Als 2015 große Ströme von syrischen Geflüchteten nach Deutschland kamen, standen tausende Freiwillige an Bahnhöfen und Grenzübergängen bereit, um die Menschen willkommen zu heißen. In der Zwischenzeit hat sich das Blatt gewendet und die Toleranz der Bevölkerung sinkt zunehmend. Die neue Bundesregierung steht vor einer großen Herausforderung.
Kaum ein Monat vergeht ohne eine neue, tragische Meldung über einen gewaltsamen Angriff, der Menschenleben fordert. Mannheim, Solingen, Magdeburg und zuletzt Aschaffenburg. Kommunen sind überfordert, die große Anzahl an Neuankömmlingen unterzubringen und Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, bleiben unbemerkt weiter im Land. Die Anzahl an politisch motivierten Gewalttaten steigt und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Deutschland schwindet. Wasser auf den Mühlen der Rechtspopulisten und eine gefährliche Entwicklung, denn gleichzeitig haben tausende von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ihre Heimat gefunden. Sie wehren sich zurecht dagegen, mit Straftätern über einen Kamm geschert zu werden.
Das Attentat in Aschaffenburg, bei dem erstmals ein Kind getötet wurde, hat die Debatte über die derzeitige Migrationspolitik zum zentralen Wahlkampfthema gemacht. Die neue Bundesregierung braucht nun endlich ein wirksames Konzept, um Integration zu fördern und gleichzeitig weitere Straftaten zu verhindern. Wir haben CSU, SPD, Grüne und weitere Parteien nach ihren Strategien befragt.
Filter Redaktion:
Die derzeitige Migrationspolitik birgt viele Herausforderungen: Kontinuierlicher Grenzschutz überfordert die personellen Kapazitäten der Polizei, Gemeinden sind überlastet, Kriminalität und illegale Einwanderung steigen und das Verständnis der Bevölkerung schwindet. Welche Ziele haben Sie in der Migrationspolitik, um die Problematik zu entschärfen und gleichzeitig Integration zu fördern?
CSU, Peter Aumer:
Deutschlands Aufnahme- und Integrationskapazitäten sind erschöpft, die Landkreise und Kommunen sind mit der Betreuung der Asylsuchenden überlastet. Längst kommt es auch zu Problemen für die innere Sicherheit. Die CSU will die Kontrolle darüber, wer in unser Land kommt, wieder herstellen. Ein bedeutendes Mittel dazu sind Zurückweisungen an der deutschen EU-Binnengrenze, um die massenhafte illegale Einreise nach Deutschland zu unterbinden. Darüber hinaus wollen wir den Familiennachzug von subsidiär Schutzberechtigten aussetzen und das Asylrecht überarbeiten.
Abgelehnte Asylbewerber müssen schneller in ihr Heimatland zurückgeführt werden. Dazu braucht die Bundespolizei mehr Kompetenzen. Neben den Maßnahmen zur Begrenzung der Migration, bedarf es mehr Anstrengungen bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Sprachkurse und Jobeinstieg müssen besser koordiniert werden und zeitlich parallel laufen.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Die Kommunen müssen finanziell stärker unterstützt werden in der Unterbringung und Integration von Geflüchteten, denn Integrationsmaßnahmen sind Investitionen in die Zukunft. Wir brauchen Arbeitskräfte und müssen Geflüchtete deshalb rasch in Arbeit bringen. Asylverfahren müssen beschleunigt werden, damit die Betroffenen Klarheit haben, ob sie bleiben können oder nicht. Mir ist wichtig: Asyl bleibt ein Grundrecht.
Die Aufgaben in der Asylpolitik müssen in Europa gerechter verteilt werden, auch die Asylanträge müssen europäisch bearbeitet werden. Eine „Festung Europa“ brauchen wir aber nicht, stattdessen sind Fluchtursachen zu bekämpfen: Die Menschen brauchen Zukunftsperspektiven in ihren Heimatländern.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Ohne Migration, ohne Arbeitskräfte aus dem Ausland werden wir unseren Wohlstand nicht halten können. Ich stehe für eine Migrationspolitik, in der der einzelne Mensch zählt. Das Grundrecht auf Asyl werde ich stets verteidigen. Das A und O einer erfolgreichen Migrationspolitik ist Integration und Teilhabe. Die Kommunen müssen eine gute Infrastruktur bereithalten, z.B. Beratung, Sprach- und Integrationskurse anbieten. Das aber kostet viel Geld. Das müssen wir unseren Kommunen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig müssen wir die Arbeitsverbote für Asylbewerber/innen und geduldete Menschen endlich abbauen, damit auch sie sich besser integrieren können.
