Noch ein Porsche-Fahrbericht? Ja! Eigentlich hätte von anderer Seite noch ein Oldie-Rennsportler kommen sollen, aber das schiebt sich nun doch bis zur nächsten Ausgabe. Es stellte sich also die Frage: was nun? Es gab dann einige sinnvolle Vorschläge unserer geschätzten Partner, aber wir dachten dann: lasst uns doch einen lieber etwas günstigeren Gebrauchten nehmen. Wer also gut 299.000 Euro ausgeben mag, bekommt diesen speziellen RS bei S&L in Pentling. Wer nochmal 160.000 Euro drauflegen möchte, wird auch mit einem „angenutzten“ aktuellen 992er RS Modell im Porsche Zentrum bedient, es weihnachtet ja bekanntlich bald.
Aber wozu noch stupide Preise wälzen, wenn man preisend wälzen kann? Begeben wir uns deshalb lieber auf die Knie und robben also lobpreisend einmal um das Auto und rezitieren dabei dessen Geschichte. 1999 wurde der erste GT3 gebaut. 360 PS, 3,6 Liter und natürlich ein Sauger wie bislang alle Nachfolger. 2003 kam das Facelift und auch der erste RS, der sich eben durch nochmals mehr Leichtbau auszeichnete – beide mit 381 PS. 2006 kam der 997 GT3/RS mit 415 PS, das Facelift mit dann 3.8 Liter Hubraum und 435 PS, im RS sogar 450. Toll war hier auch die 2011er Sonderserie RS 4.0 mit einem 4 Liter Triebwerk und 500 PS, die wir auch damals bei S & L fahren durften. 2013 kam die bislang leichteste Serie des GT3 im 991 heraus – mit 475 PS bei 3.8 Litern Hubraum. Im 991.2 wurden es dann im RS 520 PS bei 4 Litern Hubraum. Der Nachfolger, der 992 GT3 RS hat dann 525 PS.
Der Porsche 911 991.2 GT3 RS: mit Weissach- oder Manthey-Paket?
Wir stehen wieder und betrachten den „Porsche 911 991.2 GT3 RS Manthey Racing samt Weissach-Paket“. Das Weissach-Paket alleine optimiert das Fahrzeug schon für den Rennstreckeneinsatz und pflegt teuren Leichtbau. Zum Beispiel werden Dach und Fronthaube sowie verschiedene andere Fahrwerksteile aus Carbon gefertigt. Das Manthey-Paket für über 60.000 Euro schärft dann nochmal nach: vom drei- bis vierfach einstellbaren Fahrwerk über Stahlflexleitungen, anderen Bremsbelägen hin zum Aerodynamikpaket. Letzteres favorisiert vom Heckflügel über den Gurney an der eigenen Motorabdeckung und diversen Luftleitelementen ebenfalls Carbon. Unsere Granate hat dabei auch die optionalen aerodynamisch optimierten Abdeckplatten der Räder aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff – Zentralverschluss und hinten 21-Zöller mit 325ern – versteht sich. Übrigens: eine Veredelung von Manthey ist etwas anders zu sehen, als wenn da eine Drittfirma tuned. Porsche ist 2013 mit 51 Prozent bei Manthey eingestiegen – wenn also Manthey mit draufsteht, gibt Porsche volle Werksgarantie.
© Nick Lengfellner
Tritt ins Gaspedal versetzt Gefühle in Aufruhr
Der Lack und alle schwarzen, kontrastierenden Luftleitelemente ergeben ein Kunstwerk, das den Betrachter hypnotisch in seinen Bann zieht. Also zumindest diejenigen von uns, deren Gefühlswelt durch einen Tritt ins Gaspedal, durch hohe Fliehkräfte in Kurven oder radikal späte Bremspunkte in Aufruhr versetzt wird – oder alleine eben schon durch das optische Versprechen dies tun zu können. Zugegeben, ich bin wirklich kein Fan von Heckspoilern und verehre deshalb einen GT3 Touring, einen GTS, einen R8 oder einen 488 Ferrari umso mehr, soweit es die Landstraße oder gar die Stadt betrifft. Aber sei es drum, hier ist die Frittenbude geöffnet und auch ein Aperol kann auf den Pässen über dem Gardasee in der Pause auf der Theke gut abgestellt werden. Beim 992 thront da dann nochmal unanständig mehr, aber die Autos gehören eben auf die Rennstrecke und eigentlich nicht vor die Eisdiele.
Der Motor bleibt unangetastet. Startknopf gedrückt und die 4 Liter erwachen heiser, leicht erhöht drehend. Hier arbeitet ein ausgereiftes Triebwerk, befreit von Kinderkrankheiten, die den 991 noch geplagt haben. 470 NM Drehmoment (bei 6250 U/min) und maximal 520 PS. Ist er einmal warm gefahren, packt er die maximale Leistung bei 8250 U/min aus, begrenzt wird die Drehzahl bei 8800 U/min. Saugerfreuden.
