2017 dachte der Allvater der Mobile: „In Deutschland soll wieder ein Götterbote in die Welt entsandt werden“ und gewährte den Ingenieuren von Porsche Erleuchtung – alsbald ward der GT2 RS vorgestellt. Und der Allvater der Mobile sah, dass er gut war.
Wir sahen das natürlich auch, und so ist es wahrlich ein großes Vergnügen, ein solches Rennsportgerät auf unseren Landstraßen zu treiben. Der würdigende Dank geht unverhohlen natürlich an S&L Automobile in Pentling, wo solche und ähnliche Pretiosen eben einen wichtigen Teil des Tagesgeschäftes und der Erfahrung ausmachen.
So ein Fahrzeug zu bewegen löst beim Enthusiasten einfach immer noch und immer wieder Euphorie in Reinform aus. In diesem Fall sogar vorwiegend Ehrfurcht. Über die Jahre waren immer wieder Spitzenmodelle bei uns, meist GT3-Modelle, und manche auch noch von Manthey mit dem Weissach-Paket veredelt - um teuer aus weniger noch weniger zu machen (gewichtsseitig) oder aus der perfekten Aerodynamik nochmal etwas mehr herauszuholen.
Das hier jedoch ist Porsches absolute Speerspitze in Sachen rennstreckenorientiertem Vorwärtsdrang, kombiniert mit abartig möglichen Querbeschleunigungen. Der GT2 RS mit dem Weissach-Paket. Der Nachfolger ist noch nicht auf dem Markt.
Wer hier die Fahrzeugvorstellung unbedacht nur quer liest und sich für die Dynamik von Autos eher nur am Rande interessiert, der raunt vielleicht: Spitzen-Stromer bringen schon mehr Power. Dem in aller Kürze entgegnet: ja, vielleicht. Aber dieses Gerät geht auch „um Ecke“, und zwar genauso, wie es aussieht. Der Stromer geht da eher geradeaus. Zumindest dann, wenn er seine Pneus bald überhitzt hat. Den Taycan, das gelungenste E-Sportgerät (da flach), durften wir schon auf der Rennstrecke knechten. Aber auch er kommt eben schneller an seine Grenzen, wenn es mit Dampf in die Kurve geht und sich sonst Volllast und Vollbremsung im schnellen Takt abwechseln.
Dann schmiert der Gummi von den Reifen ab und der Grip schwindet. Bei Non-Taycans reden wir bei solch krassen Anforderungen von Minuten. Warum? Jedes Kilo an Bord will trägheitsbedingt einfach gleichmütig geradeaus und das mit dem Speed, den es gerade hat. Für jedes Kilo dessen Richtung oder Geschwindigkeit geändert werden soll, benötigt man Energie und somit Grip, um es zu domestizieren. Die Masse ist der absolute Endgegner. Im Motofilter 2024 haben wir uns dem ausführlich gewidmet.
E-Autos wiegen zwischen zwei und drei Tonnen. Der GT2 RS Weissach spart sich diesbezüglich nahezu alle Diskussionen. Er wuppt mit seinen riesigen 325/265er Pneus 1.440 kg durch die Kurve und beschleunigt sie mit 700 PS im Maximum. Dabei liegt schon in den allertiefsten Drehzahlbereichen ein riesiges Drehmoment an, maximal 750 NM. Außerhalb der Rennstrecke wird dieses jedoch zum Witwenmacher, denn der GT2 ist mit seinem Heckantrieb bei nicht optimalen Reifen- und Streckentemperatur beim Gasantippen sofort im Spin – ohne Fahrhilfen für den Hobby-Dompteur ein No-Go!
In dieser Fahrzeugklasse ist er damit fast ein Leichtgewicht. Das merken wir natürlich in jeder Kehre und eben bei jedem Anbremsen: Er beißt sich in den Asphalt und hält trotz des absolut harten (und einstellbaren) Rennsportfahrwerks Kontakt zum Boden, auch wenn dieser uneben und fordernd wird – perfekte Dämpferre-gelung. Prügel für den Fahrer. Natürlich unterstützt hier auch massiv die Hinterachslenkung: Sie bringt Ruhe beim Spurwechsel auf der Geraden, wo sie die Räder parallel stellt, und schafft zusätzliche Agilität, wenn sie in Kurven die hinteren Pneus entgegengesetzt zu den vorderen stellt. In schnellen Kurven beginnt die Aero den RS dann auf die Straße zu pressen, wo andere den Grip langsam schon verlieren. Dem geschuldet thront hinten eben ein starrer Heckflügel, der den Druck nach unten deutlich anhebt. Klar wird der Fahrer dabei etwas mehr beansprucht – die Fliehkraft trifft ihn genauso. Die Vollschalensitze aus Carbon schaffen hierfür aber einen sehr guten Seitenhalt, arretieren den Fahrer samt seiner Position zum Steuer, verbinden ihn mit dem Chassis und ermöglichen damit ein perfektes Feedback in Sachen Fahrbahnhaftung. Sie sind aber trotz allem bequem und gut gepolstert – der GT2 RS ist absolut zivil nutzbar, vor allem wenn die Klappenanlage zu ist. Einerseits leitet dieses das Abgas durch einen Endschalldämpfer und andererseits häckselt der Turbo den Sound sowieso klein.
Auch wenn ich ein Schalt-Fetischist bin, in diesen radikalen Sportgeräten passt das Doppelkupplungsgetriebe mit seinen unfassbar schnellen Schaltvorgängen natürlich perfekt und ermöglicht dem Fahrer nahtlose Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung. Und so pressen wir – selbstverständlich immer die gesetzlich vorgegebene Geschwindigkeit einhaltend – auf kurvigen Landstraßen. Wo hier ein bürgerliches Fahrzeug mit 50 km/h in der Kehre Angstschweiß auf Familienhäupter treibt, zirkelt der GT2 RS eben mit 80 km/h hindurch – perfekt balanciert und scharf im Grenzbereich. Der Turbomotor ist in seiner Auslegung ein Gedicht – er schiebt linear von unten durch, wie ein Sauger, nur eben beliebig stärker und nicht ganz so weit ausdrehend. Slip-bedingte 2,8 Sekunden auf 100km/h, 8,3 Sekunden auf 200km/h, bei 340 km/h ist Schluss. Dazu das radikale Schürzenkleid, Heckspoiler, das steifere Chassis, die Weissach-Komponenten aus Carbon, Titan und Magnesium – mehr geht nicht. Auch die innen fehlenden Türgriffe die durch Zugschlaufen ersetzt sind, der Käfig im Rückraum, die 5-Punkt-Sportgurte, das allumfängliche Alcantara, Dach und Hauben Carbon … Dieses Auto ist eine Symphonie, ein Gedicht in Optik und Fahrleistungen, wie es wirklich nur wenige mit Straßenzulassung gibt. Beste – nein, allerbeste Ingenieurskunst!
Dies spiegelt sich auch im Preis für die selten gebauten Pretiose wider. Mit nun gut 900 km auf dem Tacho werden hier für unser 2018er Modell 459.000 Euro fällig. Lust for Life. Neidlos. Mit Ehrfurcht.
Auto: S & L Automobile Pentling
Pilot: Nick Lengfellner
Nick Lengfellner | filterVERLAG