521 km gemäß Testzyklus weit, schließlich brauchen mehr Motoren eben immer etwas mehr Strom, alleine schon, wenn gerollt und damit der Motor gedreht werden muss. Beide Modelle nutzen dabei den gleichen Akku mit effektiv nutzbaren 77 kWh (82 kWh brutto). Aufgeladen werden kann mit maximal 135 kW/h – in einer Dreiviertelstunde ist er damit von ganz leer auf ganz voll, von 10 % auf 80 % geht es in unter einer halben Stunde.
Der Cupra Tavascan – freuen Sie sich auf spacige Nachtfahrten
Neben schönen Rundungen, Lüftungsschlitzen und kontrastierenden Blenden fällt außen besonders das Design der LED-Scheinwerfer und LED-Rücklichter samt beleuchtetem Logo auf – im Dunkeln ein besonders peppiger und einprägsamer Anblick. Und wo außen schon ein „Aha“ entfleucht, legt Cupra beim Interieurdesign noch eine kräftige Schippe nach. Übrigens wird auch hier der Insasse im Dunkeln eine ganz eigene Stimmungswelt entdecken können – freuen Sie sich also auf spacige Nachtfahrten. Bei Tag erahnt und erfreut man sich jedenfalls an einem einzigartig skulpturellen Konzept, diesem wunderbaren Bogen, der sich vom Dashboard wie ein Steuerstand im Raumschiff Enterprise in die Mittelkonsole ergibt und links und rechts in den Türen samt deren künstlerischen Auflagen und Lüftungseinheiten beginnt. Es lebt!
Absolut eigen, absolut gelungen – das letzte Interieur das mich beeindruckt hat, war im i8 von BMW – 2014. Bei Cupra wurde der deutsche Stift beim Design im Schrank versteckt und den Gedanken freien Lauf gelassen. Wertig, mit absoluter Liebe zum Detail.
Alles an Board
Zu den Ausstattungslinien: Der Edge hat wirklich alles an Bord, was man sich für Alltag und Reisen wünscht. Wer mehr möchte, wählt Endurance oder VZ (welcher sich nur im Antrieb unterscheidet). Hier erhält man dazu ein großes Zusatzpaket an Technik und Ausstattung wie ein Sportlenkrad, getönte Heckscheiben, 3- anstatt 1-Zonenklima, Navi anstatt Carplay, elektrische Heckklappe oder den Trained Parkassistent, der das Auto auch alleine aus der engen Garage fährt. Ebenfalls kann hier der Sitzbezug von Textil über Microfaser zu Leder optioniert werden. Bei allen drei Modellen kann ein Winterpaket samt Wärmepumpe erworben werden, wichtig in unserem Breitengrad. Der Südspanier spart sich das.
Nachdem wir das Autohaus Bierschneider mit unserem Testfahrzeug verlassen haben, geht es gleich auf die Autobahn zum Verbrauchstest. Ein letzter Sommertag ruft. Unser Endurance vergnügt sich auf ebener Strecke bei 100 km/h mit 14,2 kWh für 100 km (damit kämen wir ca. 540 km weit) und bei 130 km/h mit 22 kWh auf 100 km (reicht dann für ca. 450 km)*.
In 6,8 Sekunden beschleunigt unser Endurance seine 2.178 kg auf 100 km/h. Der VZ wiegt etwas mehr, schafft die 100 km/h aber in 5,8 Sekunden (Gewicht 2.273 kg). Alle Modelle regeln bei 180 km/h ab. Mit 4.64 Metern ist der Tavascan üppig groß und schluckt entsprechend auch 540 Liter, umgeklappt 1500 Liter an Gepäck. Das bei uns verbaute adaptive Fahrwerk kaschiert das Gewicht sehr gut. Die Einstellbarkeit ist dabei so fein wie bei der Schwester Audi und deren RS Modellen: 15 Stufen lassen dem Dompteur die Wahl, ob es eher sanft oder knackig zugehen soll. Und überhaupt ist das Fahren mit dem Tavascan ein Genuß: Die in allen Modellen verbauten Sportsitze bieten guten Halt und jede Menge Sitzkomfort, Windgeräusche spart er sich fast gänzlich, man hört also nur die Reifen leise arbeiten. Die Lenkung gibt gutes Feedback und die Gewichtsverteilung hält den Schwerpunkt trotz SUV-Design relativ weit unten, was den Fahrspaß erhöht. Wird es dann dunkel, erscheinen die Sterne nicht nur am Nachthimmel, sondern auch in den Türverkleidungen und die Ambientebeleuchtung erweckt das Interieur zum Tanz in die Nacht. Mit der Elektromobilität fällt für die Autohersteller der größte Differenzierungsaspekt weg: der Motor samt seinem kommunizierbaren Charakter und seiner anspruchsvollen Ingenieurskunst. Cupra zeigt auch im Elektrosegment einen Weg, sich weiterhin abzuheben. Buen trabajo!
Wer einen sehr gut ausgestatteten Tavascan sein Eigen nennen mag, startet bei 53.240 Euro. Der stärkere Allrad kostet 60.780 Euro.
*Tests bei uns immer auf ebener Strecke, ohne Klimaanlage, Heizung, Musik, egal ob Verbrenner oder Stromer
Auto: Autohaus Bierschneider
Pilot: Nick Lengfellner
Nick Lengfellner | filterMAGAZIN