FDP, Ulrich Lechte:
Deutschland ist dringend auf Einwanderung angewiesen. Integration ist der Schlüssel dafür, dass Einwanderinnen und Einwanderer zu einem Teil unserer Gesellschaft werden und diese bereichern. Durch die Förderung von Angeboten zum Erlernen der deutschen Sprache und unserer Gesellschaftsordnung, Integrationspaten nach kanadischem Vorbild sowie gezielte Maßnahmen, die sich gezielt an Frauen, Kinder und Senioren, aber auch an besonders schutzbedürftige richten, schaffen wir das notwendige Fundament. Bürokratische Hürden bei der Arbeitsaufnahme (z.B. Vorrangprüfung) müssen abgebaut werden. Eine liberale Einwanderungspolitik setzt klare Grenzen und muss auf Regeln und funktionierendem Management basieren – nicht aber auf kultureller oder ethnischer Abschottung.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Zunächst brauchen wir wieder einen sachlichen Umgang mit dem Thema Migration, frei von Polarisierung und ideologischen Schaukämpfen. Die Bürger müssen merken, dass wir wirksam und schnell an der Umsetzung von Lösungen arbeiten. Ziel muss sein, die rechtsstaatliche Ordnung auf Basis bestehender Gesetze wiederherzustellen, falsche Migrationsanreize zu beseitigen, aber auch Menschen mit Bleibeperspektive schnellstmöglich in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu integrieren. Als Germanistin weiß ich, wie wichtig Sprache bei der Integration und kulturellem Verständnis ist. Deswegen sollte die sprachliche Bildung weiter gefördert, aber auch gefordert werden.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Umfassende Neugestaltung der Migrations- und Asylpolitik: Rückkehr zu rechtsstaatlichen Asylverfahren an den Außengrenzen und in Drittstaaten, um den Zugang zur EU nicht länger kriminellen Schleppernetzwerken zu überlassen. Die Integration ist in den letzten Jahren vernachlässigt worden, sie muss so stattfinden, dass die Menschen ihren Platz in der Gesellschaft finden. Dafür fordert das BSW etwa Deutschtests für Kinder ab drei Jahren. Ohne gute Sprachkenntnisse gibt es keine Integration. Für abgelehnte und ausreisepflichtige Asylbewerber sollte es statt Geld nur noch Sachleistungen geben. Die gekürzten Bundesmittel für Integration für 2025 müssen wieder aufgestockt werden.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Die Überlastung der Gemeinden ist nicht die Schuld der Menschen, die aus Not, vor Krieg und vor Hunger fliehen. Kriminalität ist keine Frage der Herkunft oder des Aufenthaltsstatus, Armut und Perspektivlosigkeit nähren Kriminalität. Populistische Hetze im politischen Diskurs und Ausgrenzung im Alltag gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte bieten keine Lösungen, viel mehr schüren sie Ängste und säen Hass.
In der Migrationspolitik braucht es einen Wandel. Statt Abschottung und Abschiebefantasien braucht es Bleibeperspektiven und eine Politik, die Integration ermöglicht und nicht erschwert.
AfD, Carina Schießl:
Unsere Polizei ist an der Grenze des Machbaren, und das darf nicht so bleiben! Wir müssen die Sicherheitskräfte endlich stärken, damit sie ihre Arbeit wieder mit voller Kraft tun können. Nur so können wir Kriminalität und illegale Einwanderung wirksam bekämpfen. Unsere Polizistinnen und Polizisten brauchen mehr Ressourcen, bessere Ausrüstung und vor allem die Unterstützung der Politik. Es ist an der Zeit, die Ordnung in unserem Land wiederherzustellen – für die Sicherheit der Bürger und den Schutz unserer Werte!
Die Herausforderung ist gewaltig. Hinsichtlich des eklatanten Fachkräftemangels braucht Deutschland Arbeitskräfte aus dem Ausland. Gleichzeitig ist die Regierung jedoch verpflichtet, die Bevölkerung vor Straftätern zu schützen. Welche Partei hat Ihrer Meinung nach das beste Konzept?
Bleiben Sie dran, um sich über weitere wichtige Themen und Parteikonzepte vor der Bundestagswahl 2025 zu informieren.
In unserem Bundestagswahl-Special finden Sie weitere Antworten der Regensburger Kandidaten auf drängende Fragen: Bundestagswahl 2025: Regensburgs Kandidaten und ihre Antworten auf drängende Fragen
Kathrin Gnilka | filterRedaktion