© Nick Lengfellner
Abstieg
Wer in den Sitz will, muss gelenkig sein und sich hinunterwerfen. So ist das eben. Und dann sitzt man halt – und das nicht nur gefühlt – in einem Fahrzeug, das „ready to race“ ist. Von oben kommt eh nur störende Sonne, weshalb Manthey seinen Aufkleber quer auf die Scheibe klebt und schon kann nur noch der Horizont samt anderen Rennteilnehmern fokussiert werden. Dazu picken pappige Cup2 Reifen wirklich jeden Kiesel auf und werfen ihn in die nahezu ungedämmten Radhäuser. Klack klack klack, schon Ende Oktober liegender Rollsplit und üppige Bau stellen im Regensburger Raum: es trommelt. Gewohnt flüssig – und somit auch für Oma und Opa zum Spielen geeignet – arbeitet sich das Doppelkupplungsgetriebe sanft und unaufgeregt durch die Gänge. Weiche Schaltvorgänge soweit man brav mit dem Gas umgeht. Leise und unaufdringlich ist dabei auch der Sound, auch wenn die Klappe offen ist. Der GT3 RS bleibt völlig unauffällig, zumindest im unteren Drehzahlbereich. Ganz anders sieht es da schon mit dem Fahrwerk aus, auch im Normalmodus gibt es vor der kleinsten Unebenheit kein Entkommen, allenfalls fangen die hier verbauten Schalensitze mit ihrer etwas weicheren Einlage leichtere Schläge ab. Auch der Lift (Vorderachse) kommt bei uns bei Bodenschwellern zum Einsatz und verschafft der tiefen Frontlippe samt Schürze etwas mehr Lebenszeit. Ansonsten lässt die Ausstattung keine Fragen in puncto Alltagstauglichkeit zu – also die Reise zur Rennstrecke auf eigenem Pneu, Navi, elektrische Fensterheber, Bosesound und Eleganz im Design – fast schon zu viel, aber nur fast.
© Nick Lengfellner
Nicht für die Strecke gedacht
Dafür gibt es keine Rückbank und die Fototasche ist wirklich schwer durch den massiven Titankäfig zu fummeln: wirf mir ja nichts rein, außer Sprit. Warm fahren: auf die Autobahn und bald einfach pro forma mal Verbrauchsdaten ermitteln – bei 130 km/h genießt der Sauger 11.5 Liter auf 100 Kilometer. Das erscheint auf den ersten Blick viel, aber der GT3 ist eben nicht für Strecke gedacht und dreht im siebten Gang bei besagtem Speed eben schon hörbar mit 3300 U/min, während auf der Landstraße bei 100 km/h eben auch mit 2.000 U/min locker gecruist werden kann. Wer dann die Gänge runterschaltet und bei grob 6.000 Vollgas gibt, weiß wozu der GT3 RS gebaut wurde. Er dreht einfach schreiend unanständig hoch aus, peitscht in Bruchteilen einer Sekunde die Gänge rein und beschleunigt einfach nur unfassbar. 3,2 Sekunden auf 100 km/h, 312 km/h Spitze. Werte. Wertvollerer Wert: Leergewicht ohne Fleisch und Sprit um 1.300 Kilogramm (nach DIN damit 1400 Kilogramm).
© Nick Lengfellner
Unglaubliche Ingenieursleistung
Vorwärts kann ein 11er Turbo auch, und auch sonstige Boliden kommen geradeaus sicher mit, aber irgendwann kommt der Zeitpunkt die Masse runter zu bremsen und in die Kurve zu werfen. Und da ist der GT3 RS dann eben in seinem Element. Es wird einfach wie ein Brett nach links und rechts geschoben. Da gibt es kein Einfedern, Einnicken, Nachpendeln oder sonstige Bewegungen, die sich negativ auf die Fahrlinie auswirken oder Lenkkorrekturen verursachen. Es geht einfach straight um die Ecke bis zum Gripabriss. Unbedarfte lassen also die Fahrassistenzen dringend an. Der GT3 RS geht lieber in die Kurve wie geradeaus, er saugt sich hinein wie ein Streetbike. Unglaublich agil, mit perfektem Feedback sowohl über die Lenkung als auch über das Popometer. Kommt dann mal eine Querwelle, bekommt der Fahrer einen Eindruck, was ein Curb im Renntempo dem Chassis und Fahrwerk abverlangt und was Porsche für eine unglaubliche Ingenieursleistung erbringt, um die Fahrzeuge so haltbar zu konstruieren. Auch motorseitig will ein GT3/RS übrigens auch nur die normalen Serviceintervalle der Standard-11er, und die sind inzwischen da, wo Sie eben bei einem Golf auch sind.
Neupreis waren damals mit Weissachpaket und Veredelung durch Mathey um die 300.000 Euro. Heute mit 18.500 Kilometern sind wir bei obig besagten 299.000 Euro. Gut angelegt!
Motofilter | Nick Lengfellner | Mobil: S&L Pentling | RNRed