Und wie immer gilt es nicht nur, Neues oder ganz Altes vorzustellen, sondern auch besondere Modelle die aus der Masse ihrer eigenen Reihe hervortreten. Schon länger treibt uns dabei der 911 T um – und wir picken uns die erste (neue) Generation heraus!
2018 brachte Porsche im 991 (2. Generation) dieses Konzept auf den Markt. „T“ neu? Nein eigentlich nicht. Ich hatte mal einen 911 T Bj. 1969. Das T steht für Touring…damals gab es drei Motoren und der T war quasi eine günstigere Einstiegsversion mit einer schwächeren Maschine als im E oder S.
Süßer 11er Duft
Und auch heute ist der T irgendwie eine Dionaea muscipula, eine Venusfliegenfalle. Angelockt vom süßen 11er-Duft kommt der Träumer zu Porsche und bekommt ein Paket mit ganz eigenem Charme und enthaltenen Features, die ihn nie wieder loslassen werden – sprich er damit seinem nächsten Elfer gleich einiges an Power und Optionen hinzubuchen werden muss, um das und mehr wieder zu erlangen. Angefixt! Nur als Beispiel: im T ist u. a. das zwei Zentimeter tiefere Sportfahrwerk verbaut: Einmal gefahren wird man es garantiert nie wieder missen wollen und sich definitiv keinen Elfer ohne jenes mehr holen.
© Nick Lengfellner
Wo viel Licht ist, muss auch Schatten her, sonst werden die anderen Nicht-T-Käufer sauer. Es muss also etwas Makel ins Paket. Das klappt aber auch wiederum nur, wenn ein Fehlen von Komponenten nicht auch noch als Purismus ausgelegt werden kann! Denn gerade bei Sportlern ist weniger ist mehr. Es beginnt jedenfalls damit, dass wo Radio und Navi sind, prinzipiell einfach nichts war. Ein Loch. Nur Fahren! Ja! Leider hat in unserem gebrauchten der Besteller das Loch auffüllen lassen, wahrscheinlich in der Angst, dass die Puristen schon ausgestorben sind und das Auto später sonst unverkäuflich wird.
Eine echt Kampfmaschine
Wie man weiß, hat der 991 in der zweiten Generation prinzipiell einen Bi-Turbo bekommen und das absolute Ende der Sauger in den Standard-Elfern eingeleitet. Der Carrera und der T haben 370 PS, der S hatte 420 PS und der GTS sogar derer 450. Meistens wurde dabei das schneller als per Hand schaltende Doppelkupplungsgetriebe PDK bestellt. Vorwärts, vorwärts, vorwärts also. Von regionalen circa 30 verkauften GT3 wurde nur einer mit Handschaltung ausgeliefert. Verständlich: zu dieser Kampfmaschine passt es auch wirklich und wer auf der Rennstrecke unterwegs ist, kommt damit eben deutlich schneller um die Runden. Aber leider konnte man sich auch nicht erinnern, wann der letzte „normale“ Elfer mit Handschalter bestellt wurde. Unfassbar!
© Nick Lengfellner
Mir zum Beispiel kommt es nicht auf die paar Zehntel, an die das PDK beim Beschleunigen auf 100 km/h aus dem Stand herausholt, mir war nach wenigen Monaten selbst PDK „erfahren“ klar: ich will am Pass selbst runterschalten, die Kraft spüren, wenn ich die Kupplung kommen lasse, mein eigenes Unvermögen erkennen und verbessern. Ich will arbeiten, auch wenn zwei Hände am Steuer besser wären und dies beim Schalten eben nicht geht. Nur dann bindet mich die Interaktion an mein geliebtes Blechvehikel. Porsches Mutterkonzern VW stellt zum Beispiel dieses Jahr die Handschalter ganz ein. Prost! Auch beim aktuellen 911 (992) in der Basisausführung gibt es nur noch PDK, erst ab dem S kann man wählen! Der T wird in der Serienausstattung mit Handschaltung ausgeliefert. Sieben Gänge sollst Du reißen!
Nicht perfekt - einziger Makel
Und hier kommt es: Sowohl der Schalthebel und einhergehend der Schaltweg (gefühlt drei Zentimeter!) sind massiv verkürzt, als auch die Achsübersetzung selbst – und damit alle Gänge.
Und dies kompensiert – bevor wir mit den weiteren Features des T weitermachen – den eventuell einzigen Makel: Der T wird eben mit dem 370 PS Motor ausgeliefert, damit der S nominell darüber rangiert. Es ist exakt der gleiche Motor in allen inneren Komponenten, hat aber um zwei Millimeter kleinere Verdichterräder und 0,2 Bar weniger maximalen Ladedruck. Aber dank der kurzen Gänge kommt der T „offiziell“ in 0,2 Sekunden langsamer auf 100 km/h (4,5 Sekunden handgeschalten, 4,2 Sekunden PDK). Porsches Abzugspyramide eben, über Jahre gepflegt, alles hat seine Ordnung. V-Max liegt bei gerade noch ausreichenden 293 km/h. Für Landstraßenliebhaber: alles irrelevant. Kopfsache. Papiertiger.
