Zu Beginn der Hauptreisezeit fehlt in vielen Regensburger Hotels und Wirtshäusern das nötige Personal. Viele haben in der Folge von Corona-Lockdown und Kurzarbeit die Branche verlassen. Warum der Personalmangel diese Branche besonders trifft und mit welchen Maßnahmen Personal zurückgewonnen werden kann.
Die Hotellerie in Regensburg ist am Limit. Rainer Reißfelder von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten betont: „Rezeptionistinnen, Köche, Barkeeper, Service- und Reinigungskräfte werden händeringend gesucht. Ohne sie kann die Branche in der wichtigsten Saison des Jahres nicht durchstarten.“
„Einfacher Gäste zu finden als Mitarbeiter“
Die NGG verweist auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach zählte das Beherbergungsgewerbe in Regensburg Ende Juni noch 60 offene Stellen. „Für viele Hoteliers ist es aktuell einfacher, Gäste zu finden als Mitarbeiter. Denn in der Folge von Lockdowns und Kurzarbeit haben etliche Beschäftigte ihre Branche verlassen. Es kommt jetzt darauf an, Fachleute mit guten Konditionen zu locken, um für die steigende Nachfrage nach Urlaubs- und Geschäftsreisen gewappnet zu sein“, so NGG-Geschäftsführer Reißfelder.
Einkommen steigen um bis zu 27 Prozent
Ein entscheidender Punkt sei die Bezahlung. Hier habe sich bereits einiges getan: Mit dem neuen Tarifvertrag, den die Gewerkschaft mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ausgehandelt hat, steigen die Einkommen in Bayern in diesem und nächstem Jahr um insgesamt bis zu 27 Prozent. Eine gelernte Köchin mit drei Jahren Berufserfahrung kommt aktuell auf einen Stundenlohn von 15,68 Euro. „Wichtig ist, dass sich die Unternehmen an den Tarifvertrag halten. Beschäftigte, die in einem tarifgebundenen Betrieb arbeiten, haben nicht nur beim Lohn die besseren Karten. Auch in puncto Arbeitsbedingungen sind sie im Vorteil“, betont Reißfelder.
Flexible Arbeitszeiten und Vereinbarkeit mit Familie
Gleichwohl sei hier „viel Luft nach oben“. Hotelangestellte arbeiteten oft dann, wenn andere frei haben – nachts, am Wochenende oder an Feiertagen. Das gehe zulasten von Familie und Freizeit. „Arbeitszeiten müssen im Sinne der Beschäftigten organisiert werden“, fordert Reißfelder. Flexibilität dürfe keine Einbahnstraße nur für die Firmen sein.
Der Gewerkschafter mahnt die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes an: „Auf die vorhandenen Kräfte kommt eine hohe Mehrbelastung zu. Aber die gesetzlichen Vorschriften, die die Mitarbeitenden schützen, dürfen nicht unterlaufen werden. Dabei lassen sie genügend Spielräume, um Auftragsspitzen abzufedern. Ein Herumexperimentieren am Arbeitszeitgesetz, wie es die FDP in den Berliner Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, ist nicht der richtige Weg.“ Darüber hinaus ermögliche der in Bayern geltende Manteltarifvertrag für das Gastgewerbe ein hohes Maß an Flexibilität.
Branche durch bessere Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver machen
Für die Beherbergungsbranche in Regensburg rechnet Reißfelder mit einer hohen Auslastung für die kommenden Monate: „Nach fast zweieinhalb Jahren Corona machen viele Menschen zum ersten Mal wieder richtig Urlaub. Der Tourismus im eigenen Land steht dabei hoch im Kurs – gerade in Bayern. Hinzu kommen die Geschäftsreisenden. Und auch manche verschobene Geburtstags- oder Hochzeitsfeier wird nachgeholt.“ Damit die Pläne der Gäste nicht an fehlendem Personal scheiterten, müsse die Branche für die Beschäftigten in der Hotelbranche als auch der Gastronomie attraktiver werden, ist Reißfelder überzeugt. Das gelinge nur, indem sich Löhne und Arbeitsbedingungen verbesserten.
„Ein Schnitzel für neun Euro ist heute nicht mehr machbar“
„Zwar ist klar, dass damit gerade für kleinere Betriebe die Personalkosten steigen“, räumt der Gewerkschafter ein. Aber anders seien keine Menschen mehr für den Job im Gastgewerbe zu gewinnen. Es komme darauf an, dass jetzt auch die Kunden Verständnis zeigten. „Für ein sauberes Hotelzimmer und einen guten Service sollte man bereit sein, etwas mehr auszugeben. Das gilt auch im Restaurant. Ein Schnitzel für neun Euro ist heute nicht mehr machbar“, so Reißfelder.
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) / RNRed