Getriebe-Motorenkombination ist Zucker
Es sind auch nicht nur die kurzen Gänge – wie gesagt „weniger ist mehr“. Es geht auch um‘s Gewicht. Abspecken ist teuer und für weniger Kilos muss man bei allen Sportwagenherstellern extra drauflegen – auch wenn Teile mal nur weggelassen werden (was oft auch dann z. B. andere Teppiche ohne Sitzhalterausstanzungen nach sich zieht o. Ä.). Der T hat am Ende 20 Kilogramm gespart (locker, je nach Ausstattung des Vergleichsfahrzeugs auch deutlich mehr). So hat er hinten keine Sitze, reduzierte Türverkleidungen mit Zuglaschen, leichtere Schalensitze, dünnere Heck- und Fondscheiben, eine reduzierte Dämmung (YES!)... das würde dem großen Bruder GTS gut in der Basis stehen, der hat aber zunächst einfach nur mehr Power als der S.
Einsteigen und losfahren. Zunächst gemütlich, auf der Autobahn verbrauchen wir dabei bei 130 km/h 7,5 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Auf der Landstraße um die sechs Liter bei gemütlicher Fahrt. Dann ist Schluss mit Lustig und wir stellen mal die Dämpfer hart und auch das Motorsetup auf Sport plus. Gang runter und in diesem Modus gibt die Motorsteuerung automatisch Zwischengas auf genau die Drehzahl, die der nächste einzulegende Gang einnehmen wird. Schont die Kupplung und schafft ruckfreies Schalten. Wem der Eingriff zu viel ist, der bleibt einfach im Normalmodus und schaltet nur das Fahrwerk scharf – und nach Laune auch die Sportabgasanlage. So oder so: die Getriebe-Motorenkombination ist Zucker! Der Durchzug ist heftig, das Dröhnen martialisch, der Anzug sitzt. Ohne als Saugerfetischist dessen Fehlen schönreden zu müssen: nach wenigen Kilometern überragt die Freude am enorm breiten Drehmomentplateau und von hinten massiert das Tonorchester viel unverdünnter den Hinterkopf als im Standard-Elfer. Er dreht klangvoll bis 7200 U/min und randaliert ohne das geringste Turboloch im nächsten Gang weiter. Das Drehmoment ist konstant abrufbar und das ab 1700 U/min, da wo früher halt natürlich konzeptbedingt eher Kaugummikauen angesagt war. Einen wahren Unterschied gibt es nur zum GT3, wo der Hochdrehzahlsauger eine ganz andere Tonart anschlägt. Wo ist das altbekannte Turboloch – oder dessen über die Modelle kleiner gewordenen Nachfahren – eigentlich hin? Durch eine intelligente und dynamische Steuerung der Wastegate-Ventile und anderer Komponenten, bleibt aufgrund „künstlich“ erhöhten Luftdurchsatzes der Druck vor der Drosselklappe aufrechterhalten und steht somit bei erneutem Leistungsabruf sofort zur Verfügung – das System ist quasi vorgespannt. Klappt hervorragend!
© Nick Lengfellner
Dämpfer sind adaptiv
Auch die Sportabgasanlage tut ihr Bestes dazu. Es ist nicht der superheisere Hechelsound eines gerade hinausprustenden Saugmotors, diese absolute Klarheit hat er nicht, aber es ist durchaus trocken, bräsig und obenrum genauso wild. Der Punktabzug zum Sauger ist in dieser Konfiguration marginal und wenn, dann den sich immer weiter verschärfenden Lärmvorschriften geschuldet. Ein Wunder, dass man heute überhaupt noch etwas hört und es wird künftig noch weiter verschärft. Die Schuld liegt nicht am Sounddesign!
Zu der überraschend präsenten Dauerpower des T kommt dann eben noch das in seiner Basis schon enthaltene Sportfahrwerk: 20 Millimeter tiefer, sehr direkt und mit den zwei Modi der Dämpfer, die dann wiederum adaptiv um die Vorwahl agieren. Normal: absolut alltagstauglich. Hart: knackt.
Der Fahrer: ein Ei im Eierkarton
Er wird zum Brett, direkt, lässt die Fahrbahn bis zum Popometer und filtert die auch nicht über die Sitze aus. Bei uns waren optionale Vollkarbonschalen verbaut, vom feinsten, zumindest wenn man sich hineinsinken hat lassen – der Seitenhalt ist immens in der Kurve und auch wenn dann die Bremse brutal zupackt, ist man safe eingeschnürt. Ein Ei im Eierkarton.
© Nick Lengfellner
Innen gibt es rote Gurte, GT-Lenkrad, Race-Tex, Sport-Design-Außenspiegel in achatgraumetallic und andere kleine Nettigkeiten, die den T abheben. Auch hätte man noch das Dashboard beledern lassen können – das einzige Manko unseres Gebrauchten. Sonst ermangelt es ihm an nichts, auch nicht der optionalen Hinterachslenkung, welche die Agilität in engen Kehren und die Laufruhe bei Speed deutlich erhöht. Dieses Auto ist der andere 11er! Der Neupreis unseres Testers war damals rund 130.000 Euro..... heute nach fünf Jahren und 45.000 km liegt er immer noch bei gut 105.000 Euro. Viel Spaß bei der Suche! Es lebe der Purist